Calcium macht die Pforten dicht
Stomata werden bei Pathogenbefall durch spezielle Calciumkanäle geschlossen
Krankheitserreger können durch Spaltöffnungen leicht in Pflanzen eindringen. Daher schließen sie diese Pforten, sobald sie verräterische Proteine der Eindringlinge wahrnehmen. Verantwortlich dafür ist der Calciumkanal OSCA1.3, der ausschließlich auf Pathogene reagiert. Diese Erkenntnis könnte auch die Entwicklung von krankheitsresistenten Nutzpflanzen beflügeln.
Unzählige kleine Türen führen ins Innere von Pflanzen. Die Rede ist von Spaltöffnungen, auch Stomata genannt, die auf den Unterseiten von Blättern sitzen. Über sie atmen die Pflanzen Kohlendioxid ein und Sauerstoff aus. Außerdem kann über die Spaltöffnungen Wasserdampf verdunsten – aber sie bieten auch ein Einfallstor für Krankheitserreger.
Daher ist das Schließen der Spaltöffnungen ein Teilmechanismus der pflanzlichen Pathogenabwehr. Als Alarmsignal gelten typische Strukturen von Krankheitserregern, wie einige Proteinstrukturen der Geißel von Bakterien. Solche Proteine werden auch als PAMP bezeichnet, kurz für Pathogen-associated Molecular Pattern. Daneben können auch Signale, die als Folge von Gewebe- oder Zellschäden z. B. durch einen Pathogenbefall entstehen (sogenannte Damage-associated Molecular Patterns, kurz DAMP), eine Schließreaktion auslösen.
OSCA1.3 lässt Calcium einströmen
Wird ein PAMP oder DAMP erkannt, strömt Calcium in die Schließzellen ein und die Spaltöffnungen schließen sich innerhalb weniger Minuten. Bisher war jedoch unklar, welcher Mechanismus dafür verantwortlich ist.
Jetzt hat ein internationales Team von Wissenschaftlern gezeigt, dass der Calciumkanal OSCA1.3 dafür verantwortlich ist. Er wird von dem Protein BIK1 phosphoryliert, ändert dadurch seine Struktur und lässt Calciumionen in die Schließzellen einströmen. Die Forscher bestätigten dieses Ergebnis, indem sie mehrere genetische Mutationen einführten, die die Funktion des Calciumkanals OSCA1.3 aufhoben. Bei diesen mutierten Pflanzen führte der mikrobielle Auslöser nicht zum Schliessen der Poren. „Unsere Ergebnisse identifizieren den ersten pflanzlichen Calciumkanal, der eine Rolle beim Verschluss der Spaltöffnungen spielt“, sagt Cyril Zipfel, Professor an der Universität Zürich und Senior Group Leader am The Sainsbury Laboratory in Norwich, Großbritannien, der die Experimente geleitet hat.
Trockenheit löst anderen Mechanismus aus
Insgesamt verfügt die Modellpflanze Arabidopsis thaliana über 15 Isoformen der OSCA-Kanäle. Nur noch OSCA1.7 zeigt an der entscheidenden Stelle ein ähnliches Sequenzmotiv wie OSCA1.3 und kann daher auch von BIK1 phosphoryliert werden. Weder OSCA1.3 noch OSCA1.7 sind jedoch dafür notwendig, dass Pflanzen ihre Spaltöffnungen aufgrund von Trockenheit schließen. Dafür scheint ein separater Signalweg verantwortlich zu sein.
„Unsere Erkenntnisse haben das Potenzial, bei der Entwicklung von resistenten Nutzpflanzen zu helfen“, sagt Cyril Zipfel. Man könnte zum Beispiel versuchen, OSCA1.3 so zu verändern, dass er noch schneller auf Pathogene reagiert. Vielleicht existiert solch eine Variante des Rezeptors sogar bereits in der natürlichen Population von Nutzpflanzen und kann durch klassische Züchtungsmethoden eingekreuzt werden. Pathogene vernichten zurzeit etwa 15 Prozent der weltweiten Ernte. Widerstandsfähigere Nutzpflanzen sind daher ein wichtiger Baustein für eine sichere Lebensmittelversorgung.
Quelle:
Thor, K. et al. (2020): The calcium-permeable channel OSCA1.3 regulates plant stomatal immunity. In: Nature, (26. August 2020), doi: 10.1038/s41586-020-2702-1
Zum Weiterlesen:
- Immunsysteme von Pflanzen und Tieren ähnlicher als gedacht – Wie das pflanzliche Frühwarnsystem aktiviert wird
- Der heilige Gral der Pflanzenforschung - Neue Möglichkeit entdeckt, Pflanzen widerstandsfähiger zu machen
- Zwei Fliegen mit einer Klappe – Vor Bakterien und Trockenheit schützen sich Pflanzen mit dem gleichen molekularen Mechanismus
Titelbild: Die Spaltöffnungen, winzige Poren auf den Blattoberfläche, ermöglichen den Gasaustausch mit der Umwelt und wehren über einen spezifischen Verschlussmechanismus Krankheitserreger ab. (Bildquelle: © iStock.com/barbol88)