Clever fett werden

Wie sukkulente Pflanzen sich durch Neuordnung der Leitbündel mehr „Speicherplatz“ verschaffen

24.04.2013 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Fette, fleischige Blätter sind eine Anpassung an trockene Standorte. Die neue Blattgeometrie bringt jedoch auch Probleme mit sich. (Quelle: © iStockphoto.com)

Fette, fleischige Blätter sind eine Anpassung an trockene Standorte. Die neue Blattgeometrie bringt jedoch auch Probleme mit sich. (Quelle: © iStockphoto.com)

Wissenschaftler fanden heraus, auf welchem Weg sukkulente Pflanzen ihr Leitgefäßsystem an voluminöse Blätter anpassten.

Pflanzen haben sich seit jeher mit ihren Umweltbedingungen arrangiert. Zu den besonders auffälligen Anpassungen gehört die Sukkulenz, sie dient der zusätzlichen Wasserspeicherung bei Trockenheit oder hohem Salzgehalt, wie zum Beispiel beim Kandelaberkaktus (Carnegiea gigantea), der im Südwesten der USA wächst oder beim europäischen Queller (Salicornia europaea) aus dem Wattenmeer, der sich an das salzhaltige Meerwasser angepasst hat. Allerdings weiß man bisher wenig über die Entstehung und Entwicklung sukkulenter Strukturen innerhalb von Pflanzenorganen. Wissenschaftler haben sich jetzt mit der Entwicklung der Blattsukkulenz und deren anatomischen und morphologischen Auswirkungen befasst.

Anpassung an Trockenheit und Blattsukkulenz

An Trockenheit angepasste Pflanzen (Xerophyten) haben eine spezielle Blattmorphologie: Die  Spaltöffnungen (Stomata) sind eingesenkt, um den Wasserverlust durch Transpiration zu verringern. Die Blätter sind zudem oftmals rundlich, um die Oberfläche zu verkleinern. Bei sukkulenten Pflanzen ist zusätzlich das Blattvolumen vergrößert, um möglichst viel Wasser zu speichern Dies geschieht in Epidermis- oder Mesophyllzellen, die für die Speicherung stark vergrößerte Vakuolen besitzen, sogenannte Saftvakuolen, was den Blättern ein fleischiges Aussehen gibt.

Blätter haben eine wichtige Funktion zur Versorgung der Pflanze mit Kohlenhydraten aus der Photosynthese und zum Transport von Wasser zu den Spaltöffnungen. Vergrößert sich der Abstand zwischen den verschiedenen Zellbereichen und dem Leitbündelsystem, etwa durch eine Zunahme des Volumens, wird der Prozess entsprechend langsamer, die Leitbündeldichte nimmt im Verhältnis zum Volumen ab. Das ist bei sukkulenten Blättern  mit einem in einer Ebene liegenden, also quasi „zweidimensionalen“ Leitungssystem der Fall. Dementsprechend kann sich das Blatt nur so weit vergrößern, wie der Wasser- und Assimilattransport gerade noch gewährleistet werden kann.

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Durch die ringförmige Anordnung der Leitgefäße (violett), werden photosynthetische Zellen auch in den

Durch die ringförmige Anordnung der Leitgefäße (violett), werden photosynthetische Zellen auch in den "fetten" Blättern sukkulenter Pflanzenarten ausreichend mit Nährstoffen versorgt. Das Bild zeigt den Querschnitt eines sukkulenten Phemeranthus teretifolius Blattes.

Bildquelle: © Matt Ogburn/ Brown University

Dreidimensionales Leitungssystem löst die Probleme

Manche Pflanzenarten mit dicken, rundlichen Blättern und einem hohen Sukkulenzgrad (siehe Wissensbeitrag) haben dieses Problem offenbar gelöst. Die Forscher untersuchten den Wassergehalt von 83 Pflanzenarten aus der Unterordnung der Portulacineae und der Familie der Mollugogewächse (Molluginaceae) und 42 dieser Pflanzen zusätzlich auf ihre Leitbündeldichte. Sie entdeckten, dass Pflanzen mit einem hohen Sukkulenzgrad eine dreidimensionale Struktur des Leitungssystems aufwiesen, mit der sie eine größere Volumenzunahme als bisher erreichen konnten. 

Um diese dritte Dimension zu erreichen, entwickelten sich bei den Pflanzen zwei unterschiedliche Formen: Eine zylindrische und eine ovale. Die häufiger beobachtete zylindrische Form („3D-Typ I“) entstand vermutlich, indem sich das Blatt zusammenrollte, so dass die ehemalige Oberseite des Blattes zur Außenseite wurde. Erkennbar ist das an der kreisförmigen Anordnung der Leitbündel, bei denen das Xylem im Querschnitt nach außen weist. Die nicht so häufige ovale Form („3D-Typ II“) hat nach oben orientierte Leitbündel, die aber nicht mehr in einer Ebene liegen, sondern überall im Blatt verteilt sind. Sie zweigen jetzt nicht nur nach „links“ und „rechts“ ab, sondern auch nach „oben“ und „unten“ und erreichen somit wichtige Bereiche des Blattes. Durch die Annäherung an die optimale zylindrische Form minimieren die Pflanzen somit nicht nur ihren Wasserverlust, sondern haben durch die zusätzliche Volumenvergrößerung auch mehr „Platz“ zum Wasserspeichern. Diese beiden Formen der Blattsukkulenz entwickelten sich innerhalb der untersuchten Taxa mehrmals unabhängig voneinander.

Weit verbreitete Lösung für Transportprobleme in dicken Blättern

Die Forscher gehen davon aus, dass diese Form der Blattanatomie die Lösung für ein generelles Transportproblem darstellt, das auftritt, sobald die Blattgeometrie zum Zweck des Wassersparens von einer planaren zu einer dreidimensionalen Ebene verändert wird. Dafür spricht, dass diese Anatomie auch in anderen blattsukkulenten Pflanzen auftritt, etwa bei Aloen oder beim Brutblatt (Kalanchoe daigremontiana). Ihre Blätter zeigen, dass das 3D-Leitsystem es den Pflanzen ermöglicht, neue Formen anzunehmen, die andernfalls nicht möglich wären.


Ogburn, R. M., Edwards, E. J. (2013): Repeated origin of three-dimensional leaf venation releases constraints on the evolution of succulence in plants. In: Current Biology 23 (5. April 2013), doi.org/10.1016/j.cub.2013.03.029

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