Aktuelle Studie zur stofflichen Nutzung

06.05.2010 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Holz ist ein nachwachsender Rohstoff, der vielfältig einsetzbar ist. (Quelle: © goldbany/Fotolia.com)

Holz ist ein nachwachsender Rohstoff, der vielfältig einsetzbar ist. (Quelle: © goldbany/Fotolia.com)

In einer Studie wurde erstmalig die gesamte stoffliche Nutzung von Biomasse analysiert. Fazit: Ressourceneffizienz, Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Beschäftigung werden durch die Nutzung biogener Ressourcen positiv beeinflusst. 

Ziel der im Auftrag der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (FNR) des BMELV durchgeführten Studie des NOVA Instituts war es die Besonderheiten der stofflichen Nutzung sowie die Entwicklung von Instrumenten zur Förderung der stofflichen Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen zu untersuchen. Als Basis wurden das Volumen und die Struktur nachwachsender Rohstoffe, die Konkurrenzsituation mit anderen Nutzungsmöglichkeiten der Biomasse, wie die primäre Nutzung als Nahrung und Tierfutter oder als Biokraftstoff sowie das Potential bei der Substitution von fossilen Rohstoffen erfasst.

In Deutschland wurden 2007 insgesamt 90,6 Mio. t nachwachsende Rohstoffe für die stoffliche und energetische Nutzung verwendet. Der Löwenanteil bei der stofflichen Verwertung entfällt auf den Rohstoff Holz mit 44,3 Mio. t. Darüber hinaus wurden 3,6 Mio. t Agrarrohstoffe In der verarbeitenden Industrie eingesetzt. Hinzu kamen bis zu 6 Mio. t Getreidestroh die vor allem im landwirtschaftlichen Bereich genutzt wurden. Demgegenüber gingen insgesamt etwa 42,7 Mio. t (10,1 Mio. t Agrarrohstoffe und 32,6 Mio. t Holz) in die energetische Nutzung. Demnach wurden von den verfügbaren nachwachsenden Rohstoffen 53% stofflich und 47% energetisch genutzt.

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Raps, einer der wichtigsten Rohstofflieferanten zur Gewinnung vion Bioenergie.

Raps, einer der wichtigsten Rohstofflieferanten zur Gewinnung vion Bioenergie.

Bildquelle: © GABI-Geschäftsstelle

Wichtigste industrielle Abnehmer dieser 3,6 Mio. t Agrarrohstoffen ist die chemische Industrie. Mit 47 % finden diese als Chemikalienbausteine, in der Bauchemie oder bei der Erzeugung von bio-basierte Kunststoffen ihre Anwendung. Die Oleochemie, also die Erzeugung von Tensiden, Farben und Lacken und Schmierstoffe kam auf einen Nutzungsanteil von 28 %. Die Papier und Zellstoffindustrie nutzte 18 % der zur Verfügung stehenden Agrarrohstoffe. Hierbei vor allem die Stärke. Lediglich 4% entfiel auf die Textilindustrie für die Erzeugung von Textilien sowie die Herstellung von Verbund- und Dämmstoffen. Pharma- und Kosmetikindustrie kamen auf einen Nutzungsanteil von 2 %.

Der biogene Rohstoff Holz wird vor allem für die Säge- und Holzwerkstoffindustrie, hierzu zählen z.B. Bau, Möbel oder die Nutzung für die Herstellung von Verpackungen sowie für die Zellstoff- und Papierindustrie eingesetzt. Kleinere Mengen werden für eine Vielzahl von Anwendungen bei der Herstellung von Textilien, Verdickungsmitteln, Kleister, Zigarettenfilter und Polymere zur späteren Weiterverarbeitung genutzt.

Der größte Teil der Agrarrohstoffe (64 %) für die stoffliche Nutzung wurde importiert. Die verbleibenden 1,3 Mio. t (36 %) werden in Deutschland auf einer Fläche von insgesamt 280.000 ha gewonnen. Importgüter sind vor allem Pflanzenöle (Palm-, Kokos-, Sojaöl), Naturkautschuk, Chemiecellulose, Naturfasern wie Baumwolle) oder Maisstärke. Ebenfalls von großer Bedeutung für die Importe sind Arzneipflanzen. Im Bereich der Proteine sowie beim Zucker spielen Importe kaum oder gar keine Rolle. Im Holzbereich liegt die Importquote auf allen Verarbeitungsebenen bei lediglich 10 %.

Die Bedeutung und das Potential der stofflichen Nutzung spiegelt sich in der aktuellen Förderpolitik nur marginal wieder. Der Schwerpunkt der Förderung liegt auf dem energetischen Bereich. In vielen Fällen macht dieser durch Instrumente wie z.B. das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das Energiesteuergesetz, das Biokraftstoffquotengesetz, das Markteinführungsprogramm für Pelletheizungen, reduzierter Umsatzsteuer für Brennholz und vielen weiteren Maßnahmen 50 % bis 80 % der Umsatzerlöse aus. Durch die so geschaffenen Anreize hat sich die Anbaufläche für Energiepflanzen innerhalb von zehn Jahren in Deutschland verzehnfacht. Die Anbauflächen zur stofflichen Nutzung stagnieren bei etwa 300.000 Hektar.

Das Fazit der Studie:

Nach Analyse der NOVA Instituts stehen in Deutschland für die Anbau nachwachsender Rohstoffe 2 bis 3 Mio. ha, die nicht für Lebens- und Futtermittel benötigt werden, zur Verfügung. Das BMELV spricht in seinen Schätzungen durch Einbeziehung sämtlicher Ruderalflächen von bis zu 5. Mio. ha. Unter günstigen Rahmenbedingungen, wie eine adäquate und austarierte Förderpolitik und einem anhaltend hohen Ölpreis, könnte die stoffliche Nutzung bis zum Jahr 2020 in Deutschland eine Fläche von über 1,8 Mio. ha belegen. Dies entspräche dann derselben Größenordnung wie die aktuell zur energetischen Nutzung verwendete Fläche in Deutschland.

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Biomasse aus Abfallprodukten: Hobel- und Sägespäne werden unter hohem Druck zu Pellets verdichtet.

Biomasse aus Abfallprodukten: Hobel- und Sägespäne werden unter hohem Druck zu Pellets verdichtet.

Bildquelle: © tchara - Fotolia.com

Wichtige Rohstofflieferanten auf dieser Fläche wären Raps (905.000 ha), Weizen (670.000 ha) und Zuckerrübe (175.000ha). Primäre Einsatzgebiete für diese Massenrohstoffe wären die chemische Industrie und Bereiche wie die Biowerkstofferzeugung oder die Oleochemie. Daneben könnten Nischenkulturen wie Hanf, Miscanthus, Kurzumtriebsplantagen und Arzneipflanzen zusammen eine Fläche von bis zu 90.000 ha belegen. Diese werden vor allem als Biowerkstoffe (Holzwerkstoffe, naturfaserverstärkte Kunststoffe, Dämmstoffe, Textilien) sowie im Pharmabereich verwendet.

Bei der makroökonomischen Bewertung stellt die Studie heraus, dass durch die deutlich längeren und komplexeren Wertschöpfungsketten gegenüber den energetischen Nutzungswegen deutlich positivere Effekte auf Beschäftigung und Wertschöpfung zu erwarten sind. Ebenso positiv ist der Effekt stofflicher Nutzungskonzepte auf die Umweltbilanz. Die Einsparung von Treibhausgasen liegt im Bereich der Biokraftstoffe der ersten Generation wie Bioethanol und für viele Produktlinien sogar deutlich über diesen. Berücksichtigt man als Nachnutzung der Produkte eine Kaskadennutzung (Recycling und am Ende energetische Nutzung), kann sich die Einsparung noch erheblich vergrößern.

Nimmt man den Anspruch der Ressourceneffizienz ernst, kommt man nicht umhin, nachwachsende Rohstoffe erst stofflich (evtl. ein zweites Mal stofflich) und dann erst energetisch, also in einer Kaskade, zu nutzen. Am Kaskadenprinzip führt kein Weg vorbei. Die energetische Nutzung von Agrar- 
Forstrohstoffen aus der Kaskade sowie Neben- und Reststoffströmen muss primärer Fokus zukünftiger Förderungen sein.


Ab 19. Mai finden Sie auf der Homepage des NOVA Instituts eine 70-seitige Kurzzusammenfassung der Studie „Entwicklung von Förderinstrumenten für die stoffliche Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen in Deutschland - Volumen, Struktur, Substitutionspotenziale, Konkurrenzsituation und Besonderheiten der stofflichen Nutzung sowie Entwicklung von Förderinstrumenten“.