Schon gewusst? Umwelt-DNA entlarvt Pflanzenbesucher

Über 400 Insektenarten können in einem Teebeutel nachgewiesen werden

24.06.2022 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Eine Grüne Reiswanze krabbelt über ein Blatt und hinterlässt DNA-Spuren. (Bildquelle: © Willibald Lang)

Eine Grüne Reiswanze krabbelt über ein Blatt und hinterlässt DNA-Spuren. (Bildquelle: © Willibald Lang)

Forscher:innen der Universität Trier und des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie haben ein Verfahren entwickelt, dass das Biomonitoring revolutionieren kann. Dabei wird Umwelt-DNA aus getrockneten Pflanzen analysiert. Die Ergebnisse geben nicht nur Auskunft über die Insekten, die die Pflanzen besucht haben, sondern ermöglichen auch ein besseres Verständnis der Beziehung zwischen Pflanzen und Insekten.

Das Insektensterben ist in aller Munde. Vielerorts wird daher versucht, das lokale Insektenvorkommen zu bestimmen. Dafür werden Methoden des Biomonitorings eingesetzt. Darunter versteht man das regelmäßige Beobachten und Messen der Tierbestände und ihres Zustandes. Das geschah bisher durch das Aufstellen von Insektenfallen. Der Fang wird dann per Hand, Lupe und Mikroskop aufwendig bestimmt und gezählt. Lassen sich Insektenpopulationen mit neuen Methoden besser überwachen?

Präziseres Insektenmonitoring dank Umwelt-DNA

Es hat sich gezeigt, dass klassische Methoden wie Insektenfallen Schwächen haben: Die Erfassung ist oft lückenhaft, da nur die gefangenen Tiere gezählt werden, und die Insekten dabei meist sterben. Auch die Analyse von DNA-Spuren, die Insekten zum Beispiel auf Blattoberflächen hinterlassen, ist schwierig. Denn UV-Strahlung und Regen können die sogenannte eDNA, kurz für environmental DNA, zerstören.

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eDNA ermöglicht auch Rückschlüsse auf die Interaktionen zwischen Pflanzen und Insekten. Die Bestäubungsleistung von Bienen zählt zu den bekanntesten symbiotischen Beziehungen zwischen Tieren und Pflanzen.

eDNA ermöglicht auch Rückschlüsse auf die Interaktionen zwischen Pflanzen und Insekten. Die Bestäubungsleistung von Bienen zählt zu den bekanntesten symbiotischen Beziehungen zwischen Tieren und Pflanzen.

Bildquelle: © malubeng / Pixabay

Dem Biogeographen Henrik Krehenwinkel von der Universität Trier und seinem Team ist es nun gelungen, stabile eDNA aus getrockneten, zerkleinerten Pflanzenresten zu gewinnen. „Wir haben handelsübliche Tees und Kräuter untersucht und dabei in einem einzigen Teebeutel DNA von bis zu 400 verschiedenen Insektenarten gefunden“, sagt Krehenwinkel. Über alle Proben hinweg waren es sogar über 1.000 Arten. Der Vorteil des neuen Verfahrens: Man kann damit auch Spuren von Insekten nachweisen, die das Pflanzeninnere als Lebensraum nutzen.

Freund oder Feind: Informationen über Beziehung zwischen Pflanze und Insekt

So kann eDNA Informationen über die Beziehungen zwischen Pflanzen- und Insektenarten liefern. Einerseits haben einige Arten eine symbiotische Beziehung. So sind viele Pflanzen auf die Bestäubung durch Insekten angewiesen. Andererseits werden Pflanzen durch Schadinsekten bedroht, die in der Landwirtschaft Ernten gefährden und durch den Einsatz von Insektiziden bekämpft werden. eDNA-Analysen könnten laut den Forscher:innen Aufschluss über die Ursachen geben, die dazu führen, dass einige Pflanzenarten aussterben, wenn interagierende Insekten verschwinden.    

Biologische Detektivarbeit: Für Profis und Hobbyforscher:innen

Was ist also der praktische Nutzen des neuen Verfahrens? Zum einen kann die eDNA Insektenzählungen präzisieren und ein vollständigeres Bild über die lokale Artenvielfalt liefern. Potenziell könnte es aber auch Landwirten helfen, erste Anzeichen von Schadinsekten frühzeitig zu entdecken und diese effektiv zu bekämpfen. Auch Zollbeamte könnten eDNA-Analysen mit regional vorkommenden Insekten abgleichen und überprüfen, ob der geographische Ursprung von Waren korrekt deklariert wurde. Und die Analyse von Beständen in Pflanzenarchiven könnte ein historisches Biomonitoring ermöglichen.

Das Verfahren wird aktuell vereinfacht und soll bald auch Hobbywissenschaftler:innen offen stehen. Dann könnten auch Laien in Form von Citizen-Science-Projekten eDNA-Proben sammeln und damit einen großen Beitrag zur Biodiversitätsforschung leisten, hofft Krehenwinkel.


Quelle:
Krehenwinkel, H. et al. (2022): The bug in a teacup – monitoring arthropod-plant associations with environmental DNA from dried plant material. In: Biological Letters, 18, (15. Juni 2022), doi: 10.1098/rsbl.2022.0091.

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Titelbild: Eine Grüne Reiswanze krabbelt über ein Blatt und hinterlässt DNA-Spuren. (Bildquelle: © Willibald Lang)