Versuchsfelder besetzt

Gentechnik-Gegner erzwingen Abbruch von Forschungsprojekten

Der Konflikt eskaliert: In Gießen und Oberboihingen (Baden-Württemberg) halten fundamentalistische Gentechnik-Gegner Versuchsflächen besetzt. Verschiedene Forschungsprojekte und Anbauversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen wurden inzwischen eingestellt.

Feldbesetzer in Oberboihingen: Wer bestimmt, was geforscht wird?

Unter massivem Druck von Gentechnik-Gegnern und Hochschule: Prof. Andreas Schier, Fachhochschule Nürtingen-Geslingen

Versuchsfeld mit gentechnisch veränderter Gerste Prof. Karl-Heinz Kogel von der Universität Gießen und seine Mitarbeiter untersuchen die Auswirkungen der gentechnischen Veränderung auf nützliche Mykorrhizapilze, die mit den Pflanzenwurzeln in Symbi

Feldbesetzer wollen die Einstellung seiner Forschungen durchsetzen: Prof. Karl-Heinz Kogel untersucht Auswirkungen von gv-Gerste auf Pilze und das Bodenleben.

In der Nacht zum 4. April drangen radikale Gentechnik-Gegner auf das Versuchsfeld ein. Sie errichteten einen Turm, stellten Zelte auf und erklärten das Feld für besetzt. Nach fünf Tagen hatten sie ihr Ziel erreicht: Prof. Andreas Schier , Agrarwissenschaftler an der Fachhochschule Nürtingen-Geislingen erklärte, er werde die geplanten und genehmigten Anbauversuche mit gentechnisch verändertem Mais einstellen.

Seit mehreren Jahren beschäftigen sich Schier und eine studentische Arbeitsgruppe auf dem Gelände des Lehr- und Versuchsbetriebes Tachenhausen mit gentechnisch verändertem Mais. Unter anderem untersuchen sie die Mykotoxin-Gehalte bei Bt-Mais und vergleichen sie mit denen bei konventionellen Vergleichspflanzen.

„Es gibt für mich keine fachlichen oder wissenschaftlichen Gründe, die mich zum Rückzug bewogen haben. Aber ich gebe dem Druck der Hochschulleitung und des Hochschulrates nach“, so Schier in einer Presserklärung der Hochschule. Zudem seien er und seine Familie vermehrt „persönlichen Anfeindungen“ ausgesetzt.

Inzwischen wandten sich Studierende der Agrarwirtschaft und Techniker der Akademie für Landbau an der Hochschule Nürtingen-Geislingen in einem offenen Brief an Rektor Werner Ziegler. Sie sprachen sich dafür aus, die Versuche mit gv-Mais fortzusetzen.

Gießen: Besetzer auf dem Versuchsgelände der Universität

Wenig Tage vorher hatte eine ähnliche Aktion in Gießen stattgefunden. Eine kleine Gruppe von Gentechnik-Gegnern besetzte ein Feld auf dem Gelände der Justus-Liebig-Universität. Dort hatte eine Arbeitsgruppe um Karl-Heinz Kogel, Professor für Pflanzenkrankheiten und Pflanzenschutz, in den letzten beiden Jahren im Rahmen der Sicherheitsforschung Versuche mit gentechnisch veränderter Gerste durchgeführt. Eine Fragestellung dabei waren mögliche Auswirkungen dieser Gerste auf nützliche Pilze, die in Symbiose mit Gerste leben. Die gv-Gerste wurde in USA entwickelt, eine kommerzielle Nutzung in Europa ist nicht vorgesehen.

Schon in den Vorjahren hatten radikale Gentechnik-Gegner Teile des Feldes zerstört und das Projekt massiv behindert. In der Saison 2008 sind keine Freisetzungsversuche mit gv-Gerste geplant. Nun wollen die Aktivisten das Feld so lang besetzt halten, bis das Forschungsprojekt vollständig eingestellt sei und auch in Zukunft auf Freilandversuche mit gv-Gerste verzichtet werde. Die Universität hat Anzeige gegen die Besetzer gestellt, das Feld jedoch noch nicht räumen lassen.

Aufgegeben wurden hingegen Sortenversuche mit Bt-Mais, welche das Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Universität Gießen im nordhessischen Rauischholzhausen durchführt. Bei den Versuchen im Auftrag des Bundessortenamts hatte sich das Institut zuvor zu hohen, wissenschaftliche nicht notwendigen Sicherheitsauflagen bereit erklärt. So sollten etwa die männlichen Blütenstände vor der Blüte entfernt werden. Doch über Wochen gab es Protesterklärungen und Demonstrationen. „Es hat keinen Sinn, diese Versuche gegen Widerstände durchzusetzen,“ so Universitäts-Präsident Stefan Hormuth.

Wie der Bayerische Landwirtschaftsminister Josef Miller (CSU) erklärte, gibt auch Bayern die Landessortenversuche mit gv-Maissorten auf.