Benzoxazinoide bereiten den Boden

Mais hilft Weizen

25.10.2023 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Fruchtfolgen sind wichtige für den Ertrag und die Erhaltung der Bodenqualität. Doch wie genau die einzelnen Arten vom Anbau nacheinander profitieren, ist bisher nur wenig erforscht. (Bildquelle: © wurliburli / Pixabay)

Fruchtfolgen sind wichtige für den Ertrag und die Erhaltung der Bodenqualität. Doch wie genau die einzelnen Arten vom Anbau nacheinander profitieren, ist bisher nur wenig erforscht. (Bildquelle: © wurliburli / Pixabay)

Pflanzen geben über ihre Wurzeln Stoffe in den Boden ab, die dessen Eigenschaften verändern. Eine wichtige Rolle spielen dabei Benzoxazinoide, die von Maiswurzeln abgesondert werden. Wird zuerst Mais und im darauffolgenden Jahr Weizen angebaut, steigt dessen Ertrag um vier Prozent. Solche positiven Effekte von Fruchtfolgen könnten den Getreideanbau nachhaltiger machen – weil für das Ertragsplus kein zusätzlicher Dünger oder Pflanzenschutzmittel notwendig sind.

Seit Jahrhunderten setzten Landwirtinnen und Landwirte auf Fruchtfolgen. Das heißt, sie bauen auf einem Acker nicht immer die gleichen Feldfrüchte an, sondern wechseln von Jahr zu Jahr. Dadurch gibt es auf den Feldern weniger Schädlinge und Unkräuter - der Ertrag steigt. Bisher ist jedoch kaum erforscht, welche Mechanismen zu diesen positiven Effekten beitragen.

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Matthias Erb erforscht an der Universität Bern Biotische Interaktionen und hat die Experimente zur Fruchtfolge von Mais und Weizen geleitet.

Matthias Erb erforscht an der Universität Bern Biotische Interaktionen und hat die Experimente zur Fruchtfolge von Mais und Weizen geleitet.

Bildquelle: © Adrian Moser

Ein Forschungsteam unter der Leitung von Matthias Erb von der Universität Bern hat nun am Fall von Mais und Weizen untersucht, was genau bei dieser Fruchtfolge im Boden vor sich geht. Sie fanden heraus, dass die Maispflanzen Stoffe freisetzen, welche die Mikroorganismengesellschaft (Mikrobiom) im Boden verändern. Infolgedessen können Weizenpflanzen im nächsten Jahr in diesem Boden besser wachsen und der Ertrag erhöht sich um vier Prozent.

Mais mit und ohne Benzoxazinoide

Das Forschungsteam hatte eine Vermutung: Sogenannte Benzoxazinoide, die der Mais über seine Wurzeln in den Boden abscheiden, könnten dafür verantwortlich sein. Diese Stoffgruppe gehört zu den sekundären Pflanzenstoffen. Sie beeinflussen, welche Bakterien und Pilze in der Rhizosphere leben. Aufgrund ihrer Langlebigkeit überdauern sie bis ins nächste Jahr hinein. Sie schienen also ein plausibler Kandidat für die Ertragssteigerung der Weizenpflanzen zu sein.

Um diese These zu überprüfen, säten die Wissenschaftler:innen bei einem 2-jährigen Feldexperiment zwei unterschiedliche Maislinien aus: einmal einen Wildtyp (Wt) und einmal eine Linie, die keine Benzoxazinoide mehr herstellen kann (bx1-Mutante). Im nächsten Jahr ließen sie auf beiden Feldern drei unterschiedliche Winterweizensorten wachsen. Auf dem Feld, wo der Wildtyp-Mais gewachsen war, zeigte der Weizen ein schnelleres Auflaufen, eine verstärkte Bestockung, erhöhtes Wachstum und oberirdische Biomasse, einen höheren Chlorophyllgehalt sowie einen gesteigerten Ertrag. Außerdem wardas Schädlingsaufkommen geringer. Es scheint, als ob die Benzoxazinoide den Weizenpflanzen im nächsten Jahr einen Standortvorteil verschaffen. Doch was genau geht im Boden vor sich?

Benzoxazinoide bereiten den Boden vor

Um diese Frage zu beantworten, analysierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf allen Feldern, welche Mikroorganismen sich an der Wurzel, in der Rhizosphere und im Boden generell tummelten. Bei den Wt- und bx1-Maispflanzen fanden sie große Unterschiede in der Zusammensetzung des Wurzel-assoziierten-Mikrobioms. Diese Unterschiede verschwanden im Laufe der Zeit wieder. Zum Zeitpunkt der Weizenernte waren keine Effekte der Benzoxazinoide auf die Zusammensetzung der Bodenmikroben mehr zu finden.

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Das Weizenfeld auf dem Versuchsgeländer von Agroscope in Posieux.

Das Weizenfeld auf dem Versuchsgeländer von Agroscope in Posieux.

Bildquelle: © Valentin Gfeller

Anders sah es aus mit dem chemischen Fingerabdruck der Benzoxazinoide. Abbauprodukte dieser Stoffgruppe wie Methoxybenzoxazolinon (MBOA) und Methoxyaminophenoxazinon  (AMPO) überdauerte beide Anbauperioden. Daraus schlussfolgern die Forschenden, dass diese Stoffe den Boden für Weizen verbessern.

Gleiche Unkräuter, weniger Schadinsekten

Auch das Auftreten von Unkräutern und Schadinsekten im Weizen wurde begutachtet. Während die Unkräuter sich auf allen Feldern gleichermaßen ausbreiteten, gab es auf den Benzoxazinolid-haltigen Böden signifikant weniger Larven des wichtigsten Getreideschädlings Rothalsiges Getreidehähnchen (Oulema melanopus).

Obwohl weiterhin unverstanden bleibt, wie genau die Benzoxazinoide und Abbauprodukte den Weizenpflanzen helfen, sind die Forschenden zuversichtlich, dass ihre Erkenntnisse ein wichtiger Baustein hin zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft sind.

„Eine Ertragssteigerung von vier Prozent klingt nicht spektakulär, ist aber doch signifikant, wenn man bedenkt, wie schwer es mittlerweile ist, Weizenerträge ohne zusätzliche Inputs zu steigern“, sagt Matthias Erb. „Ob solche Effekte wirklich großflächig in der landwirtschaftlichen Anwendung einen Unterschied machen, muss sich aber erst noch zeigen, da der Ertrag auch von vielen anderen Faktoren abhängt.“


Quelle:
Gfeller V, Waelchli J, Pfister S, Deslandes-Hérold G, Mascher F, Glauser G, Aeby Y, Mestrot A, Robert CAM, Schlaeppi K, Erb M. Plant secondary metabolite-dependent plant-soil feedbacks can improve crop yield in the field. Elife. 2023 Aug 1. doi: 10.7554/eLife.84988

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Titelbild: Fruchtfolgen sind wichtige für den Ertrag und die Erhaltung der Bodenqualität. Doch wie genau die einzelnen Arten vom Anbau nacheinander profitieren, ist bisher nur wenig erforscht. (Bildquelle: © wurliburli / Pixabay)