Bäume statt Beton

Städte aus Holz könnten viel CO2 sparen

12.09.2022 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Sind Städte aus Holz die Zukunft? (Bildquelle: © iStock.com / Nongnuch Pitakkorn)

Sind Städte aus Holz die Zukunft? (Bildquelle: © iStock.com / Nongnuch Pitakkorn)

Würden bis zum Jahr 2100 weltweit möglichst viele Neubauten aus Holz erstellt, könnten mehr als 100 Gigatonnen an CO2-Emissionen eingespart werden. Die Lebensmittelproduktion wäre dadurch nicht beeinträchtigt, wenn global weniger Fleisch auf dem Speisezettel stünde – so eine neue Studie.

Gemäß des SSP2-Szenarios des sechsten Berichts des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) werden im Jahr 2100 bis zu 80 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben. Dafür müssen viele neue Häuser gebaut werden – und das verursacht zusätzliche Treibhausgas-Emissionen. Eine oft diskutierte Frage ist daher, ob sich Holz als Massenbaustoff für die Städte der Zukunft anbietet.

In einer neuen Studie haben sich Forscher:innen unter Leitung des Potsdam Institutes für Klimafolgenforschung (PIK) und des Departments für Agrarökonomie der Humboldt-Universität zu Berlin mit der Frage auseinander gesetzt, wieviel CO2-Emissionen durch Holzhäuser eingespart würden und wie sich das auf die Nahrungsmittelproduktion und die Biodiversität auswirken könnte.

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Holz ist ein nachwachsender Rohstoff. Bäume speichern in ihrer Lebensspanne viel CO2, das bei Verwendung als Bauholz noch viele Jahrzehnte gebunden bleibt.

Holz ist ein nachwachsender Rohstoff. Bäume speichern in ihrer Lebensspanne viel CO2, das bei Verwendung als Bauholz noch viele Jahrzehnte gebunden bleibt.

Bildquelle: © Luis Lessing / Pixabay

Beton oder Holz?

Herkömmliche Häuser werden bislang hauptsächlich aus Beton und Stahl gebaut, die beide sehr energieintensiv in der Produktion sind. Bei der Herstellung von Zement als Bestandteil des Betons wird außerdem durch das sogenannte Kalkbrennen, also die Umwandlung von Kalkstein (CaCO3) zu Branntkalk (CaO), zusätzlich CO2 freigesetzt. Im Jahr 2020 verursachte die Materialproduktion für den Hausbau etwa 10 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen.

Im Gegensatz dazu ist Holz ein nachwachsender Rohstoff. Bäume speichern in ihrer Lebensspanne viel CO2, das bei Verwendung als Bauholz noch viele Jahrzehnte gebunden bleibt. Bei der im SSP2-Szenario prognostizierten Zunahme der städtischen Bevölkerung könnte Holz als hauptsächlicher Baustoff daher viel zusätzliches CO2 einsparen.

Allerdings wäre dazu eine umfangreiche Ausdehnung von Holzplantagen mit schnell wachsenden Bäumen nötig – schließlich dürfen aus Artenschutzgründen naturnahe Wälder nicht für Bauholz ausgeplündert werden. Im Jahr 2020 gab es 132 Mha (Megahektar) an Holzplantagen, die zwar nur vier Prozent der globalen Waldfläche (3.629 Mha) ausmachen, aber mehr als 33 Prozent des globalen Bauholzbedarfes deckten. Für neue Anpflanzungen braucht es aber wiederum neue Flächen, die mit der Lebensmittelproduktion konkurrieren.

Holz versus Lebensmittel

Die Forscher:innen berechneten mit der open-source-Computersimulation MAgPIE zunächst das Potential von Holz als klimafreundlichem Baustoff im Hinblick darauf, wo das benötigte Holz herkommen könnte und wie hoch die zusätzlichen Treibhausgasfreisetzungen durch Rodungen und Holzhausbau sein würden. Auch der Einfluss zusätzlicher Holzplantagen auf die Biodiversität sowie auf die Lebensmittelproduktion wurde untersucht. Dazu entwickelten die Forscher:innen vier Szenarien:

  • Es wird weiterhin nur mit Stahl und Zement gebaut (Referenzszenario).
  • Zehn Prozent der Neubauten werden bis 2100 aus Holz bestehen.
  • 50 Prozent bzw. 90 Prozent der neuen Häuser werden aus Holz errichtet.

Großes Einsparungspotenzial

Bei 90 Prozent der Neubauten aus Holz würden global 106 Gigatonnen (Gt) CO2 einspart werden (77 Prozent weniger CO2-Freisetzungen im Vergleich zum Referenzszenario), bei 50 Prozent wären es immerhin noch 71 Gt CO2 bzw. 51 Prozent weniger an CO2-Emissionen.

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Holz von schnell wachsenden Bäumen könnte möglicherweise bald Hauskonstruktionen aus Beton und Stahl ersetzen.

Holz von schnell wachsenden Bäumen könnte möglicherweise bald Hauskonstruktionen aus Beton und Stahl ersetzen.

Bildquelle: © iStock.com / Leonsbox

Vergleicht man im 90-Prozent-Szenario die CO2-Emissionen, die bei der Produktion des Holzes anfallen (12 Gt), mit dem langfristigen Speicherpotenzial von Holzbauten (65 Gt), so kommt man auf ein Einsparungspotenzial von 53 Gt CO2. Sogar im 10-Prozent Szenario kommt man schon auf eine Nettoeinsparung von 7 Gt CO2 (0,3 Gt CO2 Freisetzung gegenüber 7,3 Gt langfristige Speicherung von CO2).

Der Haken an der Sache

Die Berechnungen zeigten, dass im Vergleich zum Referenzszenario die Holzplantagen um 149 Mha ausgedehnt werden müssten, um 90 Prozent der Neubauten aus Holz herzustellen. Das dazu benötigte Holz käme aber dann auch aus ehemals naturnahen Wäldern außerhalb von Schutzgebieten. Das würde insbesondere in den Tropen, wo große Zuwächse in den Städten erwartet werden, natürliche Flächen und ihre Biodiversität stark belasten.

Die Forscher:innen betonen, dass hier aktiv gegengesteuert werden müsse, etwa indem global eine nachhaltige fleischarme Ernährung gefördert wird. Das würde zusätzliche Landfläche frei machen für weitere Holzplantagen und so den Druck von naturnahen Flächen nehmen. Auch sei eine Verdopplung der landwirtschaftlichen Produktion in allen Szenarien nötig, um genug Lebensmittel für die wachsende Weltbevölkerung zu produzieren und trotzdem nicht mit der Holzproduktion in Konflikt zu kommen.

Diese Intensivierung müsste durch technischen Fortschritt erzielt werden oder durch eine geographische Spezialisierung der globalen Landwirtschaft (d. h. Nahrungsmittel werden nur da angebaut, wo sie am besten wachsen, um höhere Erträge zu erzielen). Auf jeden Fall sei hier eine sehr sorgfältige Planung und eine starke politische Steuerung nötig, so die Forscher:innen.

Um das 2-Grad-Ziel noch zu erreichen, braucht es eine schnelle und drastische Senkung der CO2-Emissionen. Wird weiter mit herkömmlichen Materialien gebaut, würden bis 2050 zwischen 35 bis 60 Prozent des verbleibenden CO2-Budgets allein dafür aufgebraucht. Eine Umstellung auf Holz, wie im 90-Prozent-Szenario dargestellt, könnte hingegen zehn Prozent des verbleibenden Budgets bis 2100 einsparen. Eine echte Chance im Kampf gegen den Klimawandel.


Quelle:
Mishra, A. et al. (2022): Land use change and carbon emissions of a transformation to timber cities. In: Nature Communications 13, (30. August 2022), doi: 10.1038/s41467-022-32244-w.

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Titelbild: Sind Städte aus Holz die Zukunft? (Bildquelle: © iStock.com / Nongnuch Pitakkorn)