USA

Bio-Pharming: Sojaernte vernichtet

In den USA haben Regierungsbehörden angeordnet, rund 13.500 t Sojabohnen zu vernichten. In ihnen wurden Reste von gentechnisch veränderten Maispflanzen gefunden, die zuvor auf dem gleichen Feld zu Testzwecken angebaut worden waren. Die Maispflanzen sollen einen pharmazeutischen Wirkstoff produzieren. Es ist der erste öffentliche Konflikt um Bio-Pharming.

Bio-Pharming. Gentechnisch veränderte Pflanzen werden zur Produktion von hochwertigen Wirkstoffen genutzt. Ein neues, zukunftsträchtiges Anwendungsfeld für die Gentechnik, aber auch eine Herausforderung für die Biologische Sicherheit.
(Foto: Prodigene)

Mitte Oktober 2002 entdeckte ein Inspektor der US-amerikanischen Landwirtschaftsbehörde USDA/APHIS (U.S. Department of Agriculture’s Animal and Plant Health Inspection Service) bei einer Routine-Begehung auf einem Sojafeld in Nebraska einzelne Maispflanzen. Sie stammten aus dem Vorjahr und hatten auf dem Feld überwintert. Eigentlich nicht Ungewöhnliches - doch in diesem Fall hatten die Behörden angeordnet, alle nachwachsenden Maispflanzen zu vernichten.

Trypsin-Mais auf einem Sojafeld

Diese waren von einem genehmigten Anbauversuch aus dem Vorjahr übrig geblieben, den die Biotechnologiefirma ProdiGene, aus College Station, Texas dort durchgeführt hatte.

Angebaut wurden Maispflanzen, die aufgrund einer gentechnischen Veränderung zusätzlich Trypsin, ein Protein der Bauchspeicheldrüse, herstellen können. Trypsin wird in der Pharmaindustrie u.a. zur Herstellung von Insulin verwendet. Prodigene ist dabei, eine kommerzielle Trypsin-Produktion in transgenem Mais aufzubauen.

Nach Abschluss des Versuchs wurde auf dem Feld konventionelles Soja für den menschlichen Verzehr gepflanzt. Zwar wiesen die APHIS-Inspekteure ProdiGene an, die Maispflanzen zu vernichten, auch wenn sich keine Körner gebildet hatten. Dies geschah jedoch nicht. Die Sojabohnen wurden geerntet und in einem Silo im US-Bundesstaat Nebraska eingelagert. Bei einer Überprüfung fand man in den etwa 13500 t Sojabohnen 65 g Maisstängel.

Zwar sind bei diesen geringen Mengen gesundheitliche Risiken nicht zu erwarten. Dennoch stellte die Lebensmittelbehörde FDA am 11. November den Silo unter Quarantäne. Später wurde die Vernichtung angeordnet.

ProdiGene übernimmt die Kosten von etwa 2 Mio. US-$ für Ankauf und Vernichtung der kontaminierten Sojabohnen. Zudem akzeptiert das Unternehmen eine Strafe von 250.000 $.

Bei künftigen Freilandversuche von ProdiGene sollen strengere Sicherheitsauflagen eingehalten werden. Dazu arbeiten das Unternehmen und die US-Landwirtschaftsbehörde USDA gemeinsam ein entsprechendes Programm aus. Dieses soll auch den beteiligten Farmern bekannt gemacht werden. Zusätzlich wird Prodigene eine „Kaution“ von 1 Mio. $ hinterlegen.

Bereits im September 2002 war das Unternehmen den Behörden aufgefallen. Auf einem Versuchsfeld in Iowa war es 2001 wahrscheinlich zu Auskreuzungen in benachbarte Felder gekommen. Auf Anordnung von APHIS musste ProdiGene 63 Hektar Mais rund um dieses Feld ernten und verbrennen.

Bio-Pharming: Wirkstoffe in Pflanzen

Die texanische Biotechnologiefirma ProdiGene ist eines der führenden Unternehmen auf dem zukunftsträchtigen Gebiet des Bio- oder Molecular Pharming. Durch geeignete gentechnische Modifikationen sollen Nutzpflanzen als „Synthese-Reaktoren“ für hochwertige Proteine dienen, etwa Arzneimittel, Impfstoffe, monoklonale Antikörper für die medizinische Diagnostik oder technische Enzyme. Die ersten dieser in transgenen Pflanzen produzierten pharmazeutischen Proteine befinden sich bereits in der klinischen Prüfung.

ProdiGene plant die Herstellung von Hepatitis B- und anderen Impfstoffen, Pharmawirkstoffen und Enzymen in transgenem Mais. Seit 1997 wurden 93 Freilandversuche des Unternehmen genehmigt.

Strikte Trennung. Streit mit der Lebensmittelindustrie

Der Konflikt um den Trypsin-Mais und die nachfolgende Sojaernte in Nebraska hat deutlich gemacht, dass Biopharming besondere Sicherheitsmaßnahmen erfordert. Transgene Pflanzen, die therapeutisch wirksame Substanzen produzieren, müssen strikt von Lebens- und Futtermittelpflanzen getrennt werden. Um Auskreuzungen und Vermischungen zu unterbinden, verlangt die US-Landwirtschaftbehörde besondere Sicherheitsauflagen bei Freilandversuchen mit Biopharming-Pflanzen.

Der US-amerikanischen Lebensmittelwirtschaft reichen diese jedoch nicht aus. „Versuche mit diesen Pflanzen sollten unterbleiben, bis wir Systeme haben, die Verunreinigungen zu 100% verhindern,“ sagt ein Vertreter gegenüber der Agentur Nachrichtenagentur Reuters. Aus Sicht der Lebensmittelindustrie sollten ausschließlich Non-Food-Pflanzen wie Tabak verwendet werden. Allerdings sind für viele Biopharming-Projekte Mais, Raps, Tomaten und Kartoffeln die Pflanzen der Wahl. Inzwischen hat die Biotechnologie-Industrie angeboten, Biopharming-Mais nur noch in bestimmten Bundesstaaten anzupflanzen, wo der Mais in der Landwirtschaft keine große Rolle spielt.