Gut Ding will „Pause haben“
Mehrjährige Pflanzen bringen mehr Kohlenstoff in den Boden
In einer Langzeitstudie zeigte sich: Mit einer durchdachten Fruchtfolge und einer mehrjährigen Anbaupause kann sich ein größerer Kohlenstoffspeicher im Boden bilden.
Um einen weiteren Anstieg von CO2 in der Atmosphäre zu begrenzen, rückt die Kohlenstoffspeicherung im Boden immer weiter in den Fokus der Wissenschaft. Landwirtschaftliche Praktiken wie Bodenbearbeitung und die Auswahl der Pflanzen haben allerdings große Auswirkungen auf die Speicherfähigkeit des Bodens. Noch gibt es über die langfristige Entwicklung der gespeicherten Kohlenstoffmengen in landwirtschaftlich genutzten Böden zu wenige Studien. Daher haben sich Forscher:innen jetzt in einer Langzeitstudie mit den Auswirkungen näher auseinander gesetzt.
Kohlenstoff und Bodenbearbeitung
Der Boden hat eine enorme Bedeutung als Kohlenstoffspeicher. „Er enthält dreimal so viel Kohlenstoff wie die Vegetation und zweimal so viel wie die Atmosphäre“ erklärt Dr. Johannes Lund Jensen vom Institut für Agroökologie der Universität Aarhus in Dänemark. Pflanzen nehmen CO2 aus der Luft auf und bauen den Kohlenstoff in ihre organische Substanz ein. Stirbt die Pflanze ab, wird ein Großteil des Kohlenstoffs als Humus im Boden gespeichert. Mehrjährige oder ausdauernde Pflanzen können durch ihre längere Lebensdauer mehr Kohlenstoff in ihrer Biomasse speichern, bevor sie absterben. Bei natürlichen Böden bildet sich so über die Jahrhunderte ein großer Kohlenstoffspeicher. Auch Dauergrünland kann auf diesem Weg viel Kohlenstoff speichern. Das trifft leider nicht auf die meisten Äcker zu, denn hier werden überwiegend einjährige Pflanzen angebaut, die am Ende der Vegetationsperiode geerntet werden. Dazu werden die Böden jedes Jahr gepflügt, was zusätzlichen Sauerstoff in den Boden bringt und den Abbau organischer Substanz und damit die CO2-Freisetzung im Boden fördert.
Weniger ist mehr
Will man also mehr Kohlenstoff im Boden speichern, wäre der Anbau von mehrjährigen Feldfrüchten die richtige Wahl. Die Forscher:innen überlegten sich daher Fruchtfolgen, die beides vereinen:
Den Anbau von einjährigen Feldfrüchten und eine mehrjährige „Stilllegung“ der Fläche – während dieser Zeit wachsen lediglich Gras und Klee auf den Äckern. Seit 1986 wurden mehrere Flächen mit zwei unterschiedlichen Fruchtfolgen so bestellt (siehe Box). Die Gras- und Kleeflächen wurden viermal im Jahr gemäht.
Außerdem wurde auf allen Feldern in wechselnden Mengen Rindergülle ausgebracht. Bodenproben aus einer Tiefe von Null bis 20 Zentimeter haben die Wissenschaftler:innen über den ganzen Versuchszeitraum genommen und davon den Kohlenstoff- und Stickstoffgehalt bestimmt.
Grünland zahlt sich aus
Die Ergebnisse zeigten, dass der Kohlenstoffgehalt im Boden in den ersten Jahren deutlich anstieg (durchschnittlich um 370 kg Kohlenstoff pro Hektar in den ersten sieben Jahren). Aber die Zunahme verlangsamte sich in den Folgejahren und stagnierte nach ca. 20 Jahren. Die dazugewonnene Menge an Kohlenstoff im Boden betrug bei Fruchtfolge 1 insgesamt ca. 5.000 kg pro Hektar. Bei späterer Umstellung auf Fruchtfolge 2 kamen noch einmal 4.200 kg Kohlenstoff pro Hektar dazu. Auch etwa elf Prozent des Kohlenstoffs aus der Rindergülle verblieb im Boden.
Außerdem erhöhte sich der Stickstoffgehalt im Boden durch die Düngung um bis zu 350 kg Stickstoff pro Hektar. Auch der Stickstoffgehalt sei entscheidend, da nach dem Umbruch von Grünland große Stickstoffmengen als Lachgas (N2O) in die Atmosphäre entweichen oder ins Grundwasser ausgewaschen werden könnten, so die Forscher:innen.
Die gute und weniger gute Nachricht
Die anfangs schnelle Erhöhung des Kohlenstoffgehaltes im Boden ist sehr positiv zu bewerten, meinen die Forscher:innen. Denn im Zuge des Klimawandels müsse möglichst viel CO2 aus der Atmosphäre möglichst schnell gebunden werden. Die weniger gute Botschaft, die aus diesen Experimenten gezogen werden kann, ist die Begrenzung der Kohlenstoffakkumulation nach etwa 20 Jahren. Und eine Rückkehr zu einer Fruchtfolge mit ausnahmslos einjährigem Getreide würde auch wieder eine Freisetzung des über die Jahre gespeicherten Kohlenstoffs zur Folge haben – und das würde schneller passieren als der Aufbau des Kohlenstoffspeichers.
Das müsse das Bodenmanagement im Auge behalten, so Dr. Jensen und plädiert dafür: „Der Fokus muss zunehmend auf der Bewahrung der Kohlenstoffspeicher im Boden liegen, um den Klimawandel abzuschwächen.“
Quellen:
- Jensen, J. L. et al (2022): Soil organic C and N stock changes in grass-clover leys: Effect of grassland proportion and organic fertilizer. In: Geoderma 424, 29. Juni 2022. dx.doi.org/10.1016/j.geoderma.2022.116022
- Pressemeldung: https://phys.org/news/2023-01-carbon-content-agricultural-soils.html
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Titelbild: Mehrjährige Gräser können für eine erhöhte Kohlenstoffspeicherung im Boden sorgen. Dafür müssen sie aber mindestens zwei Jahre wachsen können. (Bildquelle: © justyna346/ pixabay)