Neue Studie

Zehn Jahre Bt-Mais Anbau: Horizontaler Gentransfer ohne Bedeutung

Wissenschaftler aus Frankreich und der Schweiz haben die Bodenbakterien eines Feldes untersucht, auf dem zehn Jahre lang gentechnisch veränderter Bt-Mais angebaut wurde. Sie wollten überprüfen, ob eine Übertragung der umstrittenen Antibiotikaresistenz-Gene aus transgenen Pflanzen auf Bakterien, wie vielfach befürchtet, tatsächlich stattfindet. Ihr Fazit: Transgene Pflanzen spielen keine Rolle bei der Verbreitung von Antibiotika-Resistenzen.

Bakterien verfügen über spezielle Mechanismen, um Erbinformationen direkt - außerhalb geschlechtlicher Fortpflanzung - auszutauschen. Deshalb wird befürchtet, Antibiotikaresistenz-Gene, die bei transgenen Pflanzen als Markergene eingesetzt werden, könnten von krankheitserregenden Bakterien aufgenommen und damit die Wirksamkeit wichtiger Antibiotika-Medikamente eingeschränkt werden. Antibiotika werden häufig in der Human- und Tiermedizin eingesetzt und lange Zeit wurden sie auch dem Tierfutter beigemischt, um Wachstum und Leistung der Tiere zu steigern. Das hat die Entstehung von Resistenzen gegen medizinisch genutzte Antibiotika bei Bakterien gefördert. Die Frage ist, tragen auch gentechnisch veränderte Pflanzen dazu bei, solche Antibiotika-Resistenzen zu verbreiten?

„Das Risiko sollte als fast Null angesehen werden.“

Pascal Simonet von der Ecole Centrale de Lyon und seine Kollegen haben untersucht, ob trangene Pflanzen zur Verbreitung von Antibiotika-Resistenzen beitragen.

Das untersuchte Feld mit Bt176-Mais in Bazièges in der Nähe von Toulouse

Abb.1 Resistenzmuster Ampicillin-resistenter Bakterien (a-g). Keines der Bakterien war nur gegenüber Ampicillin bzw. Carbenicillin unempfindlich wie zum Vergleich gentechnisch veränderte e-coli-Bakterien mit Bt-176-Plasmid

Mit Agrobacterium infizierte Blattstückchen werden auf ein so genanntes Selektionsmedium aufgebracht. Dieser Nährboden enthält ein Antibiotikum, auf dem nur diejenigen Zellen überleben können, bei denen die Transformation geglückt ist.

Antibiotikaresistenz- Gene werden oft zusätzlich zu dem eigentlichen „Zielgen“ in die Pflanzen übertragen. Nach der gentechnischen Transformation wird das Pflanzenmaterial (hier: Apfel) auf antibiotika-haltigen Nährboden gelegt. Darauf können nur die Pflanzenzellen überleben und wachsen, die erfolgreich transformiert wurden, weil sie eine Antibiotika-Resistenz besitzen.

Anteil Ampicillinresistenter Bakterien *

Bt176- Boden Konven- tioneller Mais- boden Prärie- boden
0,4- 6,5 % 5,5- 8,0 % 54,4- 69,6 %

*bezogen auf den Anteil kultivierbarer Bakterien

Eine Genübertragung von Pflanzen-DNA in Bakterien gilt als höchst unwahrscheinlich, weil es eine ganze Reihe von Bedingungen braucht, damit diese überhaupt stattfinden kann. Bislang konnte unter Feldbedingungen ein solcher horizontaler Gentransfer noch nicht nachgewiesen werden. Auch im Labor konnte er nur mit Hilfe speziell konstruierter Empfängerbakterien provoziert werden.

Um die Wahrscheinlichkeit und die Bedeutung eines möglichen Transfers von Antibiotikaresistenz-Genen aus transgenen Pflanzen in Bakterien einschätzen zu können, haben nun Wissenschaftler aus Frankreich und der Schweiz Bodenbakterien eines Feldes in Südwestfrankreich untersucht, auf dem zehn Jahre lang gentechnisch veränderter Mais Bt176 angebaut wurde. Zum Vergleich wurden Proben von einem konventionellen Maisfeld sowie von einem Boden, der ackerbaulich nicht genutzt wird („Prärie“boden), untersucht.

Bt176-Mais enthält zusätzlich zu dem Gen, dass ihn widerstandsfähig gegenüber dem Maiszünsler macht, ein so genanntes bla-Gen (blaTEM116) als Markergen. Dieses Gen sorgt durch Bildung eines bestimmten Enzyms, einer so genannten beta-Lactamase für eine Ampicillin- und Carbenicillin-Resistenz. Es ist eines der am häufigsten vorkommenden bla-Gene aus einer ganzen Familie von beta-Lactamasen. Die passenden Antibiotika sind die größte Gruppe von Antibiotika, die in der Medizin eingesetzt werden. Dazu gehört unter anderem auch Penicillin.

Ampicillin-Resistenz: Weit verbreitet

Zunächst wurden aus den Bodenproben nur Bakterien, die auf Nährmedium vermehrt werden können, untersucht. Diese machen weniger als ein Prozent der Bodenmikroorganismen aus. Zwischen 0,4 und acht Prozent dieser Bakterien aus den Bodenproben der ackerbaulich genutzten Flächen stellten sich als resistent gegen Ampicillin heraus. Es machte dabei keinen Unterschied, ob auf den Feldern konventioneller Mais oder Bt-Mais gewachsen war. Jedoch unterschied sich die Anzahl resistenter Bakterien deutlich zwischen den kultivierten Böden einerseits und dem „Prärie“boden andererseits, der einen sehr hohen Anteil resistenter Bakterien aufwies. Dies gebe einen Hinweis darauf, so die Wissenschaftler, dass bakterielle Gemeinschaften, die nicht durch landwirtschaftliche Praktiken beeinflusst werden, einen höheren Anteil an natürlich vorkommenden Antibiotika-Resistenzen aufweisen. Oftmals tragen Bakterien, die selber Antibiotika bilden, auch Resistenzgene zu ihrem eigenen Schutz.

Um dem Ursprung der Resistenzgene auf den Grund zu gehen, wurden die gefundenen resistenten Bakterien in einem nächsten Schritt verschiedenen Antibiotika ausgesetzt und so ihr Resistenzmuster bestimmt. Die meisten der 576 isolierten Bakterien waren gegenüber mehreren Antibiotika unempfindlich (s. Abb.1)

Die gefundenen Resistenzgene wurden anschließend molekularbiologisch (PCR) näher untersucht. Dabei wurde bei 505 der 576 Bakterien (87,7 Prozent) ein bla-Gen nachgewiesen. Dies zeige laut Autoren die natürliche Bevorzugung dieser Gene unter ampicillin-resistenten Bodenbakterien.

Achtzig der PCR-Ergebnisse wurden noch weiter aufgeschlüsselt. Es fanden sich u. a. auch zehn blaTEM116-Gene, verteilt auf alle Böden. Das Ampicillinresistenz-Gen, welches für Bt176 genutzt wurde, ist demnach auch in Böden zu finden, auf denen zuvor keine transgenen Pflanzen angebaut wurden. Das ist nicht verwunderlich, weil das Gen für die gentechnische Transformation aus Bodenbakterien isoliert wurde. Dass auch in dem 400 Kilometer weiter entferntem Prärieboden blaTEM-Gene nachgewiesen wurden, bestätigt die Verbreitung dieser Gene.

Zusätzlich wurde auch der große Anteil der Bakterien, die nicht kultivierbar sind, molekularbiologisch untersucht. Es wurden mehr als 150 verschiedene blaTEM-Gene nachgewiesen.

Bakterielle Vielfalt

Auch Vielfalt und Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaften in den verschiedenen Bodenproben wurden untersucht, um zu überprüfen, ob das Vorkommen ähnlicher bla-Gene auf ähnliche mikrobielle Gemeinschaften schließen lässt. Dem ist offenbar nicht so. Es gab erhebliche Unterschiede in der Zusammensetzung der Mikroorganismen-Gemeinschaften der drei Böden, wobei der größte Unterschied zwischen den Maisfeldern und der ackerbaulich nicht genutzten Fläche zu finden war. Mögliche Veränderungen durch den Anbau des Bt-Maises sind demnach kleiner als die Änderungen, die durch Bodentyp, Pflanzenwachstumsstadium, Sorten oder Kulturartenunterschiede zustande kommen.

Horizontaler Gentransfer - kein Risiko

Auch wenn horizontaler Gentransfer grundsätzlich möglich sei, bleibt er nach Ansicht der Autoren jedoch ohne Bedeutung für die mikrobiellen Gemeinschaften im Boden. Der Anbau von transgenen Pflanzen über mehr als zehn Jahre auf einem Feld habe das Auftreten von Antibiotikaresistenzen und deren Spektrum nicht messbar beeinflusst. Dies liege hauptsächlich daran, dass die Gene im Boden ohnehin verbreitet seien. Horizontaler Gentransfer von transgener Pflanzen-DNA in Bakterien sei so selten, dass er keinen Beitrag zu einer weiteren Zunahme der bereits natürlich bei Bakterien weit verbreiteten Antibiotika-Resistenz leiste.