Gemeinsam stark statt nur egoistisch

Kooperative Pflanzenmerkmale stärken die Leistung der Gemeinschaft

22.09.2023 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Bis zu 400 Weizenpflanzen wachsen auf einem Quadratmeter Feld – die Konkurrenz um Sonnenlicht ist daher hoch. Den besten Ertrag liefern dann vor allem Pflanzen mit kooperativen Eigenschaften. (Bildquelle: © Pexels / Pixabay)

Bis zu 400 Weizenpflanzen wachsen auf einem Quadratmeter Feld – die Konkurrenz um Sonnenlicht ist daher hoch. Den besten Ertrag liefern dann vor allem Pflanzen mit kooperativen Eigenschaften. (Bildquelle: © Pexels / Pixabay)

Unsere Kulturpflanzen wachsen dichtgedrängt auf Feldern. Dadurch konkurrieren sie auch gegeneinander um Nährstoffe und Sonnenlicht. Doch den höchsten Ertrag liefern dann oft Pflanzen mit kooperativen Eigenschaften. Egoistische Verhaltensweisen, die nur die Fitness einer einzelnen Pflanze fördern, können hingegen sogar schädlich für die Gemeinschaftsleistung sein. Was bedeutet das für die Züchtung? 

Um den maximal möglichen Ertrag pro Fläche zu erreichen, wachsen unsere Kulturpflanzen dicht an dicht. Auf Weizenfeldern drängen sich meist zwischen 200 und 450 Pflanzen pro Quadratmeter. Dieser Wettbewerb um Sonnenlicht und Nährstoffe hat Auswirkungen auf Wachstum und Ertrag der Pflanzen.

„Landwirtschaft ist auf Gemeinschaftsleistung angewiesen“, erklärt Prof. Dr. Thorsten Schnurbusch, vom IPK Gatersleben. „Aber die Umwelt, in der Pflanzen angebaut werden, also ihre Ökologie im landwirtschaftlichen Kontext, ihre Agrarökologie, ist kaum erforscht und noch wenig verstanden. Es ist erstaunlich, wie wenig wir über die Wechselwirkungen zwischen Pflanzen wissen, die in einer dichten Gemeinschaft unter praxisnahen Anbaubedingungen wachsen.“ Vor allem der Einfluss der frühzeitigen und ständigen Beschattung der Pflanzen durch ihre Nachbarn hatte es Schnurbusch angetan. Wie veränderte sich dadurch die Leistungsfähigkeit der Weizenpflanzen?

Simulierter Schatten im Gewächshaus

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Landwirtschaft ist auf Gemeinschaftsleistung der Pflanzen eines Bestandes angewiesen. Forscher des IPK Leibniz-Instituts haben untersucht, wie das Verhalten einer einzelnen Weizenpflanze unter einschränkenden Lichtbedingungen die Leistung der Gemeinschaft beeinflusst.

Landwirtschaft ist auf Gemeinschaftsleistung der Pflanzen eines Bestandes angewiesen. Forscher des IPK Leibniz-Instituts haben untersucht, wie das Verhalten einer einzelnen Weizenpflanze unter einschränkenden Lichtbedingungen die Leistung der Gemeinschaft beeinflusst.

Bildquelle: © IPK Leibniz-Institut / T. Schnurbusch

Um das zu untersuchen, erzeugten die Wissenschaftler zunächst Introgressionslinien (IL), also Weizenpflanze, die ein kleines Stück Emmer-Erbgut in sich tragen. Diese neuen Gene aus dem wilden Weizenvorfahren sollten den Pflanzen möglichst unterschiedliche Eigenschaften verleihen. Anschließend ließen sie die Pflanzen einzeln in Töpfen im Gewächshaus und auf kleinen Feldern im Freiland wachsen.

Im Gewächshaus bekamen eine Gruppe von Pflanzen normales Sonnenlicht, bei der Vergleichsgruppe wurde Schatten simuliert. Dazu hatten die Wissenschaftler das Dach des Gewächshauses mit einer Folie beklebt, die große Teile des photosynthetisch aktiven Lichts – also blaue und rote Anteile – blockiert. „Durch die Simulation der Beschattung können wir uns den Bedingungen annähern, die Pflanzen in dichten Beständen auf dem Feld vorfinden, was für die Untersuchung und Auswahl von Pflanzen für höhere Getreideerträge hilfreich sein kann“, sagt Dr. Guy Golan, Erstautor der aktuellen Studie.

Auf der Suche nach der idealen Gemeinschaftspflanze

Insgesamt vermaßen die Wissenschaftler 24 verschiedene Eigenschaften der Pflanzen. Ihr Ergebnis: Im Schatten fiel der Ertrag bei den Pflanzen besonders gut aus, die ihre wenige Energie vorrangig in die Ausbildung der Körner steckten. Diejenigen Pflanzen hingegen, die sich vor allem aufs Wachstum konzentrierten, um mehr vom raren Sonnenlicht zu ergattern, zeigten einen geringeren Ertrag.

Im Freiland fanden die Wissenschaftler ganz ähnliche Ergebnisse. Das heißt: Es ist möglich, von Experimenten mit Einzelpflanzen unter simuliertem Schatten auf die Performance im Freiland zu schließen. Das sind gute Nachrichten für die Pflanzenzüchtung, denn somit lassen sich im

Gewächshaus bereits Pflanzen identifizieren, die gut mit einer dichten Aussaat zurechtkommen.

Alle Ressourcen in die Körner

„Weil sich die Anzahl der Körner sowohl im Schatten als auch bei einer sehr dichten Aussaht signifikant verringert, sollte man bei der Züchtung schon früh nach Genotypen Ausschau halten, die unter simuliertem Schatten weiterhin eine hohe Anzahl Körner bilden, weil dies ein vielversprechender Weg dahin ist, hochertragreiche Genotypen für den Freilandanbau zu identifizieren“, schreiben die Autoren in ihrer Studie.

In zukünftigen Experimenten soll auch untersucht werden, wie die Wurzeln der Pflanzen in Konkurrenz miteinander stehen und wie man hier die ertragreichsten Pflanzen für das „Gemeinschaftsleben“ auf dem Feld identifiziert.


Quelle:
Guy Golan et al. (2023): “Exploring the trade-off between individual fitness and community performance of wheat crops using simulated canopy shade.” In: Plant Cell Environ. 2023; 46:3144-3157. DOI: https://doi.org/10.1111/pce.14499

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Titelbild: Bis zu 400 Weizenpflanzen wachsen auf einem Quadratmeter Feld – die Konkurrenz um Sonnenlicht ist daher hoch. Den besten Ertrag liefern dann vor allem Pflanzen mit kooperativen Eigenschaften. (Bildquelle: © Pexels / Pixabay)