Anbaubegleitendes Monitoring III: Entwicklung eines statistischen Instrumentariums zur Datenauswertung

(2005 – 2008) BioMath - Gesellschaft für Angewandte Mathematische Statistik in Biologie und Medizin, Rostock

Thema

Ziel des Projektverbundes war es, ein praxistaugliches Konzept für das anbaubegleitende Monitoring gentechnisch veränderter Pflanzen (GVP) zu entwickeln und zu erproben. Um ein umfassendes Monitoring zu ermöglichen, sollten Daten unterschiedlicher Quellen so effektiv wie möglich zusammengeführt werden.

Im Teilprojekt III wurden hierfür die statistischen und informationstechnischen Werkzeuge bereitgestellt. Dazu gehören unterschiedliche Komponenten, von der statistischen Planung über das Management von Daten aus unterschiedlichen Quellen bis zur statistischen Bewertung von Daten. Das gesamte Instrumentarium dient dazu, statistisch abgesicherte Aussagen über mögliche Effekte von GVP im Vergleich zum Anbau konventioneller Sorten zu erhalten.

Zusammenfassung

Für das Monitoring-Konzept wurden verschiedene Komponenten bereitgestellt:

  • Methoden zur Planung von Datenerhebungen (Anzahl und Auswahl von Monitoring-Flächen)
  • Konzeptionierung und Gestaltung der Datenquellen: Fragebogen, bestehende Beobachtungsprogramme, Erfassungsbögen für Landschaftsausschnitte nach statistischen und informationstechnischen Gesichtspunkten
  • Datenmanagementsystem zur Erfassung von Daten aus den Fragebögen und zur Zusammenführung dieser Daten mit Daten aus anderen Quellen (z.B. existierende Beobachtungsprogramme)
  • Methoden zur statistischen Auswertung
  • Ermittlung signifikanter Abweichungen von der biologischen Variabilität und signifikanter Über-/ Unterschreitung von Schwellenwerten
  • statistische Beurteilung des Kausalzusammenhangs von Abweichungen mit dem Anbau gentechnisch veränderter Sorten, statistischer Vergleich von Merkmalen zwischen gentechnisch veränderten und konventionellen Sorten
  • Kriterien für die Bewertung von unterschiedlichen Datenquellen hinsichtlich ihrer Nutzbarkeit für ein anbaubegleitendes Monitoring
  • Exemplarische Bewertung von existierenden Beobachtungsprogrammen in Deutschland im Hinblick auf ihre Nutzbarkeit für ein anbaubegleitendes Monitoring

Versuchsbeschreibung

Für die Planung von Datenerhebungen wurden die für ein anbaubegleitendes Monitoring relevanten Verfahren zur Bestimmung des Stichprobenumfangs und der Flächenauswahl zusammengetragen. Insbesondere ging es dabei um die Festlegung der Anzahl von Monitoring-Flächen sowie die Auswahl von Landschaftsausschnitten.

Die unterschiedlichen Datenquellen wurden nach verschiedenen Kriterien vorbewertet (Festlegung der zu erhebenden Beobachtungsmerkmale, der Messskala, eine Beschreibung ihrer Relevanz sowie ihrer Stellung für die Beantwortung der Fragestellung - Zielgröße, Einflussgröße, Störgröße - Angabe der Häufigkeit und Frequenz der Datenerhebung).

Für die Erfassung und Zusammenführung der aus verschiedenen Quellen gewonnenen Daten wurde ein allgemein verwendbares Werkzeug (Datenmanagementsystem zur Erfassung von Frage-/ Erhebungsbögen und Übernahme der Daten aus anderen Beobachtungsprogrammen) entworfen.

Ca. 80 in Deutschland existierende Beobachtungsprogramme wurden im Hinblick auf ihre Nutzbarkeit zur allgemeinen Beobachtung von GVP untersucht.

Für die Auswertung wurden die entsprechenden statistischen Verfahren zusammengestellt/ entwickelt. Die statistische Auswertung verfolgt die Frage, ob die Daten eine signifikante Abweichung von der normalen biologischen Variabilität zeigen und bestimmte, zuvor definierte Grenzwerte über- oder unterschritten werden. Im Falle signifikanter Abweichungen wäre zu prüfen, ob diese kausal durch die gentechnische Veränderung oder andere Einflussfaktoren zu begründen sind. Zur Definition der normalen biologischen Variabilität dienen Daten aus dem konventionellen Anbau.

Ergebnisse

Struktur der Daten für die statistische Datenanalyse

Grundsätzlich wird bei der Datenerfassung während des Monitorings unterschieden zwischen Monitoring-Merkmalen, wie z.B. die Pflanzenentwicklung, und Faktoren, die einen Einfluss auf diese Merkmale haben, wie z.B. ein Krankheitsbefall der Pflanzen. Die zu erhebenden Monitoring-Merkmale sollen es ermöglichen, unbekannte potenzielle Effekte von GVP zu erfassen. Spezifische, differenzierte Fragestellungen (z.B. fallspezifisches Monitoring, Schwerpunktfragen) können an eingegrenzten Erhebungsstandorten untersucht werden. Die Monitoring-Merkmale unterliegen sowohl gegenseitiger als auch weiterer, äußerer Einflüsse, welche die Dynamik bzw. Variabilität messbar beeinflussen. Diese Einflüsse sind, soweit möglich, zu identifizieren und zu quantifizieren, um auf den GVP-Effekt zu schließen. Die Einflussfaktoren lassen sich in Prüf- und Hintergrundfaktoren strukturieren (Abb.1).

Abb.1: Strukturierung der Monitoring-Informationen

Prüf-Faktor ist die Sorte, Hintergrundfaktoren unterteilen sich in einstellbare, zufällige und feste Faktoren

Abb.2: Generelles Vorgehen bei der Auswertung von Monitoring-Daten

Ein statistisches Analyseschema zur allgemeinen Vorgehensweise bei der Auswertung von Monitoring-Daten unter Berücksichtigung verschiedener Einflussfaktoren ist in Abbildung 2 dargestellt. Die Analyse ist zunächst nur beschreibend. Für die weitere Testung und Entscheidungsfindung ist die Vorgabe von Schwellenwerten notwendig. Diese Schwellenwerte liegen sinnvoller Weise außerhalb der Schwankungsbreite des Systems ohne GVP. Durch Signifikanztests lässt sich mit vorher definierter Sicherheit eine Entscheidung finden, ob ein möglicher GVP-Effekt vorliegt.

Diese Datenstruktur liefert die Basis für die statistischen Modelle zur Versuchsplanung (Bestimmung des Stichprobenumfangs) und Auswertung (Test auf mögliche GVP-Effekte). Bei der Bestimmung des Stichprobenumfangs wurden Modelle gewählt, die für die Monitoring-Merkmale der Fragebögen zutreffen.

Falls Daten über mehrere Jahre vorliegen, können mit speziellen Analyseverfahren Trends festgestellt werden.

Einbindung der Erhebungsdaten verschiedener Quellen

Zur Zusammenführung von Informationen aus den bestehenden Beobachtungsprogrammen mit den Daten aus anderen Quellen (z.B. Fragebogen bei den Landwirten) und Verwaltung der Daten in einer Datenbank wurden verschiedene Strategien angewandt und bewertet.

Strategie 1 – Nutzung der Rohdaten. Es werden die Rohdaten unterschiedlicher Quellen übernommen, in einer Datenbank zusammengeführt und dann gemeinsam auf Effekte untersucht, die auf den Anbau von GVP zurückgeführt werden könnten. Diese Strategie ist als ineffektiv einzuschätzen, da bei der Zusammenführung große Datenlücken entstehen können, eine anschließende fachliche Bewertung der Analysen fehlt und unverhältnismäßig hoher administrativer Aufwand nötig ist. Allerdings ist diese Strategie zur Bewertung der Daten aus dem Fragebogen und zum Erhalten zusätzlicher Informationen durchaus nützlich.

Strategie 2 – Vergleich der Ergebnisse. Diese Strategie verfolgt die Nutzung der von den Beobachtungsprogrammen erstellten Berichte anstelle der Rohdaten. Bei dieser Strategie entfällt die Zusammenführung von Einzeldaten. Verwertbare Berichte enthalten bereits Informationen zur Auswertung, in Form aggregierter Daten, sowie eine fachliche Bewertung der gefundenen Effekte durch Experten. Der Zugang zu Berichten ist organisatorisch wie technisch einfacher als der Zugang zu Einzeldaten.

Auswahl und Informationsbeschaffung zu bestehenden Beobachtungsprogrammen

Mittels Internet- und Literaturrecherche wurden ca. 80 in Deutschland arbeitende Beobachtungsprogramme zusammengetragen. Diese wurden hinsichtlich ihrer Eignung für ein anbaubegleitendes Monitoring von GVP untersucht. Anhand folgender Kriterien wurde die Nutzbarkeit von Programmen für die allgemeine Beobachtung von GVP bewertet:

  • Ausweitung, d.h. arbeitet das Beobachtungsprogramm möglichst europaweit?
  • Anbaugebiete von GVP, d.h. erhebt das Beobachtungsprogramm Daten in GVP-Anbaugebieten?
  • Methodik, d.h. verfügt das Beobachtungsprogramm über zuverlässige und transparente Stichprobenplanung und – erhebung, Auswertung und Berichterstattung?
  • allgemein, führt d.h. Netzwerk „Allgemeine Überwachung“ bestimmter Schutzziele durch?
  • relevante Parameter, d.h. erfasst das Beobachtungsprogramm relevante Merkmale mit Informationen, die über den Fragebogen hinausgehen?
  • Qualität, d.h. sind die Daten des Beobachtungsprogramms von hoher Qualität?
  • Frequenz, d.h. werden die Daten mindestens jährlich erhoben und ist die Datenerhebung über Folgejahre (auch finanziell) gesichert?
  • Verfügbarkeit, d.h. sind Daten bzw. Reports öffentlich und regelmäßig (mindestens jährlich) verfügbar?

Diese Kriterien sind flexibel für verschiedene gentechnisch veränderte Pflanzen einsetzbar und können als Basis für die Auswahl von Programmen für das Monitoring genutzt werden.

Das Tagfaltermonitoring, das deutsche Bienenmonitoring, das Brutvogelmonitoring und der Wildtierinformationsdienst der Länder erfüllen alle acht Kriterien. Sie arbeiten auch über Deutschland hinaus und nehmen in Anbauregionen von GVP verwertbare Daten auf. Sie erfassen alle mit bestimmter Methodik mehrmals im Jahr Daten, die für die allgemeine Beobachtung des Anbaus von GVP relevant sind und liefern so Informationen, die über die Angaben aus dem Fragebogen bei den Landwirten hinausgehen. Die Ergebnisse der statistischen Analysen dieser Programme werden mindestens jährlich veröffentlicht. Damit sind diese Programme für eine allgemeine Beobachtung von GVP geeignet.