Der Sonne entgegen

Neuer Inhibitor der pflanzlichen Thermomorphogenese entdeckt

26.10.2022 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Hitzestress mindert die Erträge von Feldfrüchten. Ziel der Forschung sind daher Pflanzen, die hohe Temperaturen besser tolerieren. (Bildquelle: © Jens / Pixabay)

Hitzestress mindert die Erträge von Feldfrüchten. Ziel der Forschung sind daher Pflanzen, die hohe Temperaturen besser tolerieren. (Bildquelle: © Jens / Pixabay)

Bei Hitze müssen Pflanzen ein Notfallprogramm starten, um zu überleben. Ein unschöner Nebeneffekt: die Erträge sinken rapide. Eine Studie hat nun den „Schalter“ gefunden, der das Notfallprogramm auslöst: Der Transkriptionsfaktor ABT1/WRKY14 wird bei hohen Temperaturen inaktiviert.

Pflanzen sind sesshafte Organismen. Bei widrigen Umweltbedingungen können sie nicht einfach flüchten, sondern müssen sich damit arrangieren – so gut es eben geht. Aufgrund des Klimawandels steigen weltweit die Temperaturen – und das stresst unsere an kühlere Bedingungen gewöhnten Nutzpflanzen. Die Hitze aktiviert Prozesse in den Zellen, die einem Notfallprogramm gleichen: Die Keimstängel (Hypokotyl), Blattstiele und Primärwurzeln der Pflanzen wachsen schneller. Die Blätter wölben sich, weil die Blattunterseite schneller wächst als die Oberseite. Es kommt auch zu einer frühzeitigen Blüte, vorzeitigem Abwurft der Früchte und vermindertem Ertrag. Als Thermomorphogenese bezeichnen Wissenschaftler:innen diesen Vorgang.

Die molekularbiologischen Vorgänge, die hinter diesem veränderten Wachstumsverhalten stecken, sind komplex und werden schon seit langem erforscht. Jetzt hat ein Team von Wissenschaftlern ein weiteres Puzzlestück des vielschichtigen Signalwegs entdeckt: den Transkriptionsfaktor Abnormal Thermomorphogenesis 1 (ABT1), der das Protein WRKY14 steuert. Er ist ein wichtiger negativer Regulator der Thermomorphogenese. Gemeinsam mit den homologen Transkriptionsfaktoren ABT2/WRKY35, ABT3/WRKY65 und ABT4/WRKY69 sorgt er für das richtige Gleichgewicht in diesem Prozess.

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Auch in Deutschland steigen die Temperaturen stetig an. Die Landwirtschaft ist dringend auf Nutzpflanzen angewiesen, die trotzdem noch hohe Erträge liefern.

Auch in Deutschland steigen die Temperaturen stetig an. Die Landwirtschaft ist dringend auf Nutzpflanzen angewiesen, die trotzdem noch hohe Erträge liefern.

Bildquelle: © Tom / Pixabay

Komplexe molekulare Prozesse

Eine Überexpression von ABT1/WRKY14 führt dazu, dass Pflanzen trotz moderatem Hitzestress von 28°C kürzere Hypokotyle und Blattstiele ausbilden, also eine Thermomorphogenese unterdrückt wird. Schaltete man in der Modellpflanze Arabidopsis alle vier homologen Transkriptionsfaktoren aus, so reagierten die Pflanzen wesentlich sensibler auf Hitze. Die ABT-Gene haben also eine additive sowie redundante Funktion.

In der Studie, die bisher nur als Pre-Print vorliegt und im Journal Molecular Plant erscheinen soll, untersuchten die Wissenschaftler:innen auch, wie genau ABT1 seine Wirkung ausübt. Sie fanden heraus, dass ABT1 mit dem bereits bekannten Protein TCP5 interagiert und es daran hindert, eine Verbindung mit PIF4 einzugehen. Der TCP5-PIF4-Komplex wirkt eigentlich positiv auf die Thermomorphogenese. Außerdem behindert ABT1 bereits die Transkription des PIF4-Gens.

Zahlreiche Gene sind an der Thermomorphogenese beteiligt

Doch ABT1 wirkt bei weitem nicht nur auf dieses eine Gen ein. Mit Hilfe von Transkriptom-Analysen fanden die Forscher:innen heraus, dass die Überexpression von ABT1 mehr als 73 Prozent aller Hitze-Gene beeinflusst – die allermeisten davon werden durch ABT1 unterdrückt.

Die WRKY-Transkriptionsfaktoren sind im Pflanzenreich konserviert und spielen wichtige Rollen bei der Pflanzenentwicklung, Krankheitsresistenz sowie dem Antwortverhalten auf abiotische Stressfaktoren. So ist ihr Verhalten als Antwort auf Hitzestress auch in allen Nutzpflanzen identisch. Die Überexpression von zwei WRKY-Transkriptionsfaktoren aus Weizen (Triticum aestivum) in Arabidopsis erhöhte die Hitzetoleranz der Pflanzen bei Temperaturen von 45°C.

Dieses Experiment deutet bereits an, warum diese Forschung auch für Landwirte und im Endeffekt uns alle relevant ist: In einer sich auf absehbare Zeit weiter erwärmenden Welt brauchen wir Pflanzen, die trotz Hitze noch stabile Erträge liefern. Und ein Schlüssel dazu könnte die WRKY-Transkriptionsfaktoren sein.


Quelle:
Qin, W. et al. (2022): Activation Tagging Identifies WRKY14 as a Repressor of Plant Thermomorphogenesis in Arabidopsis. In: Molecular Plant, (24. September 2022), doi: 10.1016/j.molp.2022.09.018.

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Titelbild: Hitzestress mindert die Erträge von Feldfrüchten. Ziel der Forschung sind daher Pflanzen, die hohe Temperaturen besser tolerieren. (Bildquelle: © Jens / Pixabay)