Produktion von Maisethanol in der Kritik
Mehr als ein Drittel der Maisernte in den USA werden 2010 voraussichtlich für die Produktion von Bioethanol verwendet werden. Diese Menge soll die USA unabhängiger von Erdöl machen und den Kohlendioxid (CO2)-Ausstoß senken. Forscher untersuchten, wie klimafreundlich Maisethanol in Amerika wirklich ist.
Wissenschaftler der Purdue University haben ein Modell erstellt, das den CO2-Ausstoß während der gesamten Maisethanol-Produktion in den USA aufzeigt. Dabei wird deutlich, dass bei der Verbrennung von Bioethanol zwar kein CO2 aus fossilen Quellen frei wird. Doch die Entstehung von Treibhausgasen während der Produktion vom Anbau bis zur Ethanolherstellung sei erheblich. Damit relativieren sich die erwarteten positiven Umweltargumente des Bioethanols.
Seit einem Regierungsentscheid 2007 zur Erhöhung des Biospritanteils im Benzin und entsprechenden Subventionen wird in den USA verstärkt Mais für die Bioethanolproduktion angebaut. 2010 werden voraussichtlich 335 Millionen Tonnen Mais für Biosprit verwendet, was mehr als einem Drittel der gesamten US-Maisernte entspricht. Bis 2015 dürfte dieser Anteil weiter steigen. Experten schätzen, dass dann die Hälfte der US Maisproduktion in den Kraftverkehr fließt. Bereits seit einigen Jahren sind die USA noch vor Brasilien der größte Bioethanolproduzent weltweit.
Für den sich daraus ergebenden gesteigerten Anbau von Mais werden zusätzliche Landflächen benötigt. Diese fehlen dann für den Anbau von Nahrungsmittel und müssen dann in anderen Regionen gesucht werden. Im Extremfall, so die Forscher, würde für die Nutzung neuer Landflächen z.B. Regenwald in Brasilien abgeholzt werden. Diese Verlagerung wird als indirekte Landnutzungsänderung bezeichnet. Diese Landnutzungsänderungen würden zu verstärkten CO2-Emissionen führen. Wälder binden große Mengen CO2 in ihrer Biomasse. Durch die Abholzung wird dieses Kohlendioxid frei. Neben diesen indirekten Effekten spielen direkte CO2 Emission eine Rolle. Diese entstehen bei der landwirtschaftlichen Produktion, zum Beispiel bei der Bodenbearbeitung. Durch das pflügen entweicht im Acker gebundenes CO2 in die Atmosphäre. Andererseits können Düngemittel und hier vor allem Stickstoff als Mineral oder Wirtschaftsdünger ausgebracht in klimaschädigendes Lachgas (Stickstoffmonoxid) umgewandelt werden. Lachgas ist in seiner Klimawirkung annähernd 300mal so wirksam wie Kohlendioxid. Die Landwirtschaft ist global die Hauptemissionsquelle für Lachgas.
Auch die Überdüngung, die der Anbau in Monokulturen verstärkt, könnte ein weiteres Problem in der Produktion von Maisethanol darstellen. Durch Regen können Stickstoff und Phosphor aus den Düngern ausgewaschen werden und über Flüsse und Seen ins Meer gelangen. Ein übermäßiges Algenwachstum wäre die Folge. Wer hier an eine ausgeleichende Biomassebindung von CO2 glaubt, denkt in zu kurzfristigen Zeiträumen, denn bei der Zersetzung der Algen durch Bakterien werden große Mengen Sauerstoff benötigt. Dieser wird dem Meer entzogen. So zeigt sich bereits heute im Mississippi-Mündungsgebiet im Golf von Mexiko ein Gebiet mit so sauerstoffarmem Wasser, dass höhere Organismen wie Fische, Krebse und Garnelen nicht mehr überleben können. Die Ursache, so vermuten die Forscher, liegt in der intensiven Landwirtschaft im mittleren Westen der USA. Forscher der University of Maryland berichten aktuell in der Fachzeitschrift "Science", dass diese sauerstoffarmen Meeresgebiete die Ozonschicht beschädigen und zur globalen Erwärmung beitragen. Der Grund dafür sei die hohe Lachgasproduktion von sauerstoffarmen Wasser.
Entscheidend ist somit, dass Biokraftstoffe nicht per se auch ein Erfolg für die Umwelt sind. Nur wenn die Produktion und Verarbeitung nachhaltig erfolgen, wird dieser positive Effekt erzielt. Aus diesem Grund verlangt die EU und viele ihrer Mitgliedsstaaten in den Richtlinien für Erneuerbare Energien die Durchsetzung von definierten und nachweisbaren Nachhaltigkeitsstandards. Erste Zertifizierungssysteme zum Nachweis dieser Prinzipien existieren und haben teilweise eine Anerkennung durch Zulassungsbehörden erfahren. Prominentestes Beispiel ist das ISCC LINK System. Dieses wurde im Rahmen eines mehrjährigen Forschungsprojektes der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe des BMELV bis zur Praxistauglichkeit entwickelt. Die Besonderheit des ISCC Systems ist, dass nicht nur Anbauer, Handelsorganisationen und Verarbeiter sondern auch Umweltverbände in den Prozess frühzeitig eingebunden waren und diesen gemeinsam entwickelten.
EU Prinzipien zur Nachhaltigkeit von Biokraftstoffen
- Einsparung von Treibhausgasen von mindestens 35% ab sofort und 60% ab 2017 (Altanlagen 50%)
- Minimierung negativer Folgen von indirekter und direkter Landnutzungsänderung
- Erhaltung der Biodiversität und von Lebensräumen mit einem hohen Natur-schutzwert
- Erhaltung bestehender Kohlenstoffsenken wie Feucht- oder Waldgebiete
- Schutz von Boden, Wasser und Luft
- Anreize für die Produktion auf degradierten und rekultivierten Flächen
- Anreize für eine nachhaltige Bewirtschaftungspraxis, die die Rolle des Bodens als Kohlenstoffspeicher betont
- Verminderung der Treibhausgasemissionen durch eine insgesamt verbesserte landwirtschaftliche Praxis
- Berücksichtigung von sozioökonomischen Aspekten und Kontrolle der Einhaltung von Sozialstandards
Kraftstoffe der zweiten und dritten Generation sind bereits in der Entwicklung. Mit der Marktreife rechnen Experten ab 2016/2017. Für deren Herstellung können Abfälle aber auch landwirtschaftliche Reststoffe oder spezielle angebaute Energiepflanzen genutzt werden. Die Ganzpflanzennutzung wird durch das Aufbrechen schwer zugänglicher Zellulosebausteine, die Gerüstsubstanz in den Pflanzenzellwänden, möglich.
Biokraftstoff der ersten und zweiten Generation
Maisethanol ist ein Kraftstoff der ersten Generation, der aus einem nachwachsenden Rohstoff hergestellt wird. Die Maisstärke lässt sich zu einem Kraftstoff verarbeiten, der Benzin in modernen Verbrennungsmotoren ersetzen kann. Maisethanol stellt nur einen ersten Schritt auf dem Weg zu alternativen Energieträgern dar. Ein großer Vorteil ist, dass bereits die Biokraftstoffe der ersten Generation begrenzte, fossile Ressourcen schonen und sich dieser reibungslos in die vorhandenen Infrastrukturen, wie z.B. Tankstellennetze integrieren lässt. Auch können diese von herkömmlichen Antriebskonzepten wie Otto- oder Dieselmotoren genutzt werden.
Biokraftstoff der ersten Generation lässt sich relativ günstig herstellen und entsprechend vermarkten. Ungleich höher waren bisher die Kosten für die Herstellung von Biokraftstoffen der zweiten Generation. Vor allem der Einsatz von Enzymen, die Biomasse zu Kraftstoff umwandeln können, sind mit erheblichen Kosten verbunden. Doch aktuell sind große Fortschritte in der technologischen Herstellung gemacht worden, um die Kosten deutlich zu senken. Auch die Zusammenarbeit zwischen Zulieferern und verschiedene Formen staatlicher Unterstützung helfen, die Kosten zu senken und auf Dauer eine kommerzielle Nutzung von Biokraftstoffen der zweiten Generation zu erreichen.
Anregungen zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:
- Bakterien als Treibstoffproduzent
- Enzyme verwandeln Abfall in Biotreibstoff
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- Nachwachsende Energie aus Pflanzen
Titelbild: Mais. (Bildquelle: © Richard von Lenzano/pixelio.de)