Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen: Einfluss auf Biodiversität?

Artenvielfalt auf dem Acker

Ob der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen die Biodiversität beeinflusst, wird seit längerem immer wieder diskutiert. Tatsache ist, dass die Biodiversität weltweit abnimmt und die Landwirtschaft zu den Hauptverursachern zählt. So werden durch die Anlage von Monokulturen und den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln vielfach natürliche Lebensräume zerstört und dadurch die Artenvielfalt auf Agrarflächen verringert. Kritiker der Grünen Gentechnik befürchten, dass diese Entwicklung durch den Anbau gentechnisch veränderter Kulturpflanzen weiter verschärft wird. In zahlreichen wissenschaftlichen Studien ist untersucht worden, wie sich der Anbau von gv-Pflanzen tatsächlich auf die Artenvielfalt auf dem Feld auswirkt.

Im Verlauf der Vegetationsperiode fressen sich die Maiszünslerlarven durch den Stängel der Maispflanze.

Einer der Schädlinge, die mit gentechnisch verändertem Bt-Mais bekämpft werden, ist der Maiszünsler. Seine Larven fressen sich durch die Maisstängel.

Marienkäfer

Marienkäfer sind auch auf Maisfeldern zu finden. Sie ernähren sich vor allem von Blatt- und Schildläusen und gelten deshalb als Nützlinge. Sie und andere so genannte Nicht-Zielorganismen sollen durch Bt-Mais nicht geschädigt werden.

Mais ohne Unkrautkontrolle, Schaugarten Üplingen

Mais ohne Unkrautkontrolle im Schaugarten Üplingen: Für die Biodiversität auf dem Acker sicher von Vorteil, für das Wachstum der Kulturpflanze und die Bewirtschaftung des Feldes durch den Landwirt von Nachteil.

Als Biodiversität oder biologische Vielfalt bezeichnet man die Variabilität aller lebenden Organismen. Die Biodiversität umfasst

  • die Artenvielfalt
  • die Vielfalt innerhalt der Arten
  • die genetische Vielfalt
  • die Vielfalt von Ökosystemen.

Das Übereinkommen über die biologische Vielfalt von 1992 hat sich den Schutz der Biodiversität sowie die nachhaltige Nutzung ihrer Bestandteile zum Ziel gesetzt. Als Folgeabkommen trat 2003 das Cartagena-Protokoll in Kraft, das den Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen regelt und Maßnahmen zum Schutz von genetischen Ressourcen und der biologischen Vielfalt vor möglichen Gefahren, die mit der Freisetzung von GVO verbunden sein können, beinhaltet.

Schädlingsbekämpfung mit Bt-Pflanzen: Keine Gefahr für Insekten und Bodenbewohner

Seit mit dem Anbau von gentechnisch veränderten (gv-)Pflanzen begonnen wurde, die gegen bestimmte Schädlinge gerichtete Bt-Proteine produzieren, gab es Befürchtungen, dass diese Proteine auch auf andere Insekten und Bodenbewohner wirken könnten. All jene Arten, die auf den Feldern oder im Boden leben und nicht als Schädlinge gelten, werden als Nicht-Zielorganismen bezeichnet.

In einer Fülle von Einzelstudien wurde der Einfluss von Bt-Pflanzen auf verschiedene Arten und Gruppen von Nicht-Zielorganismen untersucht, immer im Vergleich zum Anbau konventioneller Sorten mit und ohne Anwendung von Insektiziden.

Grundsätzlich konnte nachgewiesen werden, dass der Anbau von Bt-Pflanzen keine negativen Folgen für Nicht-Zielorganismen hat. Der Gebrauch von Insektiziden hatte einen weitaus größeren Einfluss auf die Artenzusammensetzung und -dichte. Außerdem zeigten Feldversuche, dass Dichte und Aktivität von natürlichen Feinden der Schädlinge in Feldern mit Bt-Pflanzen ähnlich hoch waren wie in Feldern mit konventionellen Pflanzen. Eine Meta-Analyse von 2007 mit 42 Feldstudien ergab, dass Insekten und Spinnen in Feldern mit Bt-Pflanzen im Allgemeinen in höheren Dichten gefunden wurden als in Feldern mit konventionellen Pflanzen, die mit Insektiziden behandelt worden waren.

Von höheren Dichten können andere Arten profitieren, die sich von den im Feld lebenden Arten ernähren, wie beispielsweise räuberische Insekten oder insektenfressende Vögel. Ein größeres Nahrungsangebot kann die Biodiversität fördern, da vielen Arten Nahrung zur Verfügung steht. So zeigte eine Meta-Studie von 2008, dass auf Feldern mit Bt-Pflanzen räuberische Arten in höheren Dichten vorkamen als auf Feldern mit konventionellen Pflanzen, die mit Insektiziden gespritzt worden waren.

Eine andere Studie von 2008, die die Ergebnisse aus 70 wissenschaftlichen Artikeln im Hinblick auf Bodenorganismen zusammenfasst, zeigte, dass durch den Anbau von insektenresistenten Bt-Pflanzen wenige oder keine Effekte auf Organismen im Boden wie z.B. Regenwürmer, Nematoden und Milben hervorgerufen wurden.

Unkrautbekämpfung: Geringere Artenvielfalt unvermeidlich

Die Bekämpfung von Unkräutern ist für den Landwirt eine notwendige Maßnahme, die im unvermeidbaren Widerspruch zu der Förderung der Artenvielfalt steht. Eine hohe Diversität von Unkräutern auf dem Feld bedeutet Konkurrenz für die Nutzpflanze und mögliche Ertragsausfälle.

Die Verwendung herbizidresistenter gv-Nutzpflanzen ist ein relativ junges Konzept zur Unkrautbekämpfung. Das so genannte Komplementärherbizid, gegen das die Nutzpflanze resistent ist, kann jederzeit während der Wachstumsphase ausgebracht werden, ohne dass die Nutzpflanze geschädigt wird.

Von 2000 bis 2003 liefen in Großbritannien die Farm Scale Evaluations – Anbauversuche, die sich mit den Einflüssen des Anbaus herbizidtoleranter gv-Sorten auf die Biodiversität befassten und die auf 60 Feldern mit Zuckerrüben, Mais und Raps durchgeführt wurden. Sie kamen je nach Kulturpflanze zu unterschiedlichen Ergebnissen. So wiesen Felder mit gv-Zuckerrüben oder gv-Raps weniger Unkräuter und Unkrautsamen auf als Felder mit konventionellen Zuckerrüben- und Raps-Sorten. Das führt zu einem geringeren Nahrungsvorkommen für Insekten, die von diesen Pflanzen fressen. Dieses wirkte sich wiederum auf die in der Nahrungskette folgenden Räuber aus: Es wurden weniger Schmetterlinge und Bienen beobachtet als in konventionellen Vergleichsfeldern. Bei Mais dagegen war die konventionelle Unkrautbekämpfung effizienter: In Feldern mit gv-Mais wurden mehr Unkräuter und auch mehr Insekten gefunden als auf den konventionellen Maisfeldern.

Eine breit angelegte Untersuchung mit herbizidresistenten Zuckerrüben in Dänemark zeigte, dass die Artenvielfalt auf den Feldern erheblich größer ist, wenn die Herbizide so dosiert werden, dass nicht alle Unkräuter verschwinden. Entscheidend ist auch der Zeitpunkt, wann die Herbizide ausgebracht werden. In dieser Studie gelang es, die Dosis des Herbizids und den Zeitpunkt des Ausbringens so zu wählen, dass ein positiver Einfluss auf die Biodiversität der Agrarökosysteme festgestellt werden konnte.

Ein positiver Effekt des Anbaus herbizidtoleranter gv-Pflanzen auf die Biodiversität ist eine verringerte Bodenbearbeitung. Wenn man Unkräuter konventionell durch Pflügen bekämpft, bringt dies die Gefahr der Bodenerosion, eine Abnahme der Bodenqualität und die Gefährdung der Biodiversität mit sich. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass mit dem Anbau von herbizidtoleranten gv-Pflanzen eine deutliche Abnahme von Bodenbearbeitungsmaßnahmen bis hin zum völligen Verzicht einher ging. Das führte zu einer Verbesserung der Bodenqualität und zum Schutz der Biodiversität im und auf dem Boden.

Anbau von Hochleistungssorten kann Ökosysteme schützen

Der größte negative Effekt der Landwirtschaft auf die Biodiversität wird durch den Verlust natürlicher Habitate hervorgerufen, wenn natürliche Ökosysteme in landwirtschaftliche Nutzflächen umgewandelt werden. Der Anbau neuer, hochertragreicher Sorten könnte den Druck zur Gewinnung neuer Flächen für die landwirtschaftliche Nutzung mildern, da auf den vorhandenen Flächen höhere Erträge zur Sicherung des zunehmenden Bedarfs erzielt werden könnten. Vor allem aber werden durch gv-Pflanzen Ertragsverluste durch Schädlinge, Krankheiten und Unkrautdruck reduziert, wie eine Metastudie von 2011 belegt. Eine andere Studie von 2010 schätzte, dass weltweit 2,64 Mio. Hektar Land für den Getreide- und Rapsanbau hinzugewonnen werden müssten, wenn gv-Pflanzen nicht länger genutzt würden. Demnach würde der Anbau von gv-Pflanzen dazu beitragen, dass weniger natürliche Habitate verloren gehen und natürliche Ökosysteme erhalten bleiben.