Ideen für den Unterricht

Kommunikation in der Gentechnik-Debatte

Für diesen Unterrichtsvorschlag benötigen die Schüler und Schülerinnen keine fachwissenschaftlichen Vorkenntnisse. Allerdings bietet es sich an, erst nach der Behandlung der Genetik zur sprachlichen Analyse der Gentechnik-Debatte überzugehen, da die Jugendlichen dann verschiedene gefundene Aussagen, etwa bei Recherchen, besser einordnen können.

Ziele

  • Erkennen der emotionalen und beeinflussenden Wirkung von sprachlichen Mitteln
  • Erkennen, dass Sprache in gesellschaftlichen Kontroversen entsprechend selektiv eingesetzt wird
  • Kenntnis über spezielle Beispiele aus der Kontroverse um gentechnisch veränderte Pflanzen

Vorbemerkung

Das Phänomen, dass je nach Sichtweise unterschiedliche Wörter eingesetzt werden, auch wenn sie oberflächlich das Gleiche bezeichnen, tritt nicht nur bei gesellschaftlichen Kontroversen auf. Auch wenn im Alltag verschiedene Sichtweisen auf einen Sachverhalt möglich sind, kann dieser Sachverhalt sprachlich ganz unterschiedlich dargestellt werden, was dann meist mit einer Bewertung einhergeht. Beispielsweise kann man die Fahrweise eines Skifahrers als „sportlich“, „riskant“ oder „halsbrecherisch“ bezeichnen – je nachdem, wie man dazu steht. Andere Beispiele: neugierig/interessiert, reden/schwätzen, raffiniert/listig/hinterlistig-hinterhältig sind Begriffe, die vielleicht dasselbe Vorkommnis beschreiben sollen, aber die Wertung des Sprechenden schon beinhalten. Diese Wertungen kommen als Botschaften beim Zuhörer bzw. Leser an und können diesen auch in seiner Meinungsbildung beeinflussen. Diese Alltagserfahrung kann das Phänomen, dass auch in gesellschaftlichen Kontroversen verschiedene Sprachkulturen entstehen, erklären.

Unterrichtsgestaltung

Einstieg

Erste Möglichkeit. Auf einer Folie werden Überschriften oder Textpassagen von „Artikeln über Gentechnik“ präsentiert. Da es sich hierbei anbietet, auf aktuelle Artikel zurückzugreifen, wird an dieser Stelle auf eine Folienvorlage verzichtet. Brauchbare Überschriften und Textpassagen lassen sich beispielsweise schnell im Internet finden, unter den Pressemeldungen der gesellschaftliche Akteure wie Umweltschutzgruppen, Verbänden oder Unternehmen (z. B. jeweilige Homepage oder Suche über Google) oder auch bei den Online-Ausgaben von Zeitungen bzw. über Paperball. Die Artikel sollten Wörter enthalten, die den verschiedenen Akteuren zuzuordnen sind, wie etwa „verbessert“ oder „manipuliert“. Die SchülerInnen sollen möglichst spontan versuchen einzuschätzen, welchem „Lager“ sie die Passagen bzw. Überschriften zuordnen. Dabei sollte darauf geachtet werden, welche Assoziationen und Gefühle bei den SchülerInnen zu den Einschätzungen geführt haben.

Zweite Möglichkeit. Eine weitere Variante wäre, die Klasse mit Hilfe der ausgeteilten Linkliste „Internetrecherche: Sprache in der Gentechnik-Debatte“ zu einer eigenen Internet-Recherche aufzufordern (mögliche Hausaufgabe als Vorbereitung). Die Suchwörter müssen dann vorgegeben werden.

Erarbeitung

Im Folgenden geht es um die sprachliche Analyse der gesellschaftlichen Debatte um die Gentechnik bei Pflanzen, und zwar speziell um die Wortwahl. Dies sollte den SchülerInnen bewusst sein. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sich die Diskussion in eine Wertediskussion über das Für und Wider der Gentechnik verschiebt.

Um an die Alltagserfahrung der Jugendlichen anzuknüpfen, kann ein Wortpaar oder – trio an die Tafel geschrieben werden, das unterschiedliche Wertungen des gleichen Sachverhaltes aus dem Alltag präsentiert (s. unter Vorbemerkungen). Vielleicht fallen den Jugendlichen selbst noch Beispiele ein.

Im Anschluss daran werden die gesammelten Überschriften oder Textpassagen von Artikeln über Gentechnik im Bezug auf ihre unterschiedliche Wortwahl und die entsprechende Wirkung hin analysiert. Es bietet sich an, alle Wörter des gleichen Sachverhaltes in eine Tabelle einzutragen (Arbeitsblatt S. 2). Die SchülerInnen sollen hierbei erkennen, wie unterschiedlich die Gruppen den gleichen Sachverhalt nennen.

Geht es um die wirtschaftliche Seite der Gentechnik bei Nutzpflanzen, sprechen die einen vom möglichen Gewinn (für das Unternehmen oder den Landwirt), die anderen vom Profit.

In extremen Fällen können Bezeichnungen wie „Propaganda“ und „Information“ hinzu kommen: Man selbst informiert, die „anderen“ betreiben „Propaganda“.

Die Wirkung der Wörter. Dieser Schritt kann mit Hilfe des mind mapping erfolgen: Die SchülerInnen sind aufgefordert, in kleinen Gruppen ein mind mapping zu gefundenen unterschiedlichen Begriffen durchzuführen (jede Gruppe hat ein anderes Wort). Dabei sollen nicht nur Begriffe, die assoziiert werden, aufgeschrieben werden, sondern auch die damit verbundenen Gefühle!

Hierbei ist auch denkbar, dass jeder Schüler in 2min „Ruhearbeit“ für sich einen Begriff herausgreift und ebenfalls seine mit dem Begriff assoziierten Gefühle aufschreibt.

Hinweise: Bei „Kontamination“ beispielsweise könnte Radioaktivität assoziiert werden, verbunden mit Gefühlen der Bedrohung oder Besorgnis. Bei Verbesserung könnte u. a. Fortschritt stehen, damit verbunden positive Gefühle und Interessiertheit. Manipulation steht vielleicht für ungebetene Beeinflussung Ahnungsloser etc.

Ergebnissicherung

Eine große Pappe wird in eine Gegnerseite und eine Befürworterseite aufgeteilt. Die Begriffe werden groß auf Papier geschrieben und zusammen mit den Materialien/den Rechercheergebnissen den unterschiedlichen Seite zugeordnet.

Zum Schluss sollte noch einmal reflektiert werden: Die Sprache hat Einfluss auf das Empfinden. Damit könnte ein Einfluss auf die eigene Meinungsbildung erfolgen. Was heißt das, wenn ich mich über umstrittene Themen informiere, Material lese, Radiobeiträge höre etc.?

Mögliche Ergänzungen

In den Materialien der gesellschaftliche Gruppen oder den Zeitungsartikeln finden sich Inhalte, die das Interesse der Schüler/Innen wecken könnten: Argumente für und wider, Hypothesen und Behauptungen. Falls dieser Unterrichtsvorschlag das Kapitel Gentechnik inklusive ihrer Problematik abschließt, sind den Jugendlichen Begriffe wie Antibiotikaresistenz-Gene oder Auskreuzung schon begegnet. Wenn nicht, könnte mit einem der umstrittenen Felder fachlich weiter in die Tiefe gegangen werden, beispielsweise mit dem Unterrichtsvorschlag zu Markergenen, der insbesondere die Problematik der Antibiotikaresistenz-Gene und Forschungsansätze zur Vermeidung dieser Gene behandelt.