Physikalisches Containment

Pflanzen unter Verschluss

Gentechnisch veränderte Pflanzen, die Arzneimittelwirkstoffe produzieren, dürfen sich nicht ausbreiten oder in die Lebens- und Futtermittelkette gelangen. Um das zu erreichen, könnten solche Pflanzen in geschlossenen Systemen kultiviert werden. In Nordamerika nutzt man dafür stillgelegte Bergwerke.

Während ihrer langen Entwicklungszeit werden gv-Pflanzen generell mehrere Jahre unter Containment-Bedingungen gehalten: Erst in der Klimakammer, später in speziell dafür eingerichteten Gewächshäusern. Erst danach kommen sie ins Freiland, zunächst unter Sicherheitsauflagen, die nach und nach gelockert werden, wenn von den gv-Pflanzen erkennbar kein Umweltrisiko ausgeht.

Stillgelegte Mine in Marengo (Inidiana/USA), die zur Kultivierung von Pflanzen unter kontrollierten Bedingungen genutzt wird. Links: Eingang in eine der Pflanzenkammern.

Einschluss. Im Inneren einer Pflanzenkammer.

Fotos: Purdue University; Ag Communications

Inzwischen gibt es Überlegungen, bestimmte, vor allem Pharmazeutika-produzierende gv-Pflanzen gar nicht freizusetzen, sondern in geschlossenen Systemen ohne direkten Kontakt zur Umwelt anzubauen.

  • Damit ließe sich die Möglichkeit einer Ausbreitung der Pflanzen bzw. der Transgene weitgehend ausschließen.
  • Solche Anbaubedingungen sind besser kontrollierbar als im Freiland. Dadurch können nicht nur höhere Erträge bzw. Ausbeuten der Pharmaprodukte erzielt werden. Auch ist es eher möglich, die hohen Qualitätsstandards zu erreichen, wie sie für die Herstellung von Arzneimitteln gelten.

Als geschlossene Systeme, in denen Pflanzen kultiviert werden, gelten nicht nur Gewächshäuser und Klimakammern. In den USA und Kanada werden seit einigen Jahren dazu auch ehemalige Kupfer-, Zink-, und Kalksteinminen genutzt. So führt eine kanadische Firma seit 1991 in einer 360 Meter unter der Oberfläche gelegenen, mehrere hundert Hektar großen Mine Kultivierungsversuche mit über fünfhundert verschiedenen Pflanzenarten unter Kunstlicht durch, darunter Tabak, Eiben, Mais, Raps und Pappeln. Dabei geht es nicht nur um transgene Pflanzen: So beliefert die Firma die kanadische Regierung mit Marihuana für pharmazeutische Zwecke.

In den USA nutzen zwei Unternehmen ehemalige Minen für einen abgeschirmten unterirdischen Anbau von Pflanzen. Kultivierungsversuche mit (nicht transgenen) Maispflanzen, in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Purdue University durchgeführt, zeigten, dass unter den artifiziellen Bedingungen unter Tage mehr als doppelt soviel Mais geerntet werden konnte wie der US-Durchschnittsertrag. Der Grund: Bei vollständiger Kontrolle der Anbaubedingungen können die Pflanzen völlig stressfrei wachsen - kein Auf- und Ab bei Temperatur und Luftfeuchtigkeit, keine Insekten, keine krankheitsauslösenden Pilze und Viren. Die Pflanzen können die gesamte Energie in das Wachstum stecken.

Nachdem auch in USA und Kanada die Regulierung für die Freisetzung von Pharmapflanzen strenger geworden ist, eröffnet der unterirdische Anbau neue Perspektiven für das Molecular Pharming. Aus Sicht der Firmen sind Minen auch deshalb so attraktiv, weil der administrative Aufwand und die Kosten für die Zulassung der gv-Pflanzen sehr gering sind oder ganz wegfallen können. Die Kontrolle der Produktionsbedingungen ist unter Tage erheblich einfacher als auf dem Feld. Gegenüber dem Gewächshaus ist der Minenanbau zudem energetisch günstiger: Im Gewächshaus müssen Temperaturschwankungen mit viel Energie ausgeglichen werden, in den Minen herrschen dagegen konstante Temperaturen.

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