Exzellenzcluster PhenoRob
Die Digitalisierung der Landwirtschaft geht auch in Corona-Zeiten weiter
Die Landwirtschaft der Zukunft – wie soll sie gestaltet werden? Welche Maßnahmen sind notwendig, um unsere Kulturpflanzen vor Hitze, Trockenheit und Krankheitserregern zu schützen? Und welche technischen Innovationen können hilfreich sein, um große Pestizidmengen und eine hohe Nitratbelastung in Böden zu vermeiden? Forscher des Exzellenzclusters „PhenoRob - Robotik und Phänotypisierung für Nachhaltige Nutzpflanzenproduktion“ wollen Antworten liefern – in Corona-Zeiten eine doppelte Herausforderung.
Forschen in der Corona-Krise stellt auch die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Campus Klein-Altendorf der Universität Bonn vor neue Herausforderungen. Denn ihre Feldversuche erfordern normalerweise enge Teamarbeit zwischen allen Beteiligten. Gerade jetzt im Frühling gibt es keine Zeit zu verlieren: Die Aussaat der Pflanzen steht an und – Corona hin oder her – das Zeitfenster, das die Natur vorgibt, ist kurz. Können die Samen nicht rechtzeitig auf die Versuchsfelder ausgebracht werden, müssen die Wissenschaftler auf das nächste Frühjahr warten.
Forschen für die Zukunft der Landwirtschaft
An 15 Standorten sollte seit Anfang März gesät und der Startschuss für die unterschiedlichen Feldexperimente gegeben werden. Das Ziel: Eine produktivere, ressourcen-effizientere und nachhaltigere Nutzpflanzenproduktion. Das Exzellenzcluster „PhenoRob“ forscht an Methoden und neuen Technologien, um Pflanzen zu beobachten, zu analysieren, besser zu verstehen und gezielt zu behandeln.
Die Felder werden dazu mit Drohnen aus der Luft sowie vom Boden aus überwacht. Computer verarbeiten deren Sensordaten und Roboter können dann automatisch einzelne Pflanzen ansteuern und behandeln. Das außergewöhnliche Projekt vereint also Robotik, Digitalisierung und maschinelles Lernen mit moderner Phänotypisierung, Modellierung und Pflanzenproduktion.
Corona-Krise erfordert neue Arbeitsweisen
Damit die Experimente des PhenoRob-Teams nun trotz Corona-Beschränkungen noch anlaufen konnten, wurde ein Konzept entwickelt, dass die Aussaat auch unter den neuen Sicherheitsbedingungen ermöglicht. Intensive Beratung und etwas Umplanung waren nötig, da die Wissenschaftler unter normalen Bedingungen auch räumlich mit den Technikern eng zusammenarbeiten.
Uwe Rascher vom Forschungszentrum Jülich, eine der am Projekt beteiligten Institutionen, erklärt: „Man trifft sich am Feld und macht die Arbeit gemeinsam. Um sich auszutauschen und um sicher zu gehen, dass auch die richtigen Samen in die dafür vorgesehene Parzelle kommen.“ Nun aber müssen Techniker und Wissenschaftler im Alleingang und nach einem vorgegebenen Schichtsystem arbeiten. Ein Umstand, der sehr viel Zeit und zusätzliche Kommunikation erfordert.
Mit einer neu eingerichteten Plattform stimmt man sich nun auf digitalem Wege ab. Dies gilt auch für die unmittelbare Arbeit auf dem Feld: „Gut, dass wir vor einigen Jahren dafür gesorgt haben, dass es eine stabile Internetverbindung mit WLAN am Campus Klein-Altendorf gibt“, meint Uwe Rascher. „So können wir nun sogar mit FaceTime direkt vom Feld miteinander sprechen und Livebilder senden.“ Dies hat sogar den Vorteil, dass Daten im Gegensatz zu vorher direkt dokumentiert werden.
So konnte ein Großteil der Pflanzen, darunter Sommerweizen und Zuckerrübe, bereits im letzten Monat gesät werden. Lasse Klingbeil, Forscher bei PhenoRob am Institut für Geodäsie und Geoinformation, ist erleichtert: „Wir möchten besonders dem Team am Campus Klein-Altendorf danken, das mit großem Engagement daran arbeitet, die PhenoRob-Experimente in Zeiten des Coronavirus zu ermöglichen.“
Datenerhebung per Drohne und Roboter
Viele ihrer Daten erhebt das PhenoRob-Team heute schon von der Luft aus: Speziell entwickelte Drohnen überfliegen die Felder nach der Aussaat und dokumentieren beispielsweise Wachstum und Gestalt der einzelnen Pflanzen im Verlauf ihrer Vegetationsperiode. So sollen 4-D-Modelle entstehen, die später in Simulationen genutzt werden. Sie geben Aufschluss darüber, wie es um die einzelnen Pflanzen auf dem Feld bestellt ist.
Weitere Analysen, nach dem Vorbild der Fernerkundung, werden mithilfe von spektral auflösenden Verfahren durchgeführt. So kann beispielsweise Wassermangel oder Krankheit an einer Pflanze anhand von Verfärbungen der Blätter früher als mit dem menschlichen Auge erkannt werden. Für die kommenden Jahre ist zusätzlich der Einsatz speziell programmierter Roboter am Boden geplant.
Corona-Beschränkungen verringern Datendichte und -qualität
Leider werden die Wissenschaftler dieses Jahr aber auch auf wertvolle Daten verzichten müssen. So wird der jährliche Masterkurs mit 15-20 Studenten nur online stattfinden – und eine Begleitung ins Feld für zusätzliche Datenerhebungen nicht möglich sein. Auch internationale Forscherinnen und Forscher können sich in Corona-Zeiten leider nicht an dem Projekt beteiligen.
Weiterführende Informationen:
- Website: www.phenorob.de
- Beschreibung: Exzellenzcluster „PhenoRob“ (2020)
Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:
- Die digitale Landwirtschaft der Zukunft - Neues Forschungsprojekt „DAKIS“ gestartet
- Moderne Züchtung benötigt Hochdurchsatz-Phänotypisierung - Automatisierung und moderne Bilderfassung erhöhen das Tempo
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Titelbild: Im Rahmen des Exzellenzclusters „PhenoRob - Robotik und Phänotypisierung für Nachhaltige Nutzpflanzenproduktion“ werden Felder aus der Luft sowie vom Boden aus überwacht. Hier steuert Doktorand Jan Weyler eine Forschungs-Drohne. (Bildquelle: © PhenoRob/Uni Bonn)