Klasse statt Masse

Artenreiches Grasland bringt mehr Kohlenstoff in den Boden

27.03.2024 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Artenreiche Grasländer speichern viel Kohlenstoff im Boden. (Bildquelle: © 12019 / Pixabay)

Artenreiche Grasländer speichern viel Kohlenstoff im Boden. (Bildquelle: © 12019 / Pixabay)

Je vielfältiger eine Wiese ist, desto mehr Kohlenstoff wird im Boden abgelagert. Aber nicht, weil die Biomasseproduktion sich erhöht, sondern weil die Pflanzen kohlenstoffreichere Substanzen bilden, die im Boden langsamer abgebaut werden.

Eine hohe Artenvielfalt in Pflanzengesellschaften hat einen positiven Effekt auf das Klima:  durch mehr Einlagerung von Kohlenstoff im Boden. Bisher nahm man an, dass dies an einer besseren Nutzung des Nährstoffangebotes und damit einer höheren Biomasseproduktion liegt. Doch es könnte auch noch weitere Gründe dafür geben. Drauf deuten die Ergebnisse eines internationalen Forschungsteams unter Beteiligung der Leuphana Universität in Lüneburg.

Die Forscher:innen untersuchten 84 Flächen mit natürlichem und naturnahem Grasland in verschiedenen Klimazonen auf sechs Kontinenten. Auf den jeweiligen Flächen wurden im Schnitt 30 separate Untersuchungsflächen eingerichtet, die im Zeitraum von 2007 bis 2020 jährlich beprobt wurden. Erfasst wurden einmal pro Jahr die Artenvielfalt, die Biomasseproduktion, das Nährstoffangebot (Stickstoff, Kohlenstoff und Phosphor) sowie die Klimabedingungen (Temperatur und Niederschlag).

Unter Konkurrenzdruck werden mehr Gerüstsubstanzen gebildet

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Besonders in trockenen und warmen Gebieten bewirkt eine hohe Artenvielfalt auch eine erhöhte Kohlenstoffspeicherung im Boden.

Besonders in trockenen und warmen Gebieten bewirkt eine hohe Artenvielfalt auch eine erhöhte Kohlenstoffspeicherung im Boden.

Bildquelle: © Barbara Dulitz / Pixabay

Die Forscher:innen fanden heraus, dass auf allen Untersuchungsflächen mit steigender Artenvielfalt auch der Kohlenstoffgehalt im Boden zunahm. Für diesen Befund gibt es eine neue Hypothese: Bei erhöhter Artenvielfalt gibt es mehr Konkurrenz um das Licht, so dass die einzelnen Pflanzen höher wachsen. Dafür müssen die Stängel stabiler werden. Um das zu erreichen, werden vermehrt komplexe Gerüstsubstanzen wie Lignin in die Stängel eingebaut, die viel Kohlenstoff, aber wenig Stickstoff enthalten. Dadurch verschiebt sich das Verhältnis von Kohlenstoff und Stickstoff in der organischen Substanz zu Gunsten des Kohlenstoffs. Für abbauende Mikroorganismen ist das ein Nachteil, da sie aus stickstoffarmen Substanzen weniger Energie gewinnen können und abgestorbene Pflanzenreste daher langsamer abbauen. Eine weitere Erklärungsmöglichkeit: Eine erhöhte Artenvielfalt geht mit einer größeren Diversität an Pflanzensubstanzen einher. Für deren Abbau benötigen die Mikroorganismen eine breitere Palette an spezialisierten Enzymen. Auch dieser „Kraftakt“ könne den Abbau organischer Substanz im Boden verzögern. In der Folge erhöht sich kontinuierlich der Anteil an Kohlenstoff im Boden. Ein Vorgang, der allerdings Jahrzehnte in Anspruch nimmt.

Qualität statt Quantität

Am stärksten stieg der Kohlenstoffgehalt im Boden in warmen und trockenen Gebieten. Auch hier sahen die Forscher:innen einen Zusammenhang zwischen der chemischen Zusammensetzung der Pflanzen und ihrer Zersetzung durch Mikroben. So produzieren Pflanzen in trockenen Gebieten zum Beispiel vermehrt Wachse, um ihre Blätter vor Austrocknung und starker Sonneneinstrahlung zu schützen. Diese Substanzen haben ebenfalls einen höheren Kohlenstoffgehalt und einen geringeren Nährwert für Mikroorganismen.

Im Gegensatz dazu konnten sie nicht erkennen, dass eine gesteigerte Biomasseproduktion zu einem höheren Kohlenstoffgehalt im Boden führt. Die Forscher:innen erklären das mit zwei gegensätzlichen Effekten: Eine höhere Artenvielfalt führt zwar zunächst zu mehr Biomasse. Mittelfristig kommt es aber zu einer stärkeren Beschattung von kleinwüchsigen Arten. Diese werden verdrängt - die Artenvielfalt und Biomasseproduktion nehmen wieder ab.

Die Ergebnisse zeigen aus einem größeren Blickwinkel betrachtet die Klimaabhängigkeit von bestimmten Ökosystemfunktionen. Die Forscher:innen betonen, dass Grasländer etwa ein Drittel des globalen Kohlenstoffs speichern und dass das Verständnis der Funktionsweise dieser Ökosysteme von fundamentaler Bedeutung für das Klima sei. Daher müssten vor allem Grasländer in warmen und trockenen Klimaten entsprechend geschützt werden, um die globalen Bemühungen zum Klimaschutz nicht zu gefährden.


Quelle:
Spohn, M. et al (2023): The positive effect of plant diversity on soil carbon depends on climate. In: Nature Communications, 19. Oktober 2023. dx.doi.org/10.1038/s41467-023-42340-0

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Titelbild: Artenreiche Grasländer speichern viel Kohlenstoff im Boden. (Bildquelle: © 12019 / Pixabay)