Der Meeresspiegelanstieg bedroht den Reisanbau!

Das Projekt „RiSaWA“

20.09.2023 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Pflanzen von Reissetzlingen auf dem Versuchsfeld der Loc Troi Group (Bildquelle: © Thuong Thi Bach Vo)

Pflanzen von Reissetzlingen auf dem Versuchsfeld der Loc Troi Group (Bildquelle: © Thuong Thi Bach Vo)

Mit dem Klimawandel steigt der Meeresspiegel – und das hat Folgen für die großen Flussdeltas Asiens, die größten Reisanbaugebiete weltweit. Hier drohen dem Reis Frischwassermangel und Verbrackung. Die Ernteerträge könnten dramatisch sinken. Das Forschungsprojekt RiSaWA ist dieser Frage nachgegangen.

„Die Idee zu dem Projekt entstand bereits 2016“, erinnert sich Folkard Asch, der Projektkoordinator von RiSaWA an der Universität Hohenheim. Damals beschäftige viele Medien, dass der Klimawandel den Meeresspiegel langfristig um mehrere Meter anheben wird. „Wir haben uns gefragt: Was passiert dann in Asien?“, sagt der Agrarforscher. „Viele große Reisanbaugebiete liegen in den Megadeltas der Flüsse – Indus, Ganges, Mekong, Jangtse… - und diese sind stark Tide beeinflusst.“ Steigt der Meeresspiegel, stauen sich die Flüsse auf, das hineindrückende Meerwasser erzeugt teils bis zu 100 Kilometer ins Hinterland Brackwasser mit hohem Salzgehalt. „Die Deltas sind zu groß, um einfach einen Damm zu bauen“, weiß Asch. Kommt auch noch Regen von den Oberläufen hinzu, stehen viele Reisfelder komplett unter Wasser. „Wir haben es also mit Salzeintrag und Überschwemmungen zu tun.“

Ziehen trockene Reisfelder Salzwasser aus dem Boden?

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Der Doktorand Kristian Johnson misst die elektrische Leitfähigkeit in einem Reisfeld bei einer gemeinsamen deutsch-vietnamesischen Exkursion.

Der Doktorand Kristian Johnson misst die elektrische Leitfähigkeit in einem Reisfeld bei einer gemeinsamen deutsch-vietnamesischen Exkursion.

Bildquelle: © Thuong Thi Bach Vo

Gleichzeitig gibt es an den großen asiatischen Flüssen eine zweite Entwicklung: Weit vor den Deltas, oft in Nachbarländern, entstehen Dämme, um Strom zu erzeugen, und um das Umland zu bewässern. „Am Mekong reicht der Abfluss deshalb in der Regenzeit nicht mehr aus, um das Delta ganzjährig zu bewässern“, berichtet Asch. Das reduziert zwar die Gefahr von Überflutungen, lässt aber das salzige Meerwasser umso tiefer in die Flussläufe eindringen.

Und dann gibt es noch ein weiteres „Schreckensszenario“, wie das Salzwasser den Reis bedrohen könnte: Was wäre, wenn es dem salzigen, oberflächennahen Grundwasser gelänge, die Wurzeln zu erreichen? Ein ausgetrockneter lehmiger Boden entwickelt hohe kapillare Saugkräfte. Könnte das zu einem Aufstieg salzigen Wassers aus den bodennahen Wasserschichten führen?

Doch damit nicht genug der Fragestellungen. Aus Klimaschutzgründen wird auch in Asien die Anbaumethode „AWD“ propagiert – alternate wetting and drying – also Reis, der nur zeitweise im Wasser steht. „Wenn der Boden trockenliegt, verändert sich dort die Zusammensetzung der Mikroorganismen“, erklärt Asch. „Die obligat anaeroben Mikroorganismen, die Methan produzieren, verschwinden.“ Das ist gut für das Klima, weil es  bis zu 80 Prozent der Treibhausgasemissionen aus dem Reisanbau verhindern kann. Aber fördert diese Bewässerungsmethode bei steigendem Meeresspiegel und den zuvor erwähnten kapillaren Saugkräften trockener Böden auch eine Versalzung der Felder?

Bauern passen die Landnutzung an

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Dr. Duong Van Nha und Prof. Dr. Folkard Asch im Regen während einer Feldbesichtigung.

Dr. Duong Van Nha und Prof. Dr. Folkard Asch im Regen während einer Feldbesichtigung.

Bildquelle: © Kristian Johnson

Einen Teil der Fragen konnten die Forscherinnen und Forscher schon früh beantworten. „Es gab die Behauptung, das Mekongdelta versalzt immer stärker. Bei unserem ersten Besuch stellten wir aber fest, dass das nicht stimmt“, erinnert sich Asch. Was es tatsächlich gibt, ist eine starke saisonale Salzbelastung der Bewässerungsgräben. „Die Bauern sind aber nicht dumm“, sagt der Forscher, „die bewässern dann nicht oder bauen keinen Reis an. Sie setzten dann auf Garnelenproduktion.“  Beim nächsten großen Regen ist das Salz dann wieder raus aus den Gräben. Allerdings fand das Forschungsteam auch Absenkzonen in den Deltas, wo zu viel Wasser abgepumpt wird und nur noch Aquakulturen möglich sind. „Da wächst nirgendwo mehr Reis“, berichtet der Projektleiter.

Eine weitere Überraschung war, dass es – anders als von den Forschungspartnern vor Ort nahegelegt – praktische keine öffentlichen Forschungsstationen gab. „Letztlich hatten wir von drei angekündigten Standorten nur noch einen, und hier keine erhöhten Salzwerte“, lacht Asch. Grund zu lachen hat er tatsächlich, denn das Projekt wurde dennoch ein Erfolg, dank angepasster Fragestellungen.

3D-Modell der Wasserschichten erstellt

Zunächst untersuchte das Team, in welcher Tiefe wasserführende Schichten auf einer Halbinsel zwischen den Mekongläufen auftreten. „Wir haben dazu eine geoelektrische Methode getestet, die eigentlich dazu da ist, Minen und Erze zu finden“, erläutert Asch, „das ging wunderbar“. Die sogenannte „electrical resistivity tomography“ (ERT) misst den Erdungswiderstand des Bodens, der mit dessen Temperatur und Feuchte variiert. Bis zu 40 Meter tief konnten so ohne aufwendige Bohrungen die Wasserschichten sichtbar gemacht werden. Aus mehr als 40 Messstellen entstand ein 3D-Modell für die gesamte Halbinsel. „Wir konnten zeigen, dass es einen steigenden Salzgradienten in Richtung der Flussläufe und in Richtung des Meeres gibt“, berichtet der Forscher. Aber das Projekt konnte auch Entwarnung geben: „Es besteht kein kapillarer Anschluss an die Krume. Da ist derzeit noch eine vier bis fünf Meter dicke Schicht aus Sand und Ton dazwischen.“ Auf diesem Weg dürfte in den kommenden Jahrzehnten somit kein Salz in die Reisfelder eindringen. Der Projektleiter hofft, dass die neue Methode zur Beobachtung bodennaher Wasserschichten an einigen Hotspots als Monitoringsystem dauerhaft installiert wird, um den Salzgehalt des Wassers zu überwachen.

Das Wissen um den jeweiligen Salzgehalt der einzelnen Gebiete kombinierten die Forschenden mit der Landnutzungsform. „Wir wollten wissen: Führt die Landnutzungsform dazu, dass Böden versalzen, oder führt die Versalzung zur jeweiligen Landnutzungsform?“ Letzteres erwies sich schließlich als zutreffend – die Bauern passen sich an die Gegebenheiten an.

Klimafreundliche Reissorten für überstaute Systeme

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Spurengasmessungen im Versuchsfeld bei der LocTroi Group.

Spurengasmessungen im Versuchsfeld bei der LocTroi Group.

Bildquelle: © Drohne Loc Troi

Als Ersatz für die Forschungsvorhaben, die vor Ort nicht realisierbar waren, konzentrierte sich das Team um Asch auf eine weitere Frage: Wie stark hängt der Klimanutzen der AWD-Methode von der Reissorte ab? Denn zwei Drittel des Jahres – außerhalb der Trockenzeiten – steht auch dieser Reis im Wasser und sollte aber auch dann möglichst wenig Methanemissionen verursachen. Der Befund der Hohenheimer: „Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Ertrag und Emission.“ Zwar erzeugen Hochertragssorten mehr Methan, aber nur deshalb, weil sie länger im Feld stehen. „Pro Einheit Ertrag emittieren sie nicht mehr als andere Sorten“, berichtet Asch. „Aber wir haben Sorten gefunden, die pro Ertrag weniger emittieren. Es wäre sinnvoll, diese Sorten in Regenzeiten zu verwenden.“ Bis zu 40 Prozent der Methanemissionen könnten so vermieden werden, schätzt Asch, doch aufgrund der großen Variabilität biologischer Systeme sei das nur schwer mit statistischer Signifikanz nachzuweisen.

Die Erkenntnisse aus dem Projekt füllen nicht nur zehn Fachveröffentlichungen – sie gehen auch ein in die Arbeit des Weltklimarats IPCC. Und vielleicht – das hofft zumindest Asch – arbeiten die Reiszüchter jetzt verstärkt an neuen Sorten, die bei Staunässe geringere Methanemissionen verursachen. Auch organisierte das Team ein internationales Forum mit Akteuren der Anrainerstaaten des Mekong, um das Wassermanagement entlang des Flusslaufs zu verbessern und um katastrophale Ernteverluste in Trockenzeiten zu verhindern. Die Ergebnisse sollen in einem Tagungsband bis Ende 2023 veröffentlicht werden.

Die Projektpartner

Wissenschaftliche Partner:

Industriepartner:


Ausgewählte Publikationen:

  • Ahlheim, M., Vuong, D. T. (sub). Saving the Vietnamese Mekong River Delta – People's Attitudes, Opinions and Willingness to Help [Revision at the Journal of Agronomy and Crop Science].
  • Asch, F., Johnson, K., Vo, T. B. T., Sander, B. O., Duong, V. N., Wassmann, R. (2023). Varietal effects on methane intensity of paddy fields under different irrigation management. Journal of Agronomy and Crop Science, doi.org/10.1111/jac.12662
  • Khai, H. V., Sang, L. T., Ahlheim, M., Nhu, M. H. (sub). Consumer Preferences for Safe and Sustainable Rice – A Contingent Valuation Study in the Vietnamese Mekong Delta [Submitted to the Journal of Agronomy and Crop Science].
  • Johnson, K., Duong, V. N., Asch, F. A. (sub). Traits Contributing to Salinity Tolerance in Rice Genotypes from the Mekong Delta [Submitted to the Journal of Agronomy and Crop Science].
  • Johnson, K., Vo, T. B. T., Duong, V. N., Asch, F. (2023). Genotypic responses of rice to alternate wetting and drying irrigation in the Mekong Delta. Journal of Agronomy and Crop Science, doi.org/10.1111/jac.12649
  • Nguyen, V. H., Germer, J., Asch, F. (sub). Mapping saline groundwater under rice-paddy fields in Vietnam’s Mekong Delta [Submitted to Near Surface Geophysics].
  • Nguyen, V. H., Germer, J., Asch, F. (sub). Evaluating topsoil salinity via geophysical methods in rice production systems in the Vietnam Mekong Delta [Revision at the Journal of Agronomy and Crop Science].
  • Nguyen, V. H., Germer, J., Duong, V.N., Asch, F. (2023). Soil resistivity measurements to evaluate subsoil salinity in rice production systems in the Vietnam Mekong Delta. Near Surface Geophysics, doi.org/10.1002/nsg.12260
  • Vo, T. B. T., Johnson, K., Wassmann, R., Sander, B. O., Asch, F. (sub). Varietal effects on greenhouse gas emissions from rice production systems under different water management in the Vietnamese Mekong delta [Minor revision at the Journal of Agronomy and Crop Science].

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Titelbild: Pflanzen von Reissetzlingen auf dem Versuchsfeld der Loc Troi Group (Bildquelle: © Thuong Thi Bach Vo)