EU-Zulassungsverfahren für GVO

Frankreich plädiert für strengere Regeln

Der französische Umweltminister Jean-Louis Borloo hat sich beim Ratstreffen der europäischen Umweltminister am vergangenen Montag dafür ausgesprochen, die Zulassungsregeln für gentechnisch veränderte Pflanzen einer umfassenden Überprüfung zu unterziehen. Demnach sollen künftig neben zusätzlichen wissenschaftlichen Kriterien auch agronomische Kriterien eine größere Rolle spielen, wenn die europäischen Gremien über Zulassungsanträge entscheiden. Frankreich will das Thema beim nächsten Umweltministerrat erneut auf die Tagesordnung bringen. Im Oktober soll zudem in Paris eine Expertenkonferenz zur Grünen Gentechnik stattfinden.

Jean-Louis Borloo, französischer Umweltminister: Mehr Prüfkriterien bei der Zulassung von gentechnisch veränderten Pflanzen in der EU.

Horst Seehofer, deutscher Landwirtschaftsminister, hat sich ebenfalls für ein geändertes GVO- Zulassungsverfahren ausgesprochen.
Foto: dsv-saaten

Unter dem Tagesordnungspunkt „Sonstiges“ stellte Frankreichs Umweltminister Borloo seinen europäischen Kollegen ein Diskussionspapier vor. Darin legt die französische Regierung dar, wie aus ihrer Sicht die Zulassungsverfahren für gentechnisch veränderte Pflanzen und GVO-Produkte verbessert werden können. Demnach sollen beispielsweise die Methoden der Sicherheitsbewertung überprüft werden.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hatte bereits im Januar neue Ansätze für die Weiterentwicklung des Methodenspektrums vorgelegt. Diese Vorschläge gelte es nun, unter Leitung der EU-Kommission sorgfältig zu prüfen. Bei der Sicherheitsbewertung neuer gentechnisch veränderter Organismen (GVO) sei insgesamt ein stärker multidisziplinärer Ansatz anzustreben. Neben der wissenschaftlich basierten Abklärung möglicher Risken für Umwelt und Gesundheit sollen nach den Vorstellungen Borloos auch andere Faktoren wie die agronomischen Folgen des GVO-Anbaus sowie die Auswirkungen für die verschiedenen Produktionssysteme berücksichtigt werden.

Im Falle insektenresistenter und herbizidtoleranter gv-Pflanzen schlägt Frankreich vor, deren Sicherheitsbewertung an die von Pflanzenschutzmitteln anzugleichen. Vor allem für die toxikologische Prüfung sollte ein effizienteres Vorgehen diskutiert werden.

Auch für die lange überfällige Festlegung eines Schwellenwertes für GVO-Anteile in konventionellem Saatgut will Frankreich sich einsetzen.

Expertentreffen unter französischer Ratspräsidentschaft

Bis zur nächsten Sitzung des Umweltministerrates sollen die zuständigen französischen Behörden sich mit ihren Kollegen in den anderen Mitgliedsstaaten über die Vorschläge austauschen. Ziel ist es, eine gemeinsame Initiative auf die Tagesordnung des Ratstreffens im kommenden Juni zu bringen. Im Oktober beabsichtigt die französische Regierung zudem, Gentechnik-Experten zu einer Konferenz nach Paris einzuladen. Zu diesem Zeitpunkt wird Frankreich die EU-Ratspräsidentschaft innehaben. Die Teilnehmer der geplanten Konferenz sollen sich vor allem über die Auswirkungen der Biotechnologie auf die biologische Vielfalt sowie die Weiterentwicklung der politischen Ansätze zur Regelung der Gentechnik austauschen.

Laut Umweltminister Borloo haben sechs EU-Länder ihre Unterstützung für den französischen Vorstoß signalisiert, darunter Spanien, Italien, Polen und Deutschland. Der deutsche Landwirtschaftsminister Horst Seehofer hatte sich bereits im Herbst auf EU-Ebene dafür ausgesprochen, die Prinzipien für GVO-Zulassungen zu überarbeiten. Seiner Ansicht nach müsste ein unabhängiges wissenschaftliches Gremium und nicht wie bisher politische Gremien der EU über die Anträge entscheiden.

Langwieriges Gesetzgebungsverfahren in Aussicht?

Völlig offen bleibt allerdings bisher, wie die eher allgemeinen Vorschläge aus Frankreich und Deutschland konkret umgesetzt werden sollen. Die Genehmigungsverfahren für Anbau, Import und Verzehr von gv-Pflanzen und daraus erzeugten Lebens- und Futtermitteln sind europaweit in der so genannten Freisetzungsrichtlinie (2001/18) und in der Verordnung für gv-Lebens- und Futtermittel (1829/2003) festgelegt. Diese zu ändern würde ein langwieriges Gesetzgebungsverfahren mit ungewissem Ausgang erfordern. Einfacher wäre es, wenn die Genehmigungsverfahren unangetastet blieben, aber die Kriterien für die Sicherheitsbewertung verschärft werden sollten. In dem Fall wäre möglicherweise eine Neufassung der entsprechenden EFSA-Leitlinien ausreichend.