NABU-Studie

Bt-Maispollen: Eine Gefahr für Naturschutzgebiete?

Das Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt- und Verbraucherschutz (MLUV) in Brandenburg empfiehlt, künftig einen Mindestabstand von 800 Metern zwischen Feldern mit gentechnisch veränderten Pflanzen und Naturschutzgebieten einzuhalten. Ein geringerer Abstand soll nur in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde möglich sein. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) hatte im Februar 1000 Meter Abstand gefordert, um Gefährdungen insbesondere seltener Schmetterlinge durch „genmanipulierte“ Pflanzen vorzubeugen.

Kohlweissling

Kohlweißling

Bt-Mais bildet ein Protein, das gegen seinen Fraßfeind Maiszünsler wirksam ist. Da der Maiszünsler ein Schmetterling ist, sind könnten auch andere Schmetterlinge gefährdet sein.

Entfernung vom Feldrand Pollen/cm² im Mittel
1 m 120
10 m 35
100 m 9,7
300 m 5,3
500 m 4
1000 m 2,8

BfN-Studie: Im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz wurde der Pollenflug an verschiedenen Standorten in Deutschland und der Schweiz ermittelt. Bei tausend Metern etwa liegt der erwartete Wert bei einem Vertrauensbereich von 95% zwischen 0,32 und 24 Pollen/cm2, im Mittel bei 2,8 Pollen/cm2.

Neben technischen Pollensammlern setzte der NABU für seine Untersuchungen auch Honigbienen als natürliche Pollensammler ein.

Das Land Brandenburg reagiert mit diesem Erlass auf die monatelange juristische Auseinandersetzung zwischen den Behörden und einem Landwirt, der in einem Naturschutzgebiet im Kreis Märkisch Oderland gentechnisch veränderten Bt-Mais angepflanzt hatte. Der Anbau wurde schließlich untersagt und der Mais vernichtet.

MLUV und Landesbauernverband haben im März eine „Gemeinsame Position“ zur Grünen Gentechnik herausgebracht, in der sie den Landwirten empfehlen, rechtzeitig mit der zuständigen Unteren Naturschutzbehörde Kontakt aufzunehmen, um eine „mögliche Betroffenheit naturschutzrechtlicher Belange festzustellen.“ Eine Anbauempfehlung könne aufgrund der den Landwirt einseitig belastenden Haftungsregelungen derzeit aber nicht gegeben werden.

Brandenburg ist mit beinahe 2000 Hektar - das sind 46 Prozent der deutschen Anbaufläche - das Bundesland mit den meisten und größten Anbauflächen mit gentechnisch verändertem Bt-Mais.

NABU-Studie: „Erhebliche Maispolleneinträge“

Der NABU begründet seine Abstandsforderung mit den Ergebnissen einer Studie, die er im Auftrag des Landesumweltamtes Brandenburg im Sommer 2007 durchgeführt hat. Von Mitte Juli bis Anfang August 2007 wurde mit Pollensammlern der Eintrag von Maispollen in das Naturschutzgebiet Ruhlsdorfer Bruch gemessen und ausgewertet. Demnach wurden an allen Messstandorten im Ruhlsdorfer Bruch „erhebliche“ Maispolleneinträge festgestellt. Im Nahbereich (fünf bis sechs Meter Abstand zum Maisfeld) wurden während des Blühzeitraums bis zu 175 Pollen pro Quadratzentimeter gemessen, in einer Entfernung von 120 Metern noch zehn Pollen pro Quadratzentimeter. Der Anteil Maispollen aus Bt-Mais in den Pollenproben lag an den verschiedenen Pollensammler-Standorten zwischen sieben und 44 Prozent. Ein Kontakt der Schmetterlinge mit Bt-Maispollen könne bei einer Entfernung von hundert Metern nicht ausgeschlossen werden.

Laut eines Gutachtens für das Bundesamt für Naturschutz an verschiedenen Standorten in Deutschland und der Schweiz kommt auch nach tausend Metern noch Maispollen in den Pollensammlern an, im Mittel 2,8 Pollen pro Quadratzentimeter.

Der NABU leitet aus diesen Zahlen eine potenzielle Gefährdung der Artenvielfalt in Schutzgebieten ab, allerdings ohne nachvollziehbare Begründung. Es wird lediglich hingewiesen auf Untersuchungsergebnisse von Wissenschaftlern der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) (seit 2008 Julius-Kühn-Institut (JKI)). Sie hatten Schmetterlingslarven mit Bt-Maispollen gefüttert. Dabei zeigten sich die Larven von Kohlmotte, Kohlweißling und Tagpfauenauge empfindlich gegenüber Pollen der Maissorte Bt176.

Die für den Anbau zugelassene Sorte MON810 bildet im Pollen aber erheblich weniger Bt-Toxin als Bt176. Entsprechend wurde bei Fütterung mit Pollen der Bt-Maislinie Mon810 selbst bei 80 Pollen je Larve keine Schädigung an der empfindlichsten Art, der Kohlmotte, festgestellt. Die Wissenschaftler verweisen auf weitere Studien, bei denen die Fütterung verschiedener Schmetterlingsarten mit Pollen von MON810 keine Effekte zeigte. „Diese Untersuchungen deuten daraufhin, dass der Pollen von transgenem Mais der Linie MON810 in der Regel eine so geringe Toxin-Konzentration aufweist, dass Bt-empfindliche Larven selbst durch Verzehr größerer Pollenmengen nicht erkennbar geschädigt werden“, so ihr Fazit.

In verschiedenen Projekten der Sicherheitsforschung mit MON810 wurden auch im Freiland im Nahbereich von Maisfeldern mögliche Auswirkungen auf Schmetterlingsraupen untersucht. Bislang konnten keine Effekte nachgewiesen werden. Das Überleben der Raupen im Freiland hängt von einer Fülle von natürlichen und landwirtschaftlichen Einflussfaktoren ab, Bt-Pollen ist dabei einer von vielen.

„Biologische Sammlerin Honigbiene“

Um zu überprüfen, inwieweit Maisfelder von Bienen aus dem Schutzgebiet aufgesucht werden, um dort Pollen zu sammeln, wurden an zwei Standorten im Schutzgebiet je zwei Bienenvölker aufgestellt. Um den maximalen Eintrag zu ermitteln, wurden zusätzlich zwei Bienenvölker im benachbarten Maisanbaugebiet aufgestellt. Die Auswertung der Pollenhöschen ergab, dass der Maispollenanteil an der gesamten Sammelleistung der Bienen 0,1 - 0,3 Prozent betrug. Von diesem geringen Anteil Maispollen wiederum waren zwischen drei und 49 Prozent Bt-Maispollen. Wenn man bedenkt, dass der aus Pollenkörnern stammende Proteinanteil zur Aufzucht der Bienen-Larven nur etwa 2,5 Prozent ihres Gesamtproteinbedarfs ausmacht, wie in einer Schweizer Studie 2006 errechnet wurde, dann ist eine schädliche Wirkung von Bt-Pollen auf Bienen nicht wahrscheinlich.