Wurzel-Mikrobiom sorgt für Mineralstoffbalance

Wurzeldiffusionsbarrieren werden von Bakterien beeinflusst

21.12.2020 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

An den Wurzeln interagieren Pflanze (hier: Kresse) und Mikrobiota bei der Regulation des Nährstoffgleichgewichts der Pflanze. (Bildquelle: © stux / Pixabay / CC0)

An den Wurzeln interagieren Pflanze (hier: Kresse) und Mikrobiota bei der Regulation des Nährstoffgleichgewichts der Pflanze. (Bildquelle: © stux / Pixabay / CC0)

Eine neue Studie zeigt, dass Gene mit endodermaler Funktion die Zusammensetzung des Mikrobioms beeinflussen und umgekehrt Bodenmikroorganismen die Diffusionsbarrieren der Endodermis mitsteuern.

Zu wenig ist schlecht, zu viel aber auch: Pflanzen halten wie alle Organismen die aufgenommene Menge an Wasser und Nährstoffen in einem kontrollierten Gleichgewicht. Dazu besitzen sie spezialisierte Zellschichten, die Wurzelendodermis und in einigen Fällen auch die Exodermis. Die Mechanismen dieser Wurzeldiffusionsbarrieren sind in der Pflanzenforschung bereits gut beschrieben, allerdings ohne den Einfluss von Bodenmikroorganismen zu berücksichtigen. Denn in der Realität sind diese Zellschichten von zahlreichen Mikroorganismen besiedelt, die mit den Pflanzenwurzeln interagieren. Eine neue Studie zeigt nun, dass das Wurzelmikrobiom auch die Eigenschaften der Diffusionsbarrieren und damit das Nährstoffgleichgewicht der Pflanze beeinflussen.

Casparischer Streifen und Suberinablagerungen

Ein internationales Forschungsteam hat sich die Endodermis der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) näher angesehen. Darin gibt es zwei Arten von Diffusionsbarrieren: den Casparischen Streifen, der aus Ligninbändern besteht und die endodermalen Zellen umschließt. Hinzu kommen Ablagerungen aus dem hydrophoben, korkartigen Polymer Suberin zwischen der Zellwand und der Plasmamembran der endodermalen Zellen. Die Suberin-Ablagerungen verändern sich als Antwort auf Nährstoffmangel, gesteuert durch die Pflanzenhormone Ethylen und Abscisinsäure. Für die Studie verglichen die Fachleute den Wildtyp und mehrere Mutanten, bei denen Gene der Wurzeldiffusionsbarriere über- oder unterexprimiert werden.

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Ein internationales Forschungsteam hat sich die Endodermis der Ackerschmalwand näher angesehen und herausgefunden, dass sich die bakterielle Gemeinschaft abhängig von den Genotypen der Wurzeldiffusionsbarriere signifikant unterscheidet.

Ein internationales Forschungsteam hat sich die Endodermis der Ackerschmalwand näher angesehen und herausgefunden, dass sich die bakterielle Gemeinschaft abhängig von den Genotypen der Wurzeldiffusionsbarriere signifikant unterscheidet.

Bildquelle: © iStock.com/HeitiPaves

Abhängig von den Genotypen der Wurzeldiffusionsbarriere unterschied sich die bakterielle Gemeinschaft signifikant, wie das Forschungsteam anhand von 16S-rRNA-Aplikon-Sequenzierungen nachweisen konnte. Selbst auf Agarplatten, auf denen der Effekt der Genotypen weniger ausgeprägt sein sollte, fanden sich diese Unterschiede in den Bakteriengemeinschaften. Betroffen davon waren erwartungsgemäß sowohl das Wurzel- als auch das Sprossmikrobiom.

Wurzeldiffusionsbarriere reguliert ihr Mikrobiom

Aus den Wurzel- und Sprossmikrobiota isolierten die WissenschaftlerInnen 41 taxonomisch diverse Bakterienstämme für die weiteren Experimente, deren Zusammensetzung repräsentativ für das natürliche Mikrobiom der Ackerschmalwand ist. Mit dieser Mischung inokulierte das Team neben dem Wildtyp auch sieben hinsichtlich der Wurzeldiffusionsbarriere unterschiedliche Genotypen.

Dabei bestätigten sich die zuvor gemachten Beobachtungen hinsichtlich der Etablierung einer pflanzengenotypischen Bakteriengemeinschaft. Verbunden mit den Unterschieden in Mikrobiom und Wurzeldiffusionsbarriere zeigten sich auch jeweils charakteristische Ausprägungen des Ionoms der Sprosse – also beim Mineral- und Nährstoffgehalt. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Teile der Wurzeldiffusionsbarriere die Zusammensetzung des Mikrobioms in Arabidopsis regulieren“, zieht die Studie eine Zwischenbilanz. „Somit könnte derselbe Mechanismus, der das Gleichgewicht der Mineralstoffe aufrechterhält, an der Zusammensetzung des Mikrobioms beteiligt sein.“

Anschließend untersuchten die ForscherInnen für 416 Bakterienstämme, die sie aus Wurzeln oder Sprossen der Ackerschmalwand isoliert hatten, wie diese einzeln die Wurzeldiffusionsbarriere beeinflussen. Jeder vierte sorgte für eine ungewöhnlich frühe, jeder 50. für eine ungewöhnlich späte Blockade der Diffusion von Propidiumiodid. Dieser Stoff dient als Durchlässigkeitstest, weil er gesunde Membranen nicht durchdringen kann. Einige Stämme veränderten zudem die endodermale Lignifikation. Demnach können einige der Bakterien die Entwicklung des Casparischen Streifens beeinflussen. Für sieben von zehn Stämmen fand die Studie das gleiche bei der Ablagerung von Suberin – auch hier sorgten die Mikroorganismen für signifikante Veränderungen. Allerdings bestand keine Korrelation zwischen den Einflüssen auf den Casparischen Streifen und jenen auf die Suberinablagerung.

Bakterien beeinflussen Mineralstoffbalance

Anhand der repräsentativen Auswahl der 41 Stämme analysierten die Fachleute, ob die Bakterien somit auch die Nährstoffzusammensetzung in der Pflanze verändern. Tatsächlich fanden sich in den Sprossen Gruppen mineralischer Nährstoffe, die durch die Bakterien jeweils erhöht, verringert oder unbeeinträchtigt waren. Dabei zeigte sich eine starke Korrelation mit dem Einfluss der Bakterien auf die Suberinablagerung. Weiterhin korrelierte eine starke bakterielle Besiedlung mit einer Zunahme der Suberinablagerung.

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Die unscheinbare Pflanze Arabidopsis thaliana ist die wichtigste Modellpflanze in der Pflanzenforschung. Warum das so ist erfahren Sie in dieser Bildstrecke.
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Bildquelle: © Jörg Abendroth / MPl für Entwicklungsbiologie

Offensichtlich profitiert die Ackerschmalwand von diesen Effekten: Bei einer Mangelversorgung mit Mineralstoffen kamen Pflanzen, die von der repräsentativen Bakteriengemeinschaft besiedelt waren, besser klar als unbesiedelte Pflanzen. Auch das Ionom der Sprosse spiegelte das wider. Folgerichtig kam es zu keinem positiven Mikrobiomeffekt, als das Forschungsteam Mutanten untersuchte, die kein Suberin akkumulieren können.

Abscisinsäure-Signalweg inhibiert

Um zu verstehen, auf welche Weise das Mikrobiom die Suberinablagerung beeinflusst, analysierten die WissenschaftlerInnen die Transkriptome der mit den 41 repräsentativen Stämmen besiedelten Pflanzen. Zum Vergleich zogen sie Mutanten heran, in denen der sogenannte Schengen-Signalweg konstitutiv aktiviert war, der zu einer Akkumulation von Suberin führt. Dabei zeigte sich, dass die Mikroorganismen den Signalweg der Abscisinsäure in der Endodermis inhibieren und damit die Suberinablagerung steuerten. Auf den Ethylen-Signalweg hatten die Bakterien hingegen keinen Einfluss. Vom Schengen-Signalweg ist der Effekt des Mikrobioms demnach unabhängig.

Abschließend demonstrierte das Team, dass die Beobachtungen auch für das natürliche Mikrobiom des Arabidopsis-Wildtyps gelten: Unter Salzstress bildeten besiedelte Pflanzen größere Blätter aus und lagerten weniger Suberin ein als unbesiedelte Pflanzen. Bei Pflanzen mit ausgeschaltetem Abscisinsäure-Signalweg zeigte sich dieser Effekt des Mikrobioms jedoch nicht. „Das belegt, dass die pflanzliche Mikrobiota ein essenzieller Bestandteil des regulatorischen Netzwerks der Wurzeldiffusionsbarriere in natürlichen Bedingungen ist“, resümieren die AutorInnen der Studie.

Da sich über den Genotyp der Pflanzen beeinflussen lässt, welche Bakterien im Wurzelraum bevorzugt siedeln, könne dies neue Wege eröffnen, Pflanzen an extremere Umweltbedingungen anzupassen, mehr Kohlenstoff im Boden abzulagern, einen höheren Nährstoffgehalt zu bilden oder weniger Giftstoffe aufzunehmen.


Quelle:
Salas-González, I. et al. (2020): Coordination between microbiota and root endodermis supports plant mineral nutrient homeostasis. In: Science, (19. November 2020), doi: 10.1126/science.abd0695.

Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:

Titelbild: An den Wurzeln interagieren Pflanze (hier: Kresse) und Mikrobiota bei der Regulation des Nährstoffgleichgewichts der Pflanze. (Bildquelle: © stux / Pixabay / CC0)