Fragen an afrikanische Experten

„Es wird an gentechnisch veränderten Nutzpflanzen gearbeitet, die vor Ort wichtig sind.“

Die aktuelle und zukünftige Bedeutung gentechnisch veränderter Pflanzen in Afrika - bioSicherheit sprach darüber mit Diran Makinde vom African Biosafety Network of Expertise in Burkina Faso und mit Arthur Makara von der Science Foundation for Livelihoods and Development in Uganda.

Diran Makinde

Prof. Diran Makinde ist Direktor des African Biosafety Network of Expertise (ABNE) in Ouagadougou, Burkina Faso. ABNE ist eine Initiative des Büros für Wissenschaft und Technologie des Entwicklungsprogramms der Afrikanischen Union. ABNE hat die Unterstützung des Afrikanischen Ministerrats für Wissenschaft und Technik (AMCOST,) um den Einsatz von Wissenschaft und Technik für die landwirtschaftliche Entwicklung in Afrika zu fördern. Das übergeordnete Ziel des ABNE ist es, in Afrika funktionierende Biosicherheitssysteme zu erschaffen. Seit 1999 ist Prof. Makinde außerdem ein Mitglied von AfricaBio, einer gemeinnützigen Vereinigung von Akteuren im Bereich der Grünen Gentechnik.

Arthur M. Markara

Arthur M. Makara ist Direktor der Science Foundation for Livelihoods and Development (Scifode) in Kampala, Uganda. Zuvor war er beim Nationalrat für Wissenschaft und Technik, einer ugandischen Behörde, für Biosicherheit und Biotechnologie verantwortlich. In dieser Zeit war er auch Geschäftsführer des Nationalen Komitees für Biosicherheit. Arthur Makara lehrt Pflanzenbiotechnologie und Biosicherheit am Lehrstuhl für Botanik der Makerere Universität und ist stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgruppe für Regulierungsfragen des Projekts für Water Efficient Maize for Africa (WEMA) in Uganda.

bioSicherheit: Warum wurden gentechnisch veränderte Pflanzen bisher erst in so wenigen afrikanischen Ländern eingeführt?

Makinde: Afrika hinkt bei der Einführung von gv-Pflanzen hinterher weil es keine behördliche Aufsicht der Technik gibt. Biosicherheitsgesetze fehlen und die Regierungen sind nicht fähig oder nicht willens voranzuschreiten. Darüberhinaus mangelt es an zuverlässigen Informationen und an Fachwissen in Bezug auf die Technologie. Halbwahrheiten und Falschinformationen, die von Aktivisten gestreut werden spielen auch eine negative Rolle.

Makara: Der Hauptgrund für die langsame Annahme von gv-Pflanzen in Afrika ist deren strenge Regulierung in Europa da viele afrikanische Länder enge Beziehungen mit Europa haben, insbesondere mit Großbritannien. Es existieren auch Handelsbeziehungen. Die Ansichten in Europa beeinflussen daher maßgeblich das Geschehen in diesem Teil der Welt; afrikanische Regierungen und die Öffentlichkeit folgen den Meinungen in Europa.

bioSicherheit: Ist dieser bisher langsame Prozess letztlich Folge gesellschaftlicher Vorbehalte oder ein Zulassungsproblem?

Makinde: Das Problem besteht in einer Kombination aus beidem, aber zu einem größeren Maße in der Regulierung. Die Öffentlichkeit bleiben die Anstrengungen verborgen, die unternommen werden, um die Produkte zu regulieren. Andernfalls würde die Technologie eine bessere Aufnahme erleben. Andererseits dauert es lange um die Rahmenbedingungen für die Zulassung zu schaffen, da diese von den Experten mehrerer Behörden überprüft werden müssen. Solange die nationalen Zulassungsverfahren nicht funktionieren, werden die Länder mit „feindlichen“ Bedingungen von privaten Firmen gemieden. Doch auch mangelnde Kompetenz, Zulassungsanträge zu bewerten ist ein Problem. Für ungeübte Bearbeiter sind die Akten zu technisch und umfangreich; darüber hinaus ist es schwierig, Detailfragen Entscheidungsträgern zu erklären.

Makara: In einigen Ländern gibt es schon funktionierende Zulassungsverfahren für gv-Pflanzen, andere operieren unter vorläufigen Zulassungssystemen. Uganda folgt z.B. einer Grundsatzentscheidung zur Gentechnik, die es dem Land erlaubt mit der Forschung und Entwicklung von gv-Pflanzen voranzuschreiten, obwohl das endgültige Gesetz noch nicht bestätigt ist. Uganda verfügt wie auch einige andere Länder über die Strukturen und die Kompetenz, um Forschung zu gv-Pflanzen durchzuführen und die Pflanzen zu regulieren. Andere haben hingegen weder die notwendige Kompetenz, noch Regeln für die Risikobewertung solcher Pflanzen. Die Länder befinden sich auf unterschiedlichen Niveaus. Daher ist die regionale Zusammenarbeit im Bereich der Biosicherheit wie im Gemeinsamen Markt für das Östliche und Südliche Afrika (COMESA) ein großer Schritt.

bioSicherheit: Was sind die Vorteile einer solchen Zusammenarbeit?

Makara: Sobald die Kommerzialisierung gentechnisch veränderter Kulturpflanzen beginnt hilft eine gemeinsame Sicherheitsbewertung dabei, Störungen des grenzüberschreitenden Handels mit den Feldfrüchten zu vermeiden. In diesem Fall ist es wichtig, dass Schwächen im Zulassungsverfahren einzelner Länder keine Hindernisse aufwerfen, sondern dass die COMESA dabei helfen kann, dass alle Länder miteinander voranschreiten. In jedem Fall verbleibt die endgültige Entscheidung über die Vermarktung bei den einzelnen Ländern.

Makinde: Die Harmonisierung in Bezug auf Biosicherheit wird derzeit nicht nur im COMESA betrieben, sondern auch in der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS), bzw. der Harmonisierungstrend wurde von der Westafrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion (UEMOA) begonnen. Harmonisierung ist sinnvoll, sie ist aber nur möglich wenn alle Beteiligten die Kernpunkte verstehen und Gesetze zur Regelung der Biosicherheit haben.

bioSicherheit: Würden Nutzpflanzen, die im Handel nach Übersee keine Rolle spielen, eher akzeptiert?

Makara: Natürlich gibt es eine Reihe von Feldfrüchten die nicht nach Europa exportiert werden, doch die Pflanzen die mit der Popularisierung der Gentechnik in Verbindung gebracht werden – wichtige Nutzpflanzen wie Baumwolle oder Mais – sind eng mit Europa verknüpft. Andererseits wurde in der Vergangenheit nicht viel im Bereich der traditionellen Kulturpflanzen wie Bananen oder Maniok getan. Inzwischen wird jedoch zu den Nutzpflanzen, die vor Ort wichtig sind, mehr geforscht. Sobald die Menschen erkennen, dass diese Pflanzen ihnen helfen, konkrete Probleme zu bewältigen, haben die Pflanzen auf dem Markt eine Chance.

bioSicherheit: Weshalb dauerte es so lange, bis diese Nutzpflanzen entwickelt wurden?

Makara: Wenn man sich die Technik ansieht und den Zeitraum in dem die ersten gv-Pflanzen 1996 auf den Markt kamen, dann erkennt man, dass es eine lange Zeit dauerte um diese Sorten bei Baumwolle und Mais zu entwickeln. Eine neue Sorte zu entwickeln dauert nicht ein oder zwei Jahre. Ob die Entwicklung mit Hilfe der Gentechnik erfolgt oder durch herkömmliche Techniken, sie dauert immer lange Zeit. Daher würde ich nicht sagen, dass die Entwicklung neuer, örtlicher gv-Pflanzen besonders langsam ist. Im Gegenteil, einige dieser Nutzpflanzen werden schon versuchsweise angebaut und wir hoffen, dass in den kommenden Jahren – in fünf, sieben Jahren – einige Sorten auf den Markt gebracht werden können.

Makinde: Viele Landwirte warten bereits begierig darauf, dass ihre Regierungen das Nötige tun, um die Einführung von gv-Pflanzen zu ermöglichen, da sie – dem Konzept „sehen ist glauben“ folgend – Studienreisen in Länder unternommen haben, wo diese Technik bereits zum Einsatz kommt. Sie möchten die Technik nun selber bei ihren Erzeugnissen ausprobieren. In vielen afrikanischen Ländern ist der private Sektor bereits dabei, Mechanismen zu schaffen, die das Saatgut für die Landwirte finanziell tragbar macht. Aber die Infrastruktur in Afrika stellt noch immer einen Engpass dar, Gentechnik hin oder her.

bioSicherheit: Bei diesen Engpässen und Hindernissen, die ihrer Einführung im Wege stehen - wieso dieser Fokus auf Gentechnik?

Makara: Forschung in Afrika findet nicht nur zu gv-Pflanzen statt. Die Wissenschaft befasst sich auch mit anderen Problemen und Beschränkungen in der Landwirtschaft. Gentechnische Verfahren werden nur eingesetzt, wenn Erfolge durch konventionelle Züchtung nur eingeschränkt möglich sind. Ihnen ist vielleicht das länderübergreifende Projekt „Wasser sparender Mais für Afrika“ bekannt. Da Dürre heutzutage ein großes Problem darstellt, insbesondere mit dem Klimawandel, führen wir konventionelle Forschung und Züchtung durch, aber die Chancen mittels Gentechnik dürreresistente Sorten zu entwickeln, stehen besser. Geldgeber unterstützen jedoch auch Forschung auf anderen Gebieten, wie z.B. der Bodenbewirtschaftung.

bioSicherheit: In der Diskussion in Europa wird oft behauptet die Patentierung sei bei gv-Pflanzen ein Problem. Wie ist das gelöst?

Makinde: Die neuen gv-Pflanzen werden in Partnerschaft zwischen Forschern aus dem öffentlichen Dienst und dem privaten Sektor entwickelt. Die Frage der geistigen Eigentumsrechte wird von einer Stiftung abgewickelt die zu diesem Zweck eingerichtet wurde, die Afrikanische Stiftung für Agrartechnik (AAFT) in Nairobi, Kenia.

Makara: Die Technik, die für diese Pflanzen genutzt wurde, ist von Lizenzgebühren befreit. Wenn die Pflanzen auf den Markt kommen, können sie ohne Zusatzkosten von Kleinbauern genutzt werden. Die Entwicklung neuer gv-Pflanzen wird zudem auf nationaler Ebene beaufsichtigt. In Uganda muss Arbeit an gv-Pflanzen durch das nationale Komitee für Biosicherheit genehmigt werden. Geber und Wissenschaftler müssen ihre Interessen offenlegen und ihr Projekt rechtfertigen.

bioSicherheit: Wie wird die Entwicklung solcher Nutzpflanzen gerechtfertigt?

Makinde: Diese neuen gv-Pflanzen sind Grundnahrungspflanzen, die Afrikaner lieben und mehrmals am Tag essen. Sie zielen sowohl auf Kleinbauern als auch auf Großlandwirte ab. Diese neuen Pflanzen sind entweder angereichert, um ihren Nährwert zu erhöhen oder sie sind vor den vorherrschenden Schädlingen und Krankheiten geschützt.

bioSicherheit: Sind diese neue gv-Pflanzen in Afrika heimische Pflanzenarten? Würden sie an ihrem Ursprungszentrum angebaut?

Makara: Die Kulturpflanzen die gegenwärtig entwickelt werden, sind wichtig für Afrika, aber die meisten kommen nicht aus Afrika. Mais, Maniok und Süßkartoffeln sind nicht aus Afrika. Sogar die Banane kommt nicht aus Afrika, sie kommt aus Südostasien. Zu diesen Pflanzen gibt es keine wildwachsenden Verwandten.

Makinde: Die Biosicherheit der neu entwickelten Pflanzen wird in begrenzten Feldversuchen überprüft.

bioSicherheit: Jetzt haben wir soviel über Afrika gesprochen, haben Sie etwas zu Europa zu sagen?

Makara: Europa sollte seinen Frieden mit der Grünen Gentechnik machen und auf seine Wissenschaftler hören. Schließlich akzeptieren Europäer den Einsatz der Gentechnik bei Medikamenten, und wenn sie die USA oder Südafrika besuchen, essen sie das dortige Essen ohne zu fragen ob es gentechnisch verändert ist oder nicht. Europa muss verstehen, dass Afrika gv-Pflanzen am nötigsten hat.