Internationales Biosafety Symposium in Montpellier

Sicherheitsforschung international

(30.09.) Alle zwei Jahre treffen sich Experten auf dem Gebiet der biologischen Sicherheitsforschung zu einem großen Symposium. Nach Peking vor zwei Jahren ist nun Montpellier in Südfrankreich Gastgeber. Eine Woche lang präsentieren und diskutieren Wissenschaftler aus aller Welt Ergebnisse und Konzepte der Sicherheitsforschung zu möglichen Umweltauswirkungen gentechnisch veränderter Pflanzen, Mikroorganismen und Fische.

Diesmal in Montpellier. Das achte Symposium zur Biologischen Sicherheit von gentechnisch veränderten Organismen; 26.-30 September 2004

Austausch. Zahlreiche Wissenschaftler aus aller Welt präsentierten Projekte aus der Sicherheitsforschung.

Dr. Jörg Romeis, Teilnehmer des Biosafety Symposiums in Montpellier,beschäftigt sich mit Testverfahren für mögliche Auswirkungen von Bt-Pflanzen auf Nicht-Zielorganismen. Bekannt wurde er mit einer neuen Methode, um die Verträglichkeit des Bt-Toxins auf Florfliegen zu untersuchen.

Mehrere Arbeitsgruppen in Montpellier beschäftigten sich mit insekten- und virusresistenten Pflanzen. Auch neue Entwicklungen wie die Nutzung transgener Pflanzen zur Produktion pharmazeutischer Wirkstoffe (Molecular Pharming) wurde unter Sicherheitsaspekten erörtert. Weitere Themen waren geeignete Strategien zur Einschränkung des Gentransfers durch Pollen sowie mögliche Effekte transgener Pflanzen auf das Bodenleben. Am Schluss der Tagung widmete sich ein Workshop dem gerade bei der Agro-Biotechnologie schwierigen Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft.

Sicherheitsforschung in Entwicklungsländern

Neue Akzente setzten die Veranstalter mit einem Nord-Süd-Workshop. Dabei ging es um angemessene Konzepte zur Erforschung der Umweltsicherheit, wenn gv-Pflanzen in den Ländern des Südens angebaut werden. Die vor allem in Nordamerika und Europa entwickelten Verfahren können nicht schematisch auf Entwicklungsländern mit ihren unterschiedlichen wirtschaftlichen und ökologischen Bedingungen übertragen werden. Gut 200 Experten aus China, Südafrika und weiteren Ländern Asiens, Afrikas und Südamerika beteiligten sich an dem Workshop.

Vorgestellt wurden neue Untersuchungen über Umweltauswirkungen von Bt-Baumwolle und Bt-Reis.Gerade der Anbau von Bt-Pflanzen nimmt in Entwicklungsländern zu. Bt-Baumwolle findet großes Interesse bei den Farmern in China und Indien. In China werden inzwischen auf knapp 60 Prozent der Baumwollanbaufläche Bt-Sorten angebaut, in einigen Regionen sogar bis zu 90 Prozent. Da Bt-Pflanzen infolge eines neu eingeführten Gens einen Wirkstoff (Bt-Toxin) zur Abwehr von Schadinsekten produzieren, können die Landwirte die Zahl der Pestizidspritzungen drastisch reduzieren und so Kosten und Arbeitszeit einsparen.

Resistenzmanagement: Anbauregeln für zehn Millionen Landwirte

Man befürchtet jedoch, dass der Anbau von Bt-Pflanzen auf längere Sicht zu einer zunehmenden Verbreitung resistenter Schädlinge führen könnte. Zwar sind bisher auch in Regionen mit Bt-Anbau noch keine Schädlingen mit einer Resistenz gegen Bt-Toxine gefunden worden. Dennoch sind sich die Regierungen in Ländern mit intensivem Bt-Anbau bewusst, dass sie praktikable und wirksame Konzepte benötigen, um Resistenzdurchbrüche bei den Schädlingen abzuwehren.

Großflächige Refugien mit konventionellen Sorten, wie sie in den USA und Australien als wichtigste Maßnahme für ein Resistenzmanagement eingeführt wurden, sind jedoch für klein strukturierte Agrarsysteme in China und anderen Entwicklungsländern kaum realisierbar. Die Regierung in China setzt eher darauf, Flächen mit verschiedenen Nicht-Bt-Arten, wie sie in artenreichen Fruchtfolgen üblich sind, als natürliche Refugien zu nutzen. So könnten etwa große Flächen, auf denen verschieden Futtererbsen angebaut werden, die Entwicklung resistenter Schädlinge verlangsamen. In China mit seinen zehn Millionen Kleinbauern dürfte es allerdings nicht einfach sein, solche Konzepte in die landwirtschaftliche Praxis zu einzuführen.

Testsysteme für ökologische Schäden

Werden gv-Pflanzen mit neuen Abwehrmechanismen gegenüber schädlichen Insekten angebaut, muss gewährleistet sein, dass es nicht zu unerwünschten Auswirkungen auf die vorhandenen Nützlinge kommt. Diese sind als Gegenspieler zu pflanzlichen Schädlingen in den Agrarökosystemen von großer Bedeutung. Dr. Rao vom indischen Ministerium für Wissenschaft und Technologie wies in Montpellier darauf hin, dass speziell in Ländern mit einer großen Diversität in den Agrarökosystemen – so auch in Indien - standardisierte Methoden zur Überprüfung möglicher Effekte auf Nützlinge und andere Nichtziel-Organismen entwickelt werden müssen. Ein Problem ist, dass in vielen dieser Länder die Bestandsaufnahme der vorhanden Artenvielfalt noch ganz am Anfang steht.

Schon wegen ihrer Vielfalt es es nicht möglich, alle Arten eines Ökosystems auf mögliche Schädigungen durch gv-Pflanzen zu überprüfen. Die Experten suchen daher nach geeignete Arten, die als Indikatoren (key species) genutzt werden können. Diese sollten in enger Beziehung zu der jeweiligen Kulturpflanze stehen und empfindlich genug sein, um einen Schaden schnell und eindeutig anzuzeigen. Für Europa und einige andere Länder hat die Sicherheitsforschung mehrstufige Testsysteme entwickelt. Diese sind jedoch für andere Regionen mit ihrer örtlichen Fauna nur bedingt geeignet. So werden beispielsweise in Kenia bei der Sicherheitsbewertung von gv-Pflanzen andere Arten als Nicht-Zielorganismen zu untersuchen sein als in Europa.

Deutlich wurde auf dem Symposium aber auch, dass wissenschaftlich fundierte Daten aus der Sicherheitsforschung die Basis für Zulassungsentscheidungen sind. Dabei sind Bewertungen zu treffen, ob sich die beobachteten Effekte als natürliche biologische Variabilität interpretieren lassen oder tatsächlich auf ökologischen Schäden deuten. Dr. Jörg Romeis von Agroscope, der Eidgenössischen Forschungsanstalt Reckenholz (Zürich), brachte es auf den Punkt: „Wissenschaft kann keine Garantie geben, dass jedes Risiko auszuschließen ist. Sie kann jedoch durch ein strukturiertes Vorgehen und das Einhalten wissenschaftlicher Standards Restrisiken minimieren.“