Ich erkenne dich an deiner Sprache

Die Auseinandersetzungen um die Pflanzenbiotechnologie werden mitunter mit harten Bandagen ausgetragen. Aber auch auf subtile sprachliche Weise ist es möglich, Stimmungen gegenüber einer umstrittenen Technologie auszudrücken oder gar in eine bestimmte Richtung zu lenken. Die Gentechnik ist ein gutes Beispiel hierfür, haben doch die gesellschaftlichen Kontrahenten zum Teil ganz eigene Sprachcodes entwickelt, wie sie das „Kind“ zu nennen pflegen. Die bevorzugt verwendeten Begriffe sind ein guter Indikator für die dahinterstehende Überzeugung - auch bei sich selbst.

Gentechnisch manipuliert oder verbessert?

Wurde zum Beispiel eine neue Pflanzensorte mit Hilfe der Gentechnik gezüchtet, steht eine ganze Palette an Begriffen parat, mit denen dies ausgedrückt werden kann: Für die einen ist die Sorte gentechnisch manipuliert worden (genmanipuliert, Genmanipulation), für die anderen gentechnisch verbessert oder optimiert (schließlich hat man ja ein Züchtungsziel erreicht), wieder andere reden lieber von gentechnisch modifizierten oder veränderten Sorten.

Das Wort „Manipulation“ steht im allgemeinen Sprachgebrauch eher für unlautere Machenschaften: „Es stellte sich heraus, das die Bremsanlage manipuliert wurde …“.

Das Wort „verbessert“ drückt klar eine positive Haltung aus. Eine für alle nachvollziehbare Wertung der Ausdrücke ist aber nicht immer möglich: An sich sind Wörter wie „modifiziert“ oder „verändert“ neutral. Sie können aber auch von den einen als - die Risiken - verharmlosend oder von den anderen als - die erreichten Ziele - geringschätzend empfunden werden.

Ein weiteres klassisches Beispiel tritt regelmäßig in den Medien auf, wenn es um Saatgut geht: Weil die Produktionswege gentechnisch veränderten Saatguts im Welthandel nicht von denen des konventionell erzeugten Saatguts vollständig getrennt werden, enthalten die jeweiligen Chargen in vielen Fällen Anteile gentechnisch veränderter Organismen. Vermengung, Beimischung, Verunreinigung, Kontamination sind die gefühlsmäßig nicht wirkungsgleichen Begriffe, die nun zur Beschreibung des Sachverhalts in den Meldungen der Medien erscheinen.

Auch der Begriff Sicherheitsforschung, der diesen Webseiten den Namen gegeben hat, hat einen Widerpart: den Begriff Risikoforschung. In der Praxis beschreiben beide Begriffe die gleichen Handlungen, trotzdem gibt es immer wieder Vorlieben einzelner Menschen oder Gruppen für den einen oder den anderen Begriff.

Sprache transportiert Stimmungen und Ansichten

Hinzu kommt, dass die Sprache selbst meinungsbildend wirkt, denn die Wörter transportieren die dahinterstehenden Stimmungen und Ansichten. Die Sprache der Informationsquellen hat damit schon einen Einfluss auf die Meinungsbildung des Publikums. Sie trägt so auch zur Verfestigung bestehender Ansichten bei: Die Menschen aus dem engeren Umfeld sowie die bevorzugten Medien spiegeln vermutlich mehrheitlich die eigene bevorzugte Meinung und Sprachkultur wider, denn es ist menschlich, sich mit Gleichgesinnten zu umgeben. So wirkt die immer gleiche Stimmung bald bevorzugt oder fast ausschließlich auf den einzelnen ein.

Die unterschiedlichen Sprachkulturen können natürlich bewusst oder unbewusst eingesetzt werden. Der absichtliche Gebrauch gefühlsmäßig „gefärbter“ Sprache ist eines der gängigen Instrumente gesellschaftlich aktiver Gruppen, ihre Ansichten wirkungsvoll zu präsentieren.