Heißer Auftakt

Warme Frühlingstage führten zur Jahrhundertdürre 2018

29.06.2020 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Hitze und kein Tröpfchen Regen - das belastet im Jahrhundertsommer 2018 nicht nur Mensch und Tier, sondern auch die Pflanzen auf unseren Äckern. (Bildquelle: © StefleiFotografie/Pixabay/CC0)

Hitze und kein Tröpfchen Regen - das belastet im Jahrhundertsommer 2018 nicht nur Mensch und Tier, sondern auch die Pflanzen auf unseren Äckern. (Bildquelle: © StefleiFotografie/Pixabay/CC0)

Quälende Hitze und kein Tröpfchen Regen – so haben wir ihn in Erinnerung: Den Jahrhundertsommer 2018. Die Folgen für Natur und Anbauflächen waren extrem. Mit mehr als 340 Millionen Euro unterstützte der Staat in Not geratene landwirtschaftliche Betriebe. Eine neue Studie beleuchtet nun die Hintergründe der damaligen Dürreperiode und zeigt, dass die hohen Temperaturen und fehlenden Niederschläge des Sommers nicht allein für die extremen Folgen verantwortlich waren. Hauptursache war ein außergewöhnlich trockener Frühling. Die neuen Erkenntnisse könnten uns helfen, die Landwirtschaft besser vor Wetterextremen zu schützen.

Der Klimawandel begünstigt Dürreperioden

Der heiß-trockene Sommer und die damit einhergehende Dürre 2018 zeigen deutlich, welche Auswirkungen der Klimawandel schon heute mit sich bringt: Extremwetterlagen. Sie haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Die starke Erwärmung des Nordpolarmeeres und die damit einhergehende Abschwächung der Westwindzirkulation sorgen dafür, dass einzelne Wetterlagen sich über viele Wochen und Monate an einem Ort halten können. 2018 bedeutete dies für Deutschland heiße und vor allem sehr trockene Zeiten. Der Zustrom feuchter Atlantikluft war über Wochen blockiert. Und das bereits im April. Auch im Sommer 2019 und in diesem Frühjahr klagten Forst- und Landwirte wieder über die anhaltende Trockenheit. Erleben wir nun einen weiteren Dürresommer?

Ein warmer Frühling führt zu schnellerem Pflanzenwachstum

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Eine Studie gezeigt, dass die ungewöhnliche Wärme im Frühjahr auch im Sommer nachwirkte und die Dürre verstärkte.

Eine Studie gezeigt, dass die ungewöhnliche Wärme im Frühjahr auch im Sommer nachwirkte und die Dürre verstärkte.

Bildquelle: © el2ror / Fotolia.com

„Wahrscheinlich wird es nicht so schlimm wie 2018 und 2019“, meint Fred Hattermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Schließlich gebe es seit Mitte Mai wieder regelmäßige Niederschläge. Dies sei wichtig, um eine Dürre zu verhindern. Denn die Vegetation in Europa beginne aufgrund trockener und sonnenreicher Frühlingstage früher zu grünen und die Bodenwasservorräte würden im Sommer schneller aufgebraucht, wenn sie nicht durch starke Niederschläge wieder aufgefüllt würden. Über die immensen Auswirkungen der warmen und trockenen Frühlingstage berichtet nun auch ein internationales Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im Fachmagazin Science Advances.

Heiße Frühlingstage können sommerliche Dürre verschlimmern

Die Klimaforscherinnen und Klimaforscher um Ana Bastos, Tammas Loughran und Julia Pongratz von der Ludwig-Maximilian-Universität München (LMU) zeigen im Rahmen einer internationalen Studie, dass die ungewöhnliche Wärme im Frühjahr 2018 auch im Sommer des gleichen Jahres nachwirkte und die Dürre verstärkte. „Neu in dieser Studie ist, dass versucht wird, den Anteil der Vegetation am Austrocknen der Böden zu quantifizieren“, sagt Hattermann, der daran nicht beteiligt war.

Mehrere Studien anhand der Dürreperioden in den Jahren 2003 und 2010 hatten schon früher gezeigt, dass die Produktivität der Ökosysteme aufgrund von Wassermangel, Hitze und auch Bränden zur Sommerzeit stark eingeschränkt wird. „Darüber, ob und wie vorangegangene Klimabedingungen die Reaktion der Ökosysteme auf Sommerextreme beeinflussen, ist aber noch wenig bekannt“, erklärt Ana Bastos, die Erstautorin der Studie. „Wir haben dies nun für das Jahr 2018 anhand von Simulationen mit elf unterschiedlichen Vegetationsmodellen untersucht.“

Auswirkungen sind regional sehr unterschiedlich

Die Ergebnisse zeigen, dass die ungewöhnliche Wärme im Frühjahr 2018 zu einem frühen und stärkerem Wachstum von Bäumen und anderen Pflanzen in Nord- und Zentraleuropa führte. Die Auswirkungen waren regional jedoch sehr unterschiedlich: „In Zentraleuropa hat das verstärkte Wachstum im Frühjahr zu einer starken Abnahme des Wassergehalts im Boden geführt. Dieses Wasser stand im Sommer nicht mehr zur Verfügung, um die Biomasse aufrecht zu erhalten, sodass die Ökosysteme noch stärker unter der Sommerdürre litten“, erklärt Bastos. Etwa die Hälfte der sommerlichen Trockenheit sei durch diesen Effekt hervorgerufen worden – und nicht durch die ungünstig heiß-trockenen Wetterbedingungen.

In Nordeuropa, so die Ergebnisse der Studie, wirkten sich die warmen Frühlingstage hingegen positiv auf die Produktivität im Sommer aus: Das ausgeprägte Wachstum im Frühling konnte die negativen Effekte des heiß-trockenen Wetters abschwächen.

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Video zur Studie.

Videoquelle: © Ludwig-Maximilians-Universität München / youtube.com

Die Erklärung sehen Bastos und ihre Kolleginnen und Kollegen vor allem in der unterschiedlichen Vegetation Skandinaviens: Statt Acker und Grasland gibt es einen großen Anteil an Nadelwaldflächen. „Wenn Bäume im Frühjahr stärker wachsen, verbrauchen sie zwar ebenfalls mehr Wasser, aber sie regulieren die Spaltöffnungen in ihren Blättern, über die das Wasser verdunstet, oft besser und vermindern dadurch den Wasserverlust“, sagt die Wissenschaftlerin. Aufgrund ihrer tieferen Wurzeln seien sie außerdem in der Lage, sich auch bei anhaltend trockenen Bedingungen mit Wasser aus der Tiefe zu versorgen. Zudem hätten sich die Sommertemperaturen im Norden nahe am Optimum für die maximale Photosynthese-Leistung der Pflanzen bewegt. Ebenfalls ein Faktor, der die Produktivität der skandinavischen Ökosysteme verbesserte.

Lessons learned?

Die unterschiedlichen Auswirkungen des trocken-warmen Frühjahrs 2018 auf die Ökosysteme zeigen, wie wichtig eine angepasste Vegetation bei Dürreereignissen ist. Mithilfe von Landmanagementstrategien, glauben die Forscher, könnten ähnlich extreme Szenarien wie die Sommerdürre 2018 zumindest abgemildert werden.

Julia Pongratz, Inhaberin des Lehrstuhls für Physische Geographie und Landnutzungssysteme der LMU, erläutert: „Langfristig wird die Vegetation im Frühjahr aufgrund der globalen Erwärmung stärker wachsen, mehr Wasser verbrauchen und damit das Risiko für Sommerdürren erhöhen“. Pongratz weiter: „Möglicherweise könnte man durch gezielte Pflanzungen Ökosysteme widerstandsfähiger machen, etwa indem landwirtschaftliche Flächen durch Wälder aufgelockert werden. Die verstärkten Sommerextreme werden aber auch die Ökosysteme verändern, wenn Schwellwerte für Mortalität und Feuer öfter überschritten werden. Es ist alles andere als klar, ob die europäischen Ökosysteme uns die große Dienstleistung einer Kohlendioxid-Senke auch in Zukunft noch erbringen.“


Quelle:
Bastos, A. et al. (2020): Direct and seasonal legacy effects of the 2018 heat wave and drought on European ecosystem productivity. In: Science Advances, (10. Juni 2020), doi: 10.1126/sciadv.aba2724.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Hitze und kein Tröpfchen Regen - das belastet im Jahrhundertsommer 2018 nicht nur Mensch und Tier, sondern auch die Pflanzen auf unseren Äckern. (Bildquelle: © StefleiFotografie/Pixabay/CC0)