Zusammenspiel aufgedeckt

Schatten + hohe Temperaturen = geringerer Ertrag

30.09.2022 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Je dichter Pflanzen angepflanzt sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie im Schatten ihrer Nachbarn stehen. (Bildquelle: © Wolfgang Eckert / Pixabay)

Je dichter Pflanzen angepflanzt sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie im Schatten ihrer Nachbarn stehen. (Bildquelle: © Wolfgang Eckert / Pixabay)

Wenn Pflanzen miteinander um Sonnenlicht konkurrieren, startet ein Wettrennen: So schnell wie möglich in die Höhe wachsen, um mehr Licht für die Photosynthese abzubekommen. Auch Hitze hat den gleichen Effekt. Die Kehrseite: Diese Wachstumsreaktionen verringern den Ertrag. Nun fand eine Studie heraus, was auf molekularer Ebene passiert. Das neue Wissen kann helfen, Kulturpflanzen an den Klimawandel anzupassen.

Dicht an dicht gedrängt stehen unsere Nutzpflanzen auf den Feldern. Je näher sie sich kommen, desto wahrscheinlicher stehen sie im Schatten ihrer Nachbarn. Neue Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Pflanzen zukünftig nicht mehr so dicht ausgesät werden sollten, um Ertragsverluste zu vermeiden.

Schattenflucht beleuchtet

Um Schatten zu vermeiden, wachsen Pflanzen in die Höhe. Die Gewinner überragen dann ihre Nachbarpflanzen. Ähnlich reagieren sie auf hohe Umgebungstemperaturen. Damit der warme Boden nicht ihre Blätter austrocknet, setzten sie auch in diesem Fall auf Höhenwachstum – ein Phänomen, das als Thermomorphogenese bezeichnet wird. Kommen beide Bedingungen zusammen, verstärkt sich das Höhenwachstum und die Erträge sinken. Keine guten Aussichten, denn der Klimawandel sorgt für immer mehr Tage, an denen die Pflanzen diesem Stress ausgesetzt werden.

Welche molekularen Mechanismen den Wachstumsprozess steuern, hat nun eine im Fachmagazin Nature Communications veröffentlicht Studie aufgedeckt. Als Versuchspflanzen nutzten die Forscher:innen die Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana), Tomaten und einen nahen Verwandten von Tabak (Nicotiana benthamiana).

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Zellen von Arabidopsis thaliana (oben) und Keimlinge (unten) bei unterschiedlichen Licht- und Temperaturbedingungen. Die ganz rechts abgebildeten Keimlinge zeigen ein beschleunigtes Wachstum als Reaktion auf Schatten und hohe Temperaturen.

Zellen von Arabidopsis thaliana (oben) und Keimlinge (unten) bei unterschiedlichen Licht- und Temperaturbedingungen. Die ganz rechts abgebildeten Keimlinge zeigen ein beschleunigtes Wachstum als Reaktion auf Schatten und hohe Temperaturen.

Bildquelle: © Salk Institute courtesy of Nature Communications

PIF7 ist die treibende Kraft

Auch diese Pflanzenarten wuchsen im Experiment noch höher, wenn sie Schatten und hohen Temperaturen gleichzeitig ausgesetzt waren. Um herauszubekommen, welcher „Schalter“ dafür verantwortlich ist, nutze das Forschungsteam Mutanten mit unterschiedlichen Defekten bei Schlüsselproteinen der PIF-Familie (Phytochrome Interacting Factor). Man wusste aus früheren Untersuchungen, dass PIF-Proteine bei Wachstumsreaktionen beteiligt sind. Nun zeigte sich, dass speziell PIF7 für das Höhenwachstum bei Schatten und hohen Temperaturen verantwortlich ist. Das Protein ist ein Transkriptionsfaktor, der die Produktion des Wachstumshormons Auxin steuern kann.

Ein anderes Mitglied der Proteinfamilie, PIF4, ist dagegen nur als Initiator des Wachstums aktiv, wenn entweder eine Beschattung oder hohe Temperaturen vorliegen. Kommt beides zusammen, spielt PIF4 keine Rolle mehr. Dies deutete auf getrennte Mechanismen zur Verarbeitung hoher Temperaturen in Abhängigkeit von der Lichtqualität hin.

„Die Tatsache, dass PIF7 die dominierende treibende Kraft hinter diesem Pflanzenwachstum ist, war eine echte Überraschung. Mit diesem neuen Wissen hoffen wir, diese Wachstumsreaktion in verschiedenen Nutzpflanzen fein abzustimmen, um ihnen zu helfen, sich an den Klimawandel anzupassen“, beschreibt Erstautor Yogev Burko vom Salk Institute for Biological Studies.

Noch ein unbekannter Akteur

Das Team fand zudem heraus, dass die Auxin-Konzentration anstieg, wenn die Pflanzen benachbarte Pflanzen detektierten. Dieser Anstieg ist jedoch dabei deutlich höher als während der Reaktion auf hohe Umgebungstemperaturen. Das deutet darauf hin, dass Auxin nicht allein die Wachstumsreaktion bei hohen Temperaturen initiiert.

Die Beteiligten gehen davon aus, dass es noch einen weiteren molekularen Akteur gibt, der die Wirkung von PIF7 und Auxin beim Auftreten beider Umweltfaktoren verstärkt. Die Suche nach dem großen Unbekannten wollen sie nun angehen.


Quelle:
Burko, Y. et al. (2022): PIF7 is a master regulator of thermomorphogenesis in shade. In: Nature Communications, (29. August 2022), doi: 10.1038/s41467-022-32585-6.

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Titelbild: Je dichter Pflanzen angepflanzt sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie im Schatten ihrer Nachbarn stehen. (Bildquelle: © Wolfgang Eckert / Pixabay)