Klein und anspruchslos

Grüne Revolution 2.0: Geringere Stickstoffdüngung beim Weizen

30.05.2023 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Moderne Weizensorten sind kleinwüchsig und liefern gute Erträge. Allerdings verschlingen sie auch enorme Mengen an Stickstoff. Doch diese Eigenschaften lassen sich durch geschickte Züchtung entkoppeln! (Bildquelle: © Robin / Pixabay)

Moderne Weizensorten sind kleinwüchsig und liefern gute Erträge. Allerdings verschlingen sie auch enorme Mengen an Stickstoff. Doch diese Eigenschaften lassen sich durch geschickte Züchtung entkoppeln! (Bildquelle: © Robin / Pixabay)

Die Weizensorten der Grünen Revolution haben kurze, stabile Sprossachsen – brauchen allerdings auch sehr viel Stickstoffdünger - was problematisch für die Umwelt ist. Chinesische Forschende haben nun gezeigt, dass sich diese Eigenschaften entkoppeln lassen. Das ermöglicht die Züchtung von ertragreichen, kleinwüchsige Pflanzen mit besserer Stickstoffnutzungseffizienz.

Die Erträge unserer wichtigsten Nutzpflanzen haben sich seit der Grünen Revolution in den 1960er Jahren stark gesteigert. Während ein Hektar Weizen im Jahr 1960 etwa 3,5 Tonnen Körner lieferte, sind es heute mehr als doppelt so viel: rund 7,4 Tonnen. Eine der wichtigsten Eigenschaften der neuen Sorten sind ihre Kleinwüchsigkeit. Dadurch müssen die Pflanzen weniger Energie für das Wachstum der Sprossachse aufbringen. Auch sind kürzere Stängel weniger anfällig, bei starkem Wind umzuknicken.

Der Nachteil dieser Hochertragsorten ist jedoch ihr hoher Bedarf an kostspieligen Stickstoffdünger. Aber auch ökologisch ist der Düngereinsatz kritisch: Niederschlag kann Stickstoffsalze aus dem Boden waschen, die Gewässer und Grundwasser belasten. Forschende aus China haben nun gezeigt, dass sich mit Hilfe von Genomeditierung diese beiden Eigenschaften entkoppeln lassen.

R-e-z muss weg

Die Wissenschaftler analysierten zunächst QTLs von einer segregierenden Weizenpopulation. Sie fanden einen QTL namens r-e-z, der in Zusammenhang mit einem größeren Korngewicht steht. Weitere Analysen zeigten, dass es sich bei dem QTL um ein gelöschtes Fragment von etwa 500 Kilobasenpaaren Länge auf Chromosom 4B handelt.

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Wird Stickstoffdünger ausgewaschen, schädigt das Böden und Gewässer. Weizenpflanzen, die mit weniger Stickstoffdünger auskommen, wären daher gut für die Umwelt.

Wird Stickstoffdünger ausgewaschen, schädigt das Böden und Gewässer. Weizenpflanzen, die mit weniger Stickstoffdünger auskommen, wären daher gut für die Umwelt.

Bildquelle: © Myriams-Fotos / Pixabay

Ein direkter Vergleich zwischen fast-isogenen Linien mit beziehungsweise ohne r-e-z zeigte, dass die Pflanzen ohne r-e-z bessere agronomische Eigenschaften aufwiesen: eine kompaktere Architektur, dickere und stabilere Halme, größere Seitenblätter und Ähren sowie ein größeres Korngewicht. Außerdem kamen die Pflanzen ohne r-e-z viel besser mit weniger Stickstoff zurecht. „Die verbesserten Eigenschaften, die durch die Löschung von r-e-z entstehen, ähneln einer nahezu ideale Pflanzenarchitektur, wie sie für den nachhaltigen Weizenanbau notwendig ist“, schreiben die Autoren in ihrer Studie. In Feldversuchen ermittelten sie zwischen 6,48 und 15,2 Prozent mehr Ertrag.

Eine seltene Eigenschaft mit viel Potential

Doch welche molekularbiologischen Vorgänge stecken dahinter? R-e-z beinhaltet drei Gene: Rht-B1 (Reduced-height B1), EamA-B und ZnF-B. Rht-B1 unterdrückt das Wachstum von Sprossachse und Ähre sowie die Kornentwicklung. Außerdem erhöht es den Stickstoffbedarf der Pflanzen. ZnF-B hingegen hat einen positiven Einfluss auf den Stoffwechsel der Brassinosteroide (BR), steigert also das Längenwachstum der Sprossachse. Löscht man beide Gene, so entstehen dabei Pflanzen mit höherem Ertrag und einer besseren Stickstoffnutzungseffizienz. Unerwünschte negative Effekte, die durch die Löschung der drei Gene ausgelöst worden sein könnten, haben die Wissenschaftler nicht beobachtet.

Eine Genotypisierung von 556 modernen Weizen-Akzessionen aus der ganzen Welt zeigte, dass die r-e-z-Löschung nur in 12 chinesischen Weizen-Akzessionen zu finden war. Es handelt sich dabei also um eine seltene Eigenschaft, die jedoch in andere Weizensorten züchterisch eingeführt werden kann.

Basierend auf diesen Ergebnissen schlagen sie eine neue Züchtungsstrategie für Weizen vor: Mit Hilfe von CRISPR-Cas9 basierter Genomeditierung ließen sich Rht-B1 und ZnF-B aus Weizen löschen. Vermutlich handelt es sich bei ZnF um eine hochkonservierte Sequenz, die auch in anderen wichtigen Nutzpflanzen wie Reis und Mais vorhanden sein sollte. Es könnte also sein, dass sich die Ergebnisse dieser Studie auch noch auf andere Pflanzenarten übertragen lassen.


Quelle:
Song, L., Liu, J., Cao, B. et al. Reducing brassinosteroid signalling enhances grain yield in semi-dwarf wheat. Nature 617, 118–124 (2023). https://doi.org/10.1038/s41586-023-06023-6

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Titelbild: Moderne Weizensorten sind kleinwüchsig und liefern gute Erträge. Allerdings verschlingen sie auch enorme Mengen an Stickstoff. Doch diese Eigenschaften lassen sich durch geschickte Züchtung entkoppeln! (Bildquelle: © Robin / Pixabay)