MicroRNA (miRNA)
MicroRNAs sind kleine RNA-Moleküle, die nicht aus einer auseinander geschnipselten Fremd-RNA entstanden, sondern extra codiert werden.
Man vermutet hier, dass auf den Introns die entsprechenden Informationen liegen. Sie werden bei Bedarf transkribiert (von einer RNA-Polymerase) und es entsteht eine normale, prozessierte mRNA. Diese mRNA wird pri-miRNA genannt. Sie bildet eine sogenannte Haarnadelstruktur (hairpin): Dabei lagern sich zueinander passende Basenpaare aneinander, die nicht komplementären Bereiche bilden kleine Schleifen (loops).
Die Anlagerung der Basenpaare zeigt dabei eine Besonderheit: Sie findet vor allem in den Bereichen statt, in denen eine sogenannte palindromische Nukleotid-Sequenz zu finden ist. Das bedeutet, dass die Basen in diesem Bereich 1) zueinander passen (also A-U und C-G) und 2) die Basenabfolge auf dem oberen Strang die gleiche ist wie auf dem unteren Strang, nur rückwärts gelesen.
Bsp.: 5’ - GAAUUC - 3’
3’ - CUUAAG - 5’
Der Vorteil der Haarnadelstruktur ist vermutlich unter anderem ihre Stabilität, die größer ist als bei einer freien, nicht gefalteten RNA. Anschließend rückt ein Mikroprozessor-Komplex an, bestehend aus einem Bindeprotein und einer RNAse III, genannt Drosha, der die pri-miRNA einkürzt und umbaut (prozessiert), so dass sie zu einer pre-miRNA wird, und die einzelnen ’Haarnadeln’ somit freisetzt. Sie werden vom Zellkern ins Cytoplasma transportiert. Dort kommt wiederum das Enzym Dicer ins Spiel: Es zerschneidet die doppelsträngige Haarnadelstruktur der pre-miRNA in kleine Einzelteile (ds-miRNA) von 21 bis 23 bp (Basenpaare) Länge, die anschließend in Einzelstränge getrennt werden. Sie stellen die reife miRNA (guide RNA) dar, die ähnlich wie bei der siRNA in einen Proteinkomplex aufgenommen wird, den Ribonukleoproteinkomplex (small interfering ribonucleoprotein particles, miRNP). Abhängig von der Übereinstimmung der Bindesequenzen der miRNA wird daraufhin die Translation bestimmter Gene entweder heruntergefahren (bei teilweiser Übereinstimmung der Sequenzen) oder komplett unterbunden (bei vollständiger Übereinstimmung). Dies führt in der Regel zur Zerstörung der geblockten mRNA. miRNA und siRNA arbeiten also ähnlich wie die Antisense-RNA, die eine zur mRNA komplementäre Basenabfolge besitzt und so durch Anlagerung die Translation der mRNA unterbindet.
Gen-Regulation über mi-RNA steuert bei Pflanzen unter anderem die Blütenbildung und das Wachstum. Die RNA-Interferenz wurde Anfang der 90er Jahre zufällig von einer Forschergruppe entdeckt, die eigentlich die Blütenfarbe von Petunien vertiefen wollte, statt dessen aber rein weiße Blüten bekam. Das Phänomen wurde damals zunächst als Cosuppression bezeichnet, bis durch weitere Forschung an dem Fadenwurm Caenorhabditis elegans die RNA-Interferenz entdeckt wurde. Das Forscherduo Andrew Fire und Craig Mello bekam dafür 2006 den Nobelpreis in Physiologie/Medizin.