Debatte: Was ist ein ökologischer Schaden?

„Ein Verzicht auf den Einsatz von gv-Pflanzen wäre eine konsequente Vorgehensweise, um ökologische Schäden zu vermeiden.“

Dr. Robert Hermanowski, Mitarbeiter beim FiBL, Forschungsinstitut für biologischen Landbau, Berlin. Koordination des Zentralen Internetportals Ökologischer Landbau

bioSicherheit: Was betrachten Sie als ökologischen Schaden - allgemein und im Zusammenhang mit der Nutzung gentechnisch veränderter Pflanzen?

Robert Hermanowski: Die Ausbringung von gv-Pflanzen ist mit der Gefahr verbunden, dass Öko-Systeme dauerhaft geschädigt werden. Ein Beispiel: Bt-Toxin ist ein für Fraßinsekten giftiges Protein, das vom Bodenbakterium Bacillus thuringiensis gebildet wird und als biologisches Schädlingsbekämpfungsmittel gegen den Maiszünsler eingesetzt wird. Im Bezug auf Bt-Mais, der über eine Resistenz gegen den Maiszünsler verfügt, sind zwei Problembereiche zu sehen: die Wirkung des Bt-Toxins auf andere Insekten (Nicht-Zielorganismus) und eine mögliche Resistenzbildung beim Maiszünsler. Letzteres würde dazu führen, dass Öko-Landwirte das biologische Schädlingsbekämpfungsmittel nicht mehr einsetzten können.

bioSicherheit: Wie unterscheiden Sie zwischen „ökologischem Schaden“ und „akzeptabler Umweltbeeinflussung“?

Robert Hermanowski: Es gilt, zwischen irreparablen und temporären Schäden zu unterscheiden. Beispielsweise ist eine radioaktive Verstrahlung an menschlichen Zeitmaßstäben gemessen irreparabel. Ebenso ist eine unkontrollierte Ausbreitung von gv-Pfanzen, mit der potenziellen Gefahr eines schädlichen Eingriffs ins Ökosystem durch Verdrängung von Wildpflanzen oder die Ausbildung von Resistenzen, ein Vorgang, der nicht zu stoppen wäre. Allein schon die potenzielle Gefahr eines GAUs muss dazu führen, dass auf diese Technologie verzichtet wird.

bioSicherheit: Wie können Veränderungen der Ökosysteme durch gv-Pflanzen bewertet werde? Welche Bewertungsmaßstäbe lassen Sie dabei gelten? – Nur naturwissenschaftliche oder auch ethische, religiöse, sozio-ökonomische?

Robert Hermanowski: Ethische, religiöse und sozioökonomische Bedenken müssen selbstverständlich bei der Bewertung einer neuen Technologie herangezogen werden. So muss hinterfragt werden, ob das Überschreiten von Artgrenzen bei der Gentechnik ethisch vertretbar ist. Aus Sicht des Ökologischen Landbaus müssen zudem sozioökonomische Risiken beachtet werden. Dem Ökologischen Landbau ist gesetzlich untersagt, Gentechnik einzusetzen. Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten, dass Öko-Produkte möglichst frei von gentechnisch veränderten Bestandteilen sind. Aus diesem Zusammenhang heraus gefährdet die Gentechnik die wirtschaftliche Grundlage der Öko-Landwirte, da diese auf die Vermarktung mit einer Bio-Kennzeichnung und damit höhere Preise angewiesen sind.

bioSicherheit: Gibt es für gv-Pflanzen besondere Anforderungen bezüglich der Ausgestaltung und Anwendung des Vorsorgeprinzips?

Robert Hermanowski: Aus Sicht des Ökologischen Landbaus wäre der Verzicht auf den Einsatz von gv-Pflanzen eine konsequente Vorgehensweise, um ökologische Schäden zu vermeiden.