T4-Lysozymkartoffel

Strategie gegen die Nassfäule

Anfang der neunziger Jahre wurde eine gentechnisch veränderte Kartoffel entwickelt, die widerstandfähiger gegenüber bakteriellen Schädlingen insbesondere der Nassfäule ist. Um diese Kartoffel wurde heftig gestritten, der erste Freisetzungsantrag von Seiten der Uni Hamburg aufgrund massiver Proteste zurückgezogen.

Von der Nassfäule befallene Kartoffel-Knollen.

Die Nassfäule ist eine verbreitete Kartoffelkrankheit. Das befallene Knollengewebe wird zu einer breiigen, zunehmend flüssigen faulen Masse, die - nur noch von der Schale zusammengehalten - schon bei leichtem Druck austritt. Vor allem bei Lagerkartoffeln breitet sich die Krankheit schnell aus. Auf dem Feld kann die Fäule auch auf die Stängel übergehen, der Stängelgrund wird weich und verfärbt sich schwarz (Schwarzbeinigkeit).

Verursacher der Nassfäule ist das Bakterium Erwinia Carotovora, das meist über Wunden ins Pflanzengewebe gelangt. Hat Erwinia erst die Barriere der schützenden Schale überwunden, werden die Abwehrkräfte der Kartoffel mobilisiert. Sie bildet so genannte Nekrosen, eine Schutzschicht aus abgestorbenen Zellen, d.h. sie zerstört eigene gesunde Zellen, um die Bakterien abzuwehren. In Mitteleuropa ist die Knollennassfäule zwar ein weniger großes Problem als etwa in Südamerika. Dennoch: Wirksame Strategien zu ihrer Bekämpfung gibt es bislang keine.

Lysozym: Wirkstoff gegen Bakterien

Das Prinzip der T4-Lysozym-Kartoffel ist, dass die Pflanze selber einen antibakteriellen Stoff produziert, mit dem sie sich vor Bakterien wie Erwinia Carotovora, dem Erreger der Nassfäule schützen kann. Lysozym ist ein Eiweiß, welches die Zellwand von Bakterien angreift und zu deren Auflösung führt. Lysozym befindet sich z.B. auch in der Tränenflüssigkeit, im Speichel und in der Muttermilch.

Das T4-Lysozym-Gen, welches in die Kartoffel eingebracht wurde, stammt aus einem Virus, der auf Bakterien spezialisiert ist, dem Bakteriophagen T4. Der Phage nutzt das T4-Lysozym, um Bakterien zu lysieren, d.h. aufzulösen. Ein weiteres Gen aus Gerste bewirkt, dass das Lysozym aus der Zelle in den Zellzwischenraum gebracht wird, dorthin, wo die Bakterien zuerst angreifen. Kartoffeln produzieren auch natürlicherweise Lysozym, allerdings nur in den Zellen, wo es nicht gegen die Bakterien wirken kann.

Die Entwicklung der T4-Lysozym-Kartoffel ist über Forschung und experimentelle Prüfung unter Freilandbedingungen nicht hinausgekommen. Eine Vermarktung wird heute nicht mehr angestrebt. Möglicherweise war die Wirksamkeit des Ansatzes nicht hoch genug, um die schwierigen Bedingungen für die Zulassung transgener Pflanzen in Kauf zu nehmen.