„Teamfähigkeit und Kommunikation sind für junge Forschende enorm wichtig“

Interview mit Betty Boden

Betty Boden hilft jungen Forschenden ihre kommunikativen Fähigkeiten weiter zu entwickeln. Foto: Stephanie Dittmer

Betty Boden hilft jungen Forschenden ihre kommunikativen Fähigkeiten weiter zu entwickeln. Foto: Stephanie Dittmer

Teamarbeit, Kommunikation, Selbstpräsentation – Promovierende und Postdocs erleben neben ihrer Forschung vielfältige Anforderungen, für die sie häufig nicht ausgebildet wurden.

Betty Boden unterstützt als Coach Menschen in ihren Fähigkeiten und ihrer Entwicklung. Im Interview erläutert sie die Besonderheiten in der Arbeit mit jungen Forschenden und wie die Corona-Pandemie unsere Kommunikation verändert hat.

PLANT 2030 ACADEMY

Trailervideo (EN)

In diesem Video teilen  junge Pflanzenforscherinnen und -forscher ihre Erfahrungen mit der PLANT 2030 ACADEMY.

Selbstpräsentation und Kommunikation sind zentrale Themen in den Kursen von Betty Boden. Bildquelle: Andrea Bettina „Betty“ Boden

Selbstpräsentation und Kommunikation sind zentrale Themen in den Kursen von Betty Boden. Bildquelle: Andrea Bettina „Betty“ Boden

PLANT 2030 ACADEMY: Frau Boden, Sie arbeiten als Coach und Prozessbegleiterin. Welche Angebote machen Sie Ihren Kunden?

Betty Boden: Ich begleite Menschen auf ihrem Weg herauszufinden, was für sie gut läuft, was sie verändern möchten und wie sie sich entwickeln wollen. In einem Team ist es beispielsweise wichtig zu hinterfragen „Wer bin ich im Team und was kann ich über mich lernen?“. Über diese Erkenntnis ergeben sich Lösungen, wie wir besser zusammenarbeiten können. Mit Führungskräften arbeite ich oft an Fragen wie „Was ist meine Führungspersönlichkeit?“ oder „Welche Qualitäten habe ich und was möchte ich noch lernen?“ Ein anderes großes Thema von Workshops, die ich gebe, ist die Verbesserung von Präsentationsfähigkeiten. Für mich sind die genannten Themen miteinander verbunden. Wenn ich mich selbst gut präsentiere, kann ich auch gut vermitteln, worum es mir geht und was ich erreichen möchte. Es geht im Grunde darum, einen Entwicklungsprozess anzustoßen, der den Menschen hilft gut mit sich selbst und mit anderen im Einklang zu sein.

PLANT 2030 ACADEMY: Wie haben Sie Ihre Berufung gefunden?

Betty Boden: Ich habe früh gemerkt, dass Menschen Vertrauen zu mir fassen und dass ich eine gute Zuhörerin bin, gut vermitteln kann und so zu einem besseren Verständnis untereinander beitrage. Ich habe immer gern mit Menschen gearbeitet. Das fing schon in der Schule an und zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben. Außerdem interessiert mich, wie Lernen funktioniert und wie ich Wissen vermitteln kann, damit Lernen Spaß macht.

Durch meine Arbeit mit anderen Menschen habe ich schrittweise erkannt, dass es wichtig ist, einen freien Geist zu haben und von guten Absichten des Gegenübers auszugehen – also möglichst keine unausgesprochenen Vermutungen anstellen, eine offene Haltung bewahren und fragen, worum es geht. Man könnte sagen, meine Berufung liegt in meinem Interesse an anderen Menschen und deren Entwicklung zu begleiten. Ich finde meine Arbeit bereichernd, weil ich miterleben kann, wie sich echte Erkenntnisgewinne auswirken und das Leben und Arbeiten meiner Kursteilnehmenden positiv verändern. Manchmal habe ich das Glück, dass sich solche Veränderungen direkt zeigen und manchmal berichten mir Menschen Jahre später, wie die Arbeit mit mir sie beeinflusst hat.

Veranstaltungen

Veranstaltungen

In den Workshops und Summer Schools der PLANT 2030 ACADEMY kommen junge Forschende zu speziellen Trainings und Exkursionen zusammen.

Mentoringprogramm

Mentoringprogramm

Mentoring bietet Impulse für die persönliche und berufliche Entwicklung im Austausch mit einen erfahrenen Führungspersönlichkeit.

Betty Boden hat ihre Berufung darin gefunden, andere Menschen in ihrer Entwicklung zu begleiten. Foto: Stephanie Dittmer

Betty Boden hat ihre Berufung darin gefunden, andere Menschen in ihrer Entwicklung zu begleiten. Foto: Stephanie Dittmer

PLANT 2030 ACADEMY: War es für Sie eine leichte Entscheidung, den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen?

Betty Boden: Die Entscheidung, aus dem Angestelltenverhältnis auszusteigen, kam relativ kurzentschlossen. Ich hatte ursprünglich Lehramt studiert und danach noch eine Ausbildung zur Außenhandelskauffrau absolviert. Ich war danach bei verschiedenen Firmen angestellt und zuletzt erfolgreich bei einer japanischen Firma als Teamleiterin im Verkauf tätig. Ich habe dabei jedoch gemerkt, dass mich diese Arbeit nicht ganz erfüllt. Ich hatte mit vielen Personen aus der Kundschaft und dem Team zu tun, aber was mir wirklich am Herzen liegt, ist die Entwicklung von Menschen zu begleiten. Außerdem ist die Freiheit zu entscheiden, mit wem und wie ich arbeite, einer meiner wichtigsten Werte. Ich musste den Schritt in die Selbständigkeit gehen, um meine eigenen Vorstellungen und Konzepte zu verwirklichen. Ich habe damals mein Leben umgestellt, bin in eine neue Stadt gezogen und habe zunächst als freiberufliche Dozentin Englischunterricht gegeben. Dann habe ich berufsbegleitend unter anderem an der TU Berlin Weiterbildungsmanagement studiert und eine 3-jährige Coaching-Ausbildung absolviert. Durch meine eigene Entwicklung, neue Begegnungen und Projekte bin ich Schritt für Schritt in der Lage gewesen mein Geschäftsnetzwerk aufzubauen und zu meiner heutigen Tätigkeit gekommen.

Onlinekurse

Onlinekurse

Onlinekurse und Trainingsmaterialien bieten die Möglichkeit zum selbstgesteuerten Lernen. Sie sind auch für Dritte zugänglich.

PLANT 2030 ACADEMY: Wozu brauche ich professionelle Unterstützung durch einen Coach?

Betty Boden: Ich glaube diese Frage stellen sich viele Menschen: „Warum ein Coach? Ich kann doch mit Familie und Freunden sprechen!“ Die Antwort liegt darin, dass ich als Coach nicht nur einen Raum zur Verfügung stelle, in dem man geschützt über die eigenen Anliegen sprechen und Antworten finden kann, sondern entscheidend ist, dass ich als Außenstehende in meiner Funktion als Coach kein persönliches Interesse in den Austausch einbringe. Hier liegt ein wesentlicher Unterschied zu einem Gespräch mit Verwandten oder befreundeten Personen. Als Coach ist es meine Aufgabe Fragen zu stellen, mit Fragen zu leiten und natürlich Beobachtungen zu teilen. Dabei ist es wichtig, dass ich meine eigenen Trigger-Punkte kenne und somit dafür sorge, dass keine persönliche Aspekte in meine Arbeit als Coach einfließen, also eine professionelle Begleitung möglich ist. Nur so kann ich den Menschen, die ich begleite, meine volle Präsenz zur Verfügung stellen und durch eine völlig offene Herangehensweise eine freie Entfaltung ermöglichen.

Weiterführende Informationen:
An der Arbeit mit jungen Forschenden reizt Betty Boden insbesondere die kulturelle Diversität. Foto: Andrea Bettina „Betty“ Boden

An der Arbeit mit jungen Forschenden reizt Betty Boden insbesondere die kulturelle Diversität. Foto: Andrea Bettina „Betty“ Boden

PLANT 2030 ACADEMY: Sie arbeiten regelmäßig mit jungen Forschenden zusammen. Wie kam es dazu?

Betty Boden: Die Arbeit mit jungen Forschenden hat sich durch einen schönen Zufall ergeben, der bereits über zehn Jahre zurückliegt. Die Koordinatorin eines Graduiertenkollegs hat an einem meiner Kurse teilgenommen, bei dem es um verschiedene Arbeitsstile und Arbeitspräferenzen ging. Sie kam danach auf mich zu und wollte einen solchen Kurs unbedingt ihren Promovierenden anbieten. Dadurch entstand mein erster Workshop für Promovierende und Postdocs. Wie groß der Bedarf an solchen Angeboten war und ist, hat sich durch Weiterempfehlung und neue Aufträge für Seminare und Workshops an Forschungsinstituten und Universitäten gezeigt. Mir macht die Arbeit mit Forschenden immer viel Spaß. Ich mag besonders die Diversität, die sich in der Wissenschaft durch die vielfältigen Kulturen ergibt, wenn Forschende aus verschiedenen Ländern an meinen Workshops teilnehmen.

PLANT 2030 ACADEMY: Welche Themen bearbeiten Sie mit Promovierenden und Postdocs?

Betty Boden: Mir ist aufgefallen, dass im akademischen Umfeld ein hoher Anspruch an Teamarbeit und Kommunikation der eigenen Arbeit gestellt wird. Diese Themen haben wir dann in einem ersten Workshop bearbeitet und sie sind heute so relevant wie damals. Durch die Arbeit mit den jungen Forschenden haben sich weitere Themen für Workshops und Seminare ergeben. Dazu gehört auch die Selbstpräsentation in Vorträgen und Gesprächen. Gerade in letzter Zeit habe ich zusätzlich Formate speziell für Forschende entwickelt, die darauf abzielen, ihre Karriere mit einer gelungenen Präsentation ihrer Person und Forschung  und der Vermeidung häufiger Fehler bei der Kommunikation zu unterstützen. Und einen zentralen Aspekt möchte ich unbedingt noch erwähnen – sich beizeiten mit dem Thema Führung auseinanderzusetzen. Denn Führungskompetenzen können wie alle anderen Kompetenzen erlernt werden. Besonders in meiner Arbeit mit Wissenschaftlerinnen bekomme ich immer wieder die Rückmeldung, dass dieses Thema häufig in den Hintergrund tritt.

Welche Rolle im Team passt zu mir? An Forschende werden hohe Anforderungen an Teamfähigkeit und Kommunikation gestellt. Foto: Andrea Bettina „Betty“ Boden

Welche Rolle im Team passt zu mir? An Forschende werden hohe Anforderungen an Teamfähigkeit und Kommunikation gestellt. Foto: Andrea Bettina „Betty“ Boden

PLANT 2030 ACADEMY: Was lernen und üben die Teilnehmenden in diesen Kursen?

Betty Boden: Es geht um die eigene Darstellung beim Auftreten in der Öffentlichkeit. Wie  man als Person oder wie die eigene Arbeit in Vorträgen und Gesprächen wahrgenommen wird, hängt von verschiedensten Faktoren ab, die es zu beachten lohnt. Dabei können kleine Veränderungen einen großen Unterschied machen. Meine Workshops bestehen neben einem theoretischen Teil vor allem aus praktischen Übungen und Feedback-Runden. Kursteilnehmende lernen durch das Feedback der anderen und von mir viel darüber, wie sie auf andere Menschen wirken. Fragen wie: „Was denke ich über mich? Was halte ich von mir?“ werden abgeglichen mit dem Feedback im Kurs. Voraussetzung ist, dass eine gute Arbeitsatmosphäre entsteht, in der auch Kritisches konstruktiv geäußert werden kann, und in einer Form, die gut gehört werden kann.

PLANT 2030 ACADEMY: Haben junge Forschende im Vergleich mit anderen Berufsgruppen besonders großen Bedarf an ihrem Auftreten  oder ihrer Wirkung nach außen zu arbeiten?

Betty Boden: Die Arbeit mit Forschenden hat für mich besondere Aspekte. Zum einen ist in der Forschung die Fähigkeit vor großem Publikum frei zu sprechen besonders wichtig. Zum anderen ist für Forschende eine gute Sichtbarkeit im akademischen Umfeld essenziell für ihre Karriere. Dabei sind Forschende oft hochspezialisiert – häufig viel stärker als dass dies zum Beispiel in Firmen der Fall ist. Das bringt auch eine Exponiertheit und damit eine gewisse Verwundbarkeit mit sich, mit der junge Forschende umzugehen lernen müssen.

Es gibt auch spezielle Situationen, auf die ich häufig eingehe. Zum Beispiel ist die Fragerunde nach einem Vortrag für viele Forschende ein stressiger Moment. In meinen Kursen üben wir solche Situationen und sammeln Hinweise für Verbesserungen, um mehr Gelassenheit und Sicherheit zu erzeugen.

PLANT 2030 ACADEMY: Die Corona-Pandemie hat die Kommunikation auch in der Wissenschaft Richtung Onlinemeetings verschoben. Gibt es da auch neuen Lernbedarf?

Betty Boden: Auf jeden Fall! Videopräsenz ist eine ganz andere Situation als ein persönliches Treffen und kann auch für Kommunikationsprofis eine neue Herausforderung darstellen. Entsprechend wurde ich gebeten einen Kurs zu halten über Remote-Meetings und was Durchführende und Anwesende für eine gelungene Onlinekommunikation beachten sollten. Neben der Bild- und Tonqualität, der Körperhaltung und der Wahl eines guten Bildhintergrundes, geht es dann auch um Fragen wie: Was macht eine gute Moderation bei Onlineformaten aus? Wie kann sichergestellt werden, dass sich Teilnehmende gut eingebunden fühlen?

In Online-Meetings gibt es besondere Anforderungen an das Verhalten der Teilnehmenden und Moderierenden. Bildquelle: Sarah Mäusle

In Online-Meetings gibt es besondere Anforderungen an das Verhalten der Teilnehmenden und Moderierenden. Bildquelle: Sarah Mäusle

PLANT 2030 ACADEMY: Und wie hat die Pandemie Ihre eigene Arbeit beeinflusst?

Betty Boden: Komplett! Über Nacht hatten sich meine Aufträge der nächsten Monate in Luft aufgelöst – alle Veranstaltungen wurden abgesagt oder verschoben. Ich habe dann eine weitere Nacht gebraucht, um mich den neuen Gegebenheiten zu stellen und meine „Schockstarre“ zu verlassen. Ich habe an Weiterbildungen teilgenommen, um technisch versierter zu werden und habe meine Präsenzveranstaltungen auf Onlineformate angepasst. Tatsächlich bin ich schnell zu einer „Online-Liebhaberin“ geworden. Das hätte ich mir vorher nie vorstellen können. Mich begeistert, dass es möglich ist, auch im virtuellen Raum und über große Distanzen gute Beziehungen aufzubauen und sich gut zu präsentieren, wenn man die Technik beherrscht. Manches ist online sogar einfacher. Zum Beispiel habe ich beobachtet, dass es häufig in digitalen Formaten eine ausgeglichenere Redeverteilung gibt. Außerdem können Teilnehmende bei meinen Onlineworkshops dabei sein, die an einem gesetzten Ort nicht die Möglichkeit gehabt hätten. Zum einen entfallen weite Reisewege, zum anderen fühlen sich auch Menschen mit körperlichen Einschränkungen mehr eingeschlossen.

Ohne Frage gibt es auch technische Komplikationen und manche Menschen kommunizieren und präsentieren sich nicht gern über digitale Tools. Ich habe auch festgestellt, dass es bei digitalen Formaten besonders wichtig ist, genaue Instruktionen zu geben. Insgesamt überwiegen für mich aber die positiven Aspekte.

PLANT 2030 ACADEMY: Wir springen zwei Jahre in die Zukunft – COVID19 ist überwunden. Hat sich die Welt der Kommunikation dauerhaft verändert oder schwingt das Pendel zurück auf 2019?

Betty Boden: Ich bin natürlich keine Hellseherin. Aber ich schließe mich der Meinung an, die ich häufiger höre. Ich denke, dass es anders weiter geht als vor der Pandemie. Wir haben alle eine Entwicklung durchgemacht, und die verändert auch, wie wir kommunizieren und lernen. Die großen Vorteile wie entfallene Reisezeiten, reduzierte Spesen, eine flexiblere Planung, werden digitalen Formaten ihren Platz sichern. Die persönliche Begegnung bringt aber eine ganz andere Qualität. Diesen Aspekt haben wir sicher in den letzten Monaten noch einmal mehr schätzen gelernt. In Zukunft werden wir vermutlich die Vorteile der digitalen und der analogen Welt in einer guten Balance nutzen.

Für Betty Boden ist die Sängerin Regina Spektor mit ihrer Mischung aus Demut und Selbstbewusstsein ist ein Vorbild. Bildquelle: Beny Shlevich CC-BY-SA 2.0

Für Betty Boden ist die Sängerin Regina Spektor mit ihrer Mischung aus Demut und Selbstbewusstsein ist ein Vorbild. Bildquelle: Beny Shlevich CC-BY-SA 2.0

PLANT 2030 ACADEMY: Wenn Sie eine Person der Gegenwart oder Geschichte nennen dürften – wen würden Sie sich als Mentor oder Mentorin auswählen?

Betty Boden: Ich singe sehr gern. In meinem nächsten Leben möchte ich gern eine Band gründen und das auch gern schon in jungen Jahren (lacht). Ich würde daher gern die Sängerin Regina Spektor fragen, wie sie es geschafft hat so tolle Musik und Texte zu erschaffen – Musik, die mich anspricht und bei der ich eine Resonanz spüre. Sie singt großartig und spielt verschiedene Instrumente. In Konzerten wirkt sie auf mich zurückhaltend, etwas demütig und gleichzeitig selbstbewusst. Ich finde das eine gute Kombination bei allem was wir tun. Regina Spektor ist auch in dieser Hinsicht für mich ein Vorbild.

PLANT 2030 ACADEMY: Herzlichen Dank für das Interview!