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Stoffwechsel in Spross und Wurzel wird bei Dürre entgegengesetzt reguliert
Bei langer Trockenheit regulieren Pflanzen ihren Stoffwechsel auf ganz besondere Art. Der Spross hört auf zu wachsen und geht in den Sparmodus, die Wurzeln hingegen kurbeln das Wachstum an, um möglichst viel Wasser aufnehmen zu können. Mit dieser Taktik gelingt es Pflanzen, die negativen Effekte der Dürre für kurze Zeit abzupuffern.
Der Sommer 2014 war verregnet und kalt. Niemand in Deutschland käme in einem solchen Jahr auf die Idee, dass Trockenheit und Dürre eines der drängendsten Probleme der Landwirtschaft sein könnten. Und doch ist genau das der Fall. Im Zuge der Klimaerwärmung wird sich die Häufigkeit und Dauer von Dürren erhöhen und immer mehr Regionen werden davon betroffen sein.
Wer in Dürre-Perioden überleben will, muss Wasser sparen. Das bedeutet bei Pflanzen: Stomata schließen, nichts verdunsten lassen und dann auf den nächsten Regen warten. Wenn der partout nicht kommen will, müssen noch andere Mechanismen her. Wissenschaftler berichten jetzt in Nature Scientific Reports, dass Pflanzen sich durch geschickte Umverteilung von Ressourcen vor einem schnellen Austrocknen schützen. Während der Spross sein Wachstum bremst um den Verbrauch von Wasser und Nährstoffen zu minimieren, erhöhen die Wurzeln ihr Wachstum um mehr Wasser und Nährstoffe aufnehmen zu können.
Pflanzen gelingt die optimale Ressourcenverteilung
Primäremetabolite, die normalerweise vorrangig im photosynthetisch aktiven Gewebe des Sprosses zu finden sind, werden bei Trockenheit vermehrt in den Wurzeln synthetisiert beziehungsweise dorthin transportiert. Außerdem stellen die Pflanzen generell mehr Kohlenstoff für solche Stoffwechselwege zur Verfügung, die für die Anpassung an Trockenstress wichtig sind. Terpene waren die Metabolite, die am stärksten auf Dürre reagierten. Ihre Funktion ist umstritten, sie scheinen aber in Schutzmechanismen gegen biotischen und abiotischen Stress involviert zu sein.
Die Forscher untersuchten zwei Gräser, das Wollige Honiggras (Holcus lanatus) und den Wiesen-Fuchsschwanz (Alopecurus pratensis), die häufig auf halbnatürlichen Wiesen in Zentraleuropa anzutreffen sind. Mit Plastikplanen schirmten sie einige Wiesenstücke vom Regen ab und simulierten so eine 42tägige Dürre im Zeitraum von Juli bis September.
Am Anfang und am Ende des Experiments entnahmen sie Proben aus der Blattspreite und den Feinwurzeln, jeweils von bewässerten und unbewässerten Pflanzen. Dann maßen sie sowohl das Metabolom, also alle Stoffwechselverbindungen, als auch den Anteil wichtiger Nährstoffe wie Kohlenstoff, Stickstoff, Phosphor und Kalium. Die Messungen waren Teil der EVENT-Experimente an der Universität Bayreuth, in denen die Auswirkungen von extremen Klimaereignissen auf die Pflanzenwelt untersucht werden.
Auch das Grundwasser geht zur Neige
Doch Dürre und Starkregen sind nicht die einzigen Sorgenkinder der globalen Landwirtschaft. Zu den unregelmäßigen Niederschlägen gesellt sich noch ein weiteres Problem, das bisher in den Medien noch viel weniger Aufmerksamkeit erhält: Die Grundwasserreserven gehen zur Neige. Das ist deshalb so alarmierend, weil Grundwasser eben immer dann einspringt, wenn Niederschläge ausbleiben. Wenn es nicht regnet, bewässern Bauern ihre Felder mit Wasser, das sie vorher aus dem Erdboden gepumpt haben. Das unterirdische Wasser ist unsere eiserne Reserve, die zusehends schrumpft.
Besonders in den ariden und semi-ariden Regionen sinkt der Grundwasserspiegel zurzeit um mehrere Millimeter pro Jahr. Das entspricht mehreren Milliarden Kubikmetern Wasser, die abgepumpt werden, sich aber nie wieder regenerieren. Die existierenden Brunnen versiegen, es wird immer tiefer gebohrt, bis die unterirdischen Wasserbecken irgendwann komplett ausgetrocknet sind.
Möglich ist das, weil der Verbrauch von Grundwasser bisher kaum beaufsichtigt oder geregelt wird. Es existieren kaum nationale oder gar grenzübergreifende Überwachungssysteme die registrieren, wer, wann, wie viel Wasser entnimmt.
Und wer kann es den Bauern auch verübeln, wenn sie ihre Felder bewässern, anstatt die Ernte vertrocknen zu lassen? Es ist deshalb wichtig, dass die Landwirtschaft effizienter im Umgang mit Wasser wird. Dazu gehören auch Pflanzen, die sparsamer mit Wasser umgehen.
Quellen:
- Gargallo-Garriga A., et al. (2014): Opposite metabolic responses of shoots and roots to drought. In: Scientific Reports 4: 6829, (29. Oktober 2014), doi: 10.1038/srep06829.
- Famiglietti J. S. (2014): The global groundwater crisis. In: Nature Climate Change 4, 945-948, (29. Oktober 2014), doi: 10.1038/nclimate2425.
Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:
- Überleben in der Dürre kann man lernen - Pflanzen „merken“ sich Stress-Erfahrungen
- Auf der Suche nach Wasser – Klimawandel verschiebt Lebensraum von Pflanzen in tiefer gelegene Regionen
- Welche Pflanzen überleben den Klimawandel?
Titelbild: Wurzeln und Spross reagieren auf Trockenheit ganz unterschiedlich. Während in den oberirdischen Pflanzenteile der Stoffwechsel heruntergefahren wird, kurbeln die Wurzeln ihr Wachstum an, um vielleicht doch noch auf Wasserreserven zu stoßen. (Bildquelle: © el2ror - Fotolia.com)