Bienensterben in den USA

Eingeschleppte Viren als wahrscheinliche Auslöser

Wissenschaftler des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums (USDA) und von zwei Universitäten haben einen möglichen Verursacher für das bisher rätselhafte Bienensterben in Nordamerika gefunden: Ein aus Australien eingeschlepptes Virus.

Im Frühjahr hatte ein dramatischer Rückgang der Bienenvölker in den USA Unruhe und Besorgnis ausgelöst. Bis zu 90 Prozent der Völker waren von dem neuartigen Phänomen Colony Collapse Disorder (CCD) betroffen. Auch in Europa wurde über die Ursachen öffentlich spekuliert. Einer der Verdächtigen: gentechnisch veränderter Mais, der in den USA großflächig angebaut wird.

Bienensterben in den USA. Alles spricht dafür, dass ein eingeschlepptes Virus zum Kollaps der Bienenvölker führte. In Europa ist es bisher nicht zu einem auffälligen Bienensterben gekommen. Die im Frühjahr beobachteten Verluste bewegten sich im üblichen Rahmen.

Geschwächte Bienen: In den USA und Europa sind Bienen oft von der Varroa-Milbe gefallen. Sie schwächt das Immunsystem.

Foto oben: Von Varroa befallene Bienen (braune Höcker auf dem Rücken). Foto unten: Varroa-Milbe auf einer Biene.

Fotos: USDA, Wikimedia

Auf der Suche nach den Ursachen

Das Wissenschaftlerteam der USDA, der Pennsylvania State Universität und der Columbia Universität untersuchte erkrankte und gesunde Bienen aus verschiedenen Völkern mit Hilfe von genetischen Tests auf mögliche Krankheitserreger wie Mikroorganismen, Viren und Pilze. Dabei sind sie auf das 2004 in Israel entdeckte Israeli Acute Paralysis Virus (IAPV) gestoßen. Bei den untersuchten 30 erkrankten Bienenvölker wiesen sie in 25 Fällen den Virus nach. Bei den 21 gesunden Bienenvölkern fanden sie den Virus dagegen nur ein einziges mal. Die Ergebnisse wurden im September im Wissenschaftsmagazin Science veröffentlicht.

Israelische Forscher beschrieben bereits 2004 die Symptome einer IAPV-Infektion bei Bienen: Die infizierten Tiere zittern mit den Flügeln, dann zeigen sich Lähmungserscheinungen und wenige Tage nach der Infektion sterben die Bienen außerhalb des Stockes. Auch in den USA verschwanden typischerweise die Arbeiterinnen und ließen den Bienenstock verwaist zurück. Die Imker fanden im Stock noch Honig, Pollen sowie den Nachwuchs und die Bienenkönigin, meistens jedoch keine einzige tote Biene.

Ursprung der IAPV-Epedemie in Australien?

In Australien ist ein Großteil der Honigbienen mit IAPV infiziert. Dort trat das Massensterben allerdings bislang nicht auf. Dies könnte mit den anderen Lebensbedingungen der Bienen dort zusammenhängen. Zudem kommt die in den USA und Europa weit verbreitete Varroa-Milbe, die das Immunsystem der Bienen nachweislich schwächt, in Australien nicht vor.

Für das Virus als Auslöser des Bienensterbens spricht daher auch der Import von Bienenvölker aus Australien seit 2005. Erstmals wurde in dem darauf folgenden Jahr das Bienensterben in Nordamerika beobachtet.

Aufgrund ihrer Untersuchungsergebnisse halten die Wissenschaftler das Virus für den Hauptauslöser des Bienensterbens. Weitere Stressfaktoren wie Mangelernährung, Pflanzenschutzmittel oder parasitische Milben können jedoch auch am Bienensterben beteiligt sein, so die Wissenschaftler in ihrer Studie.

Das lange Zeit rätselhafte Bienensterben scheint damit aufgeklärt, zumal sich für andere Erklärungsansätze bisher keine Belege fanden. Gentechnikkritiker hatten den Anbau von gv-Pflanzen als eine mögliche Ursache genannt, konnten jedoch keinen Zusammenhang zwischen dem Anbau von gv-Pflanzen und dem Bienensterben nachweisen.

Resistente Bienen als Lösung?

Sollte das Bienensterben nicht gestoppt werden können, hätte dies nicht nur für Imker große wirtschaftliche Verluste zur Folge. Weltweit werden mehr als 90 verschiedene Kulturarten von Bienen bestäubt. Der ökonomische Wert der Bienenbestäubung wird in den USA auf jährlich 14,6 Milliarden Dollar geschätzt. Darüber hinaus sind auch Wildpflanzen auf Bestäubung durch Bienen angewiesen.

Eine Lösung könnte aus Israel kommen. Ein Drittel der dort untersuchten Bienen ist gegen das IAPV resistent. Die Tiere tragen das Virusgenom in ihrem Erbgut und haben auf diese Weise eine Immunität erworben. „Diese natürlicherweise ‘transgenen’ Bienen könnten zur Züchtung Virus-resistenter Insekten genutzt werden“, so Ian Lipkin, Co-Autor der Studie und Professor für Epidemiologie an der Columbia Universität.