2011: Internationales Jahr der Wälder
Sie bieten unzähligen Tier- und Pflanzenarten beste Lebensbedingungen. Sie liefern Rohstoffe, Nahrung, Wasser und Raum für Erholung. Und sie beeinflussen unser Klima maßgeblich: Um die enorme globale Bedeutung unserer Wälder hervorzuheben, haben die vereinten Nationen 2011 zum Internationalen Jahr der Wälder erklärt.
Als die Vereinten Nationen 2006 mit einer Resolution beschlossen, im Jahre 2011 die Wälder der Welt in den besonderen Fokus zu stellen, standen unter anderem die Biologische Vielfalt, Klimaänderungen, Bekämpfung der Wüstenbildung sowie die Bedeutung der Wälder und deren nachhaltiger Waldbewirtschaftung in der Entwicklungspolitik im Vordergrund. Weltweit wurden die Regierungen der Länder aufgerufen, sich mit entsprechenden Aktivitäten an der Kampagne zu beteiligen.
Allein in Deutschland wird das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) zusammen mit den Bundesländern und Kommunen sowie 60 Verbänden aus Naturschutz, Wirtschaft und Gesellschaft rund 5000 Veranstaltungen koordinieren, um die Aufmerksamkeit auf unsere Wälder zu lenken und Informationen zu vermitteln. Unterstützt wird das BMELV dabei durch das Kampagnenbüro bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Die vielen Aktivitäten und Akteure stehen dabei unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Christian Wulff.
Weltweite Bedeutung der Wälder
Die Wälder der Welt haben verschiedene Funktionen. So beeinflusst das Ökosystem Wald maßgeblich sowohl das regionale als auch das globale Klima, da es sich unter anderem positiv auf den Wasserkreislauf auswirkt und große Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) bindet. Zum Beispiel bindet eine einzige 100-jährige Eiche jährlich rund 5.000 Kilogramm CO2 in organischen Substanzen, wie Holz, Blättern und Rinde und gibt bis zu 4.500 Kilogramm Sauerstoff ab. Das entspricht dem Jahresbedarf von 11 Menschen. Die gleiche Eiche saugt mit den Wurzeln im gleichen Zeitraum 40.000 Liter Wasser aus dem Boden und verdunstet es wieder über die Blätter und filtert etwa eine Tonne Staub und Schadstoffe aus der Luft.
Durch nach wie vor durchgeführte Abholzung großer Flächen von Tropenwäldern entweicht entsprechend viel in den Bäumen gebundenes CO2 in die Atmosphäre, wo es den Treibhauseffekt auf Dauer wiederum verstärken kann. Auf diese Weise tragen Waldzerstörungen heutzutage mit rund 20 Prozent zu den globalen Emissionen von Treibhausgasen bei. Besonders kritisch wird die Abholzung von Waldflächen zur Nutzung als Ackerfläche für Energiepflanzen gesehen. Denn einerseits kann aus den angebauten Pflanzen erneuerbare Energie gewonnen werden, andererseits wird durch die Abholzung CO2 in großen Mengen an die Atmosphäre abgegeben. Außerdem stehen Energiepflanzen in Konkurrenz zu Nahrungspflanzen, für deren Anbau bei einer stark wachenden Weltbevölkerung ebenfalls große landwirtschaftliche Flächen benötigt werden.
Artenvielfalt
Über 70 Prozent der weltweiten Tier- und Pflanzenarten befinden sich in den Tropenwäldern. Somit wird deutlich, dass Wälder für die biologische Vielfalt in der Welt eine wichtige Rolle spielen. Mit deren weiteren Zerstörung würde daher auch ein großer Teil der Artenvielfalt noch in diesem Jahrhundert vernichtet werden. Pro Tag werden auf diese Weise schätzungsweise rund 100 Arten vernichtet.
Reduzierte Waldflächen können Armut verstärken
Für schätzungsweise 1,6 Milliarden Menschen, die in extremer Armut leben, ist der Wald die Existenzgrundlage. Weltweit werden laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) jedoch jährlich 13 Mio. Hektar Wald und damit deren Lebensgrundlage durch menschlichen Einfluss zerstört.
Für die Bekämpfung der Armut sind daher viele Länder auf den Wald angewiesen, dessen Flächen immer kleiner werden. Beispielsweise kochen und heizen 90 Prozent der Haushalte in Afrika mit Brennholz. Doch der Bedarf übersteigt teilweise die Regenerationsfähigkeit der Wälder deutlich. Für die Land- und Viehwirtschaft werden zudem viele Wald- in Ackerflächen umgewandelt. Und auch Waldbrände und illegal geschlagenes Holz tragen zusätzlich zur Verringerung der Waldbestände bei. Schnelles Bevölkerungswachstum und niedrige landwirtschaftliche Produktivität verschärfen die Situation entsprechend. Auch in Südamerika, wo die weltweit höchsten absoluten Entwaldungsraten verzeichnet werden, lässt sich eine enge Verbindung von Armut und Waldverlust feststellen.
Nicht zu vernachlässigen ist in diesem Zusammenhang der Wald als Lieferant für Nahrung. Speziell in Entwicklungsländern suchen sich viele Menschen im Wald nach Wildpflanzen und -tieren, die ihre Speisenauswahl vor allem in Zeiten von Ernteausfällen verbessern können.
Eine weitere Rolle spielen Wälder bei der Regulierung des Wasserhaushalts und beim Küstenzonenmanagement. So schützen beispielsweise Mangrovenwälder in Asien das Hinterland vor Flutkatastrophen, die sich aufgrund steigender Wasserpegel, die der Klimawandel verursacht, immer dramatischer auf das flache Delta-Land auswirken.
Wirtschaftsfaktor Holz
Und letztlich stellen die Wälder – bei nachhaltiger Nutzung - auch einen großen Wirtschaftsfaktor dar, da sie den nachwachsenden und umweltfreundlichen Rohstoff Holz liefern. Holz ist die Grundlage für zahlreiche Produkte, wie Baumaterial, Möbel, Papier oder Energieträger. Entsprechend entstehen durch die wirtschaftliche Nutzung von Holz zahlreiche Arbeitsplätze in der Forstwirtschaft und der verarbeitenden Industrie.
Bedeutung der Wälder in Deutschland
Im Gegensatz zur weltweiten Entwicklung hat die Waldfläche in Deutschland in den letzten vier Jahrzehnten um 1 Mio. Hektar zugenommen. Heute sind 31 Prozent der Landesfläche (11,1 Mio. Hektar) von Wald bedeckt. Dabei zeigen sich Veränderungen in der Waldbewirtschaftung in den letzten 15 Jahren. Es wurden verstärkt die standortgerechten, jedoch langsamer wachsenden Buchen und andere Laubbäume angepflanzt. Dagegen zeigt sich eine Abkehr von Nadelbäumen, mit denen in der Nachkriegszeit viele Flächen schnell aufgeforstet wurden, die jedoch in vielen Gegenden nicht standortgerecht sind. Die Anhebung des Anteils von Laub- und Mischwäldern soll auch in Zukunft ein Ziel der Forstwirtschaft sein, um ertragreiche und ökologisch wertvolle Wälder mit einer großen Artenvielfalt aufzubauen.
Die jährliche Aufnahme von CO2 in deutschen Wäldern wird auf etwa 80 Mio. Tonnen geschätzt.
Wald als naturnahes Ökosystem
Deutscher Wald ist bis auf kleine Ausnahmen kein unberührter Urwald mehr. Der Mensch hat sich die Wälder zunutze gemacht und sie entsprechend verändert. Dennoch sind unsere Wälder in großen Teilen naturnah. Vor allem die Bemühungen um eine nachhaltige Bewirtschaftung tragen dazu bei, dass trotz der dichten Besiedelung Deutschlands das Ökosystem Wald einer Vielzahl von zum Teil gefährdeten Tier- und Pflanzenarten Lebensmöglichkeiten bietet. Vor allem Pflanzenarten, die nährstoffärmere, durch mineralische Dünung nicht beeinflusste Standorte benötigen, finden im Wald einen naturnahen Lebensraum.
Gezielte Schutzmaßnahmen sollen die Artenvielfalt zusätzlich fördern. So wird unter anderem Totholz als Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten im Wald belassen, Waldränder werden aufgebaut und erhalten oder Sonderbiotope, wie Feuchtgebiete oder Heiden werden erhalten und gepflegt.
Gefahr für den Wald auch in Deutschland
Da Bäume sehr alt werden können, sind sie über Jahrzehnte zahlreichen abiotischen und biotischen Gefahren ausgesetzt. Sturm, Feuer, Schnee, Eis und Frost zählen zu den abiotischen Gefahren. Katastrophale Schäden können in diesem Rahmen Stürme anrichten. Auch eine standortgerechte Baumauswahl, ein geeigneter Waldaufbau sowie stabile Waldränder können Sturmschäden nur bedingt vorbeugen.
Biotische Gefahren entstehen dagegen vor allem durch Insekten, insbesondere durch Borkenkäfer und Schmetterlinge.
Seit Mitte der Siebziger Jahre kommen noch die neuartigen Waldschäden aufgrund von Luftverunreinigungen aus Industrieanlagen, Verkehr, Kleinverbraucher, Haushalten und Landwirtschaft als Gefahr dazu. Vor allem die Veränderungen der Waldböden führen zu großen Schäden an den Bäumen. Die in den 80er Jahren stark erhöhten Eintragungsraten von Schwefel sind mittlerweile deutlich zurückgegangen. Die Einträge von Stickstoffverbindungen sind dagegen nahezu unverändert. In der Folge droht eine Versauerung der Böden und damit ein Verlust ihrer Filterwirkung. Bäume werden sichtbar krank, das heißt sie tragen weniger Blätter bzw. Nadeln als gesunde Bäume. Bei der Waldschadenserhebung 2009 waren nur noch 36 Prozent der Bäume gesund.
Weitere Gefahren drohen den deutschen Wäldern durch den Klimawandel. Bei Hitzeperioden leiden die Bäume unter Trockenstress und vermehrten Schäden durch Insektenfraß. Der verstärkte Umbau zu naturnahen Mischwäldern könnte hier in Zukunft helfen, dass die Wälder mit der globalen Erwärmung besser zurecht kommen.
Forstwirtschaft als Wirtschaftsfaktor
90 Prozent der Forstwirtschaft wird mit der Nutzung von Holz erwirtschaftet. Daneben können Einnahmen aus der Jagd und Fischerei sowie aus forstlichen Nebenprodukten, wie Saatgut, Schmuckreisig, Weihnachtsbäume und die gewerbliche Nutzung von Pilzen, Beeren und Waldfrüchten einen attraktiven Nebenverdienst bedeuten.
Mit 3,4 Mrd. Kubikmeter Holzvorrat, die in unseren Wäldern gebunden sind, verfügt Deutschland über die höchsten Holzvorräte in Europa. Damit wird Holz zu einer bedeutenden Rohstoffquelle und die Forstwirtschaft zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor.
Im Bereich Forst, Holz und Papier erwirtschaften in Deutschland etwa 1,2 Mio. Arbeitskräfte einen Jahresumsatz von rund 168 Mrd. Euro (2008). Vor allem Klein- und Mittelbetriebe im ländlichen Raum sind daran beteiligt. 2006 lag der Gesamtumsatzanteil der Branche an der Gesamtwirtschaft bei etwa 3,4 Prozent.
Nachhaltigkeit wird groß geschrieben
Mit dem Prinzip der Nachhaltigkeit sollen die vielfältigen Leistungen des Waldes andauernd und optimal zum Nutzen der gegenwärtigen und zukünftigen Generationen sicher gestellt werden. Damit ist nicht nur die Erhaltung von Holz sondern von sämtlichen Funktionen des Waldes gemeint. Um das Ziel erreichen zu können, wird nach verschiedenen Grundsätzen gewirtschaftet. Dazu gehören beispielsweise die Erhaltung und der Aufbau strukturreicher Mischwälder, der Anbau standortgerechter Baumarten, weitgehender Verzicht auf Kahlschläge, Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit oder bestandschonende Ernte. Unterstützt wird die nachhaltige Waldwirtschaft durch verschiedene Zertifizierungssysteme ebenso wie eine 200jährige forstwirtschaftliche Tradition.
Chemische Pflanzenschutzmittel werden nur in Ausnahmefällen eingesetzt, wenn ganze Waldbestände bedroht sind. Ansonsten werden die Waldbestände vor allem durch vorbeugende Maßnahmen vor Schaderregern geschützt. Dazu gehören beispielsweise die Beseitigung von Borkenkäferbrutstätten oder der Einsatz von Lockstofffallen.
Um die genetische Vielfalt des Ökosystems Wald zu erhalten werden z.B. von Bund und Ländern genetisch wertvolle Waldbestände erhalten, Samenplantagen angelegt, Saatgut, Pollen und Gewebe in Genbanken eingelagert und forstgenetischen Ressourcen weiter erforscht.
Erholung im Wald
Schließlich sollte die Bedeutung der Wälder in Deutschland als Naherholungsgebiet nicht unterschätzt werden. Attraktive Ausflugsziele mit ausgeglichenem Lokalklima, Ruhe und vielfältigen Waldbildern liefern die Grundlage für eine gesunde Freizeitgestaltung mit viel Bewegung und Entspannung.
Weiterer Forschungsbedarf
Verschiedene Aspekte der Wälder bieten immer noch ein großes Forschungsfeld. In Deutschland ist nachhaltige Forstwirtschaft ein großer Schwerpunkt. Aufbau und Erhaltung naturnaher Mischwälder wird in Zukunft ein großes Ziel sein, das mit entsprechenden Forschungsprojekten unterstützt werden kann. Auch die Erhaltung und Verbesserung der Artenvielfalt in deutschen Wäldern will erforscht werden und wie bereits erwähnt ist auch die Erforschung forstgenetischer Ressourcen ein weiteres Feld. Zudem müssen weitere Ursachen des Waldsterbens noch herausgefunden werden, um erkrankte Bestände besser schützen zu können.
Weltweit liegt ein hoher Forschungsbedarf sowohl beim Klimawandel und dessen Einfluss auf die Wälder als auch bei der Erhaltung der bedrohten Artenvielfalt.
Das Jahr der Wälder 2011 soll unter dem Motto „Entdecken Sie unser Waldkulturerbe“ sowohl global als auch regional den Wald ins Blickfeld der Menschen rücken. Unsere Verantwortung ist groß, denn wir brauchen den Wald aus den unterschiedlichsten Gründen zum Überleben - in Industrieländern ebenso wie in Schwellen- oder Entwicklungsländern.
Quellen:
- Fakten rund um das Waldkulturerbe
- BMELV – Broschüre: Unser Wald
- Waldbericht der Bundesregierung 2009
- International yaer of forests 2011
- UN-Resolution 61/193
Anregungen zum Weiterlesen:
- BMELV: Ergebnisse der Waldzustandserhebung 2012
- „Nachhaltige Landwirtschaft“ – Der Förderschwerpunkt
- Bundeswaldinventur – Baumartenverteilung – Waldfläche nach Bundesländern
- Wikipedia: Forstwirtschaft
- ZEIT: Wie steht es um den deutschen Wald?
Titelbild: Wälder haben eine enorme weltweite Bedeutung (Quelle: © Pia Reyelt / www.pixelio.de)