Schnittstelle für Hormonstoffwechselwege entdeckt

Transkriptionsfaktor steuert Wachstum bei Salzstress

29.07.2013 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Reis ernährt rund die Hälfte der Menschen auf der Erde, doch wenn der Boden salzig ist, wächst die Pflanze nicht richtig und die Ernte fällt geringer aus. (Quelle: © wuttichok/Fotolia.com)

Reis ernährt rund die Hälfte der Menschen auf der Erde, doch wenn der Boden salzig ist, wächst die Pflanze nicht richtig und die Ernte fällt geringer aus. (Quelle: © wuttichok/Fotolia.com)

Pflanzen sind fix an einen Standort gebunden. Verändern sich die Umweltbedingungen zu ihrem Nachteil, müssen sie mit ihren Kräften haushalten, um zu überleben. Der Transkriptionsfaktor Multipass scheint die Schnittstelle zwischen wichtigen Hormonstoffwechselwegen zu sein.

Phytohormone helfen der Pflanze, sich an unterschiedliche Umweltbedingungen anzupassen oder eigene Stoffwechselvorgänge zu steuern. Sind die Bedingungen unvorteilhaft, produzieren Pflanzen Stresshormone, um ihr Überleben zu sichern. Diese Hormone sind unbedingt notwendig, um den Energiehaushalt der Pflanze weg vom Wachstum hin zum Schutz der Pflanze bzw. zur Verteidigung auszurichten. An der Wachstumssteuerung sind vor allem die Hormone Auxine, Brassinosteroide, Cytokinine und Gibberellinsäure beteiligt, während Abscisinsäure und Ethylen meist bei Stress zum Einsatz kommen. Wie Pflanzenhormone miteinander interagieren und wie sie auf genetischer Ebene reguliert werden, ist bei Reis bisher nur wenig erforscht, gewinnt aber für moderne Züchtungsstrategien immer mehr an Bedeutung.

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Vier Wochen alte Reispflanzen; rechts die Pflanze mit reduzierter Aktivität des Transkriptionsfaktors, links die Kontrollpflanze mit normaler Aktivität des Transkriptionsfaktors. Die größere Biomasse (Spross und Wurzel) in der Pflanze mit reduzierter Transkriptionsfaktoraktivität ist deutlich zu sehen.

Vier Wochen alte Reispflanzen; rechts die Pflanze mit reduzierter Aktivität des Transkriptionsfaktors, links die Kontrollpflanze mit normaler Aktivität des Transkriptionsfaktors. Die größere Biomasse (Spross und Wurzel) in der Pflanze mit reduzierter Transkriptionsfaktoraktivität ist deutlich zu sehen.

Bildquelle: © Prof. Müller-Röber

Zentrale Schaltstelle für zahlreiche Pflanzenhormone

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam und der Universität Potsdam haben zusammen mit Kollegen einen Transkriptionsfaktor, der das Erbgut von Reis reguliert, unter die Lupe genommen. Dieses Protein namens Multipass steuert, wann bestimmte Gene, die das Wachstum der Pflanze beeinflussen, im Reisgenom abgelesen werden. Die wachstumsfördernden Hormone Auxin, Gibberellinsäure und Brassinosteroide verhindern, dass Multipass in der Reispflanze gebildet wird. Zu viel des Transkriptionsfaktors sorgt für kleine Pflanzen, die mit Hilfe von Auxin wieder wachsen können. Reduziert man seine Aktivität experimentell, bilden die Pflanzen viel Biomasse, wachsen also kräftig. Die Wissenschaftler konnten außerdem zeigen, dass Multipass offenbar ein direkter Regulator für Gene ist, die für Expansine codieren. „Expansine sind Proteine, die an der Lockerung der pflanzlichen Zellwand bei Wachstumsprozessen beteiligt sind“, erklärt Prof. Dr. Müller Röber von der Universität Potsdam, Leiter der Studie. Er und sein Team vermuten, dass Multipass eine zentrale Schaltstelle für zahlreiche Pflanzenhormone ist, die das Wachstum kontrollieren. Damit könnte es eine Art Steuerzentrale für gleich mehrere Lebensvorgänge bei Pflanzen sein.

Ertragreiche Pflanzen auf salzhaltigen Böden

OsMPS, das Gen, das für Multipass codiert, wurde eigentlich entdeckt, als die Wissenschaftler Reiswurzeln auf Gene hin untersuchten, die bei kurzzeitigem Salzstress aktiviert werden. Unter diesen Bedingungen wird der Transkriptionsfaktor sowohl im vegetativen als auch im reproduktiven Gewebe der Pflanze hergestellt und bremst dann das Wachstum der Pflanze. Multipass ist offenbar für die Reispflanze unerlässlich, wenn es darum geht, ihr Wachstum bei widrigen Umweltbedingungen anzupassen. Indem sie so mit ihren Kräften haushaltet, kann sie ihr Überleben auch in salzigen Böden sichern. Da das Wurzelwachstum von Reis durch ein Wechselspiel von Cytokininen und Auxinen reguliert wird, könnte Multipass ein neu entdeckter Mediator zwischen diesen beiden Hormon-Stoffwechselwegen sein, wie die Wissenschaftler vermuten. „Salzstress führt dazu, dass Pflanzen langsamer wachsen, was bei Nutzpflanzen zu einem verminderten Ertrag führt. Nur wenn wir das regulatorische Gefüge dahinter verstehen, können wir dieses auch verändern“, so Prof. Dr. Müller Röber. So könnte es gelingen, dass auch auf salzhaltigen Böden ertragreiche Pflanzen heranwachsen.


Quelle:
Schmidt, R. et al. (2013): MULTIPASS, a rice R2R3-type MYB transcription factor, regulates adaptive growth by integrating multiple hormonal pathways. Plant J. (15. Juli 2013) ePub ahead of print, doi: 10.1111/tpj.12286.

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Titelbild: Reis ernährt rund die Hälfte der Menschen auf der Erde, doch wenn der Boden salzig ist, wächst die Pflanze nicht richtig und die Ernte fällt geringer aus. (Quelle: © wuttichok/Fotolia.com)