Clevere Türöffner-Architektur

Mehr Kohlenstoff für junge Blätter durch temporär unterschiedliches Stomata-Design

20.09.2013 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Über die Stomata in der Epidermis eines Blattes reguliert die Pflanze ihre CO2 Aufnahme und kann Wasser verdunsten. (Quelle: © iStockphoto.com/NNehring)

Über die Stomata in der Epidermis eines Blattes reguliert die Pflanze ihre CO2 Aufnahme und kann Wasser verdunsten. (Quelle: © iStockphoto.com/NNehring)

Junge Blätter entstehen im Inneren der rosettenförmigen Arabidopsis-Pflanze. In ihrer Mikroumgebung herrscht eine höhere Luftfeuchtigkeit als um die älteren, äußeren Blätter. So können junge Blätter ihre Stomata stets geöffnet halten, um viel CO2 für die Photosynthese aufzunehmen, ohne dabei auszutrocknen. Reguliert wird der Prozess über das Phytohormon Abscisinsäure.

Über die Spaltöffnungen, die sog. Stomata, in der Epidermis eines Blattes kann eine Pflanze sowohl ihren Wasserhaushalt regulieren, als auch CO2 aufnehmen. Eine Spaltöffnung besteht aus zwei Schließzellen, die meist bohnenförmig um eine Öffnung in der Blattunterseite angeordnet sind. Wann sich die Stomata öffnen oder schließen, wird zum einen durch pflanzliche Hormone, zum anderen über Umwelteinflüsse reguliert und ist bereits umfassend untersucht worden. Wenig bekannt war bisher allerdings über die Regulation der Stomata während der Blattentwicklung. „Es ist wichtig, diesen Prozess zu verstehen“, schreiben Wissenschaftler in einer aktuellen Studie im Fachmagazin „Current Biology“, „denn er steht in direktem Zusammenhang mit dem Verhältnis von Kohlenstoff zu Wasser in einem Blatt und ist damit maßgeblich am Blattwachstum beteiligt.“

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Spaltöffnungen (Stomata) bestehen aus zwei Schließzellen. Die Chloroplasten dieser Arabidopsis-Spaltöffnung sind rot dargestellt. (Quelle: © Alex Costa /PLOS Biol 4(10):e358, doi: 10.1371/ journal.pbio.0040358/ CC BY 2.5)

Spaltöffnungen (Stomata) bestehen aus zwei Schließzellen. Die Chloroplasten dieser Arabidopsis-Spaltöffnung sind rot dargestellt. (Quelle: © Alex Costa /PLOS Biol 4(10):e358, doi: 10.1371/ journal.pbio.0040358/ CC BY 2.5)

Je älter das Blatt, desto kleiner die Spaltöffnung

Die Modellpflanze Arabidopsis thaliana wächst rosettenartig – die jüngsten Blätter entspringen der Mitte der Pflanze, die ältesten befinden sich außen. Um zu untersuchen, wie Stomata während der Entwicklung eines Blattes reguliert werden, analysierten die Wissenschaftler die Verdunstungsmenge von Blättern unterschiedlichen Alters. Dabei stellten sie fest, dass die Verdunstungsmenge mit zunehmendem Alter der Blätter dramatisch abnimmt. Da die Verdunstung von Wasser einen kühlenden Effekt hat, war auch die Temperatur in jungen Blättern niedriger als in voll ausgewachsenen. Weitere Untersuchungen zeigten, dass die Öffnung der Stomata während der Blattentwicklung immer kleiner wird. „Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass die allmähliche Verkleinerung der Spaltöffnungen für die Abnahme der Verdunstungsmenge im Laufe der Blattontogenese verantwortlich ist“, schreiben die Autoren. Doch wer reguliert die Größe der Stomata während des Blattwachstums? Und warum haben jüngere Blätter größere Spaltöffnungen als ältere?

Junge Blätter reagieren kaum auf Abscisinsäure

Pflanzenhormone sind an der Öffnung und Schließung der Stomata maßgeblich beteiligt. Ein wichtiger Vertreter unter ihnen ist das Phytohormon Abscisinsäure (ABA). Es gilt als „Trockenhormon“ und bewirkt, dass sich die Stomata der Blätter bei Trockenheit schließen, um einem Feuchtigkeitsverlust vorzubeugen. Und tatsächlich: Bei Arabidopsis Mutanten, denen die Abscisinsäure fehlte, konnten die Forscher schon in früheren Studien im Gegensatz zu Wildtyppflanzen lediglich eine minimale Abnahme der Verdunstungsmenge mit zunehmendem Alter der Blätter feststellen. Besprühten die Wissenschaftler die Mutanten jedoch mit ABA, verhielten sie sich wieder wie Wildtyppflanzen. Daher geht man davon aus, dass das Pflanzenhormon für die unterschiedliche Öffnung der Stomata während der Blattentwicklung verantwortlich ist. Genauere Untersuchungen der aktuellen Studie belegten, dass die jungen Blätter dabei wenig empfindlich auf ABA reagieren und ihre Stomata daher weit geöffnet sind. Mit fortschreitendem Alter eines Blattes nimmt auch die Reaktion der Stomata auf das Pflanzenhormon zu. Auch bei Dunkelheit schließen sich die Stomata. Untersuchungen der Wissenschaftler zeigten, dass ABA auch am nächtlichen Schließen der Stomata bei älteren Blättern beteiligt ist.

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Arabidopsis thaliana wächst rosettenförmig. Die Luftfeuchtigkeit um die jüngeren Blätter in der Mitte der Pflanze ist stets etwas höher als an den älteren, äußeren Blättern.

Arabidopsis thaliana wächst rosettenförmig. Die Luftfeuchtigkeit um die jüngeren Blätter in der Mitte der Pflanze ist stets etwas höher als an den älteren, äußeren Blättern.

Bildquelle: © Quentin Groom/ wikimedia.org; gemeinfrei

Pflanzenarchitektur sorgt für unterschiedliche Luftfeuchtigkeitsverhältnisse

Das Phytohormon ABA reguliert die Öffnung der Stomata je nach relativer Luftfeuchte der Umgebung. Bei niedriger Luftfeuchte produziert die Pflanze vermehrt ABA, welches die Stomata relativ geschlossen hält, um eine übermäßige Verdunstung zu vermeiden. Umgekehrt baut die Pflanze bei einer hohen relativen Luftfeuchte in der Umgebung ABA ab, wodurch sich die Spaltöffnungen öffnen.

Erstaunlicherweise zeigten die Versuche der Wissenschaftler, dass der Zustand offener Stomata- trotz des Risikos der Austrocknung- gerade für junge Blätter offenbar ein erstrebenswerter Zustand ist. Da im Inneren der rosettenförmigen Arabidopsis-Pflanze eine höhere Luftfeuchtigkeit vorliegt als am äußeren Rand der Pflanze, reagieren die jungen Blätter in der Mitte zunächst nur wenig auf das Stomata schließende Hormon ABA. „Dass erst ältere Blätter sensibel auf ABA reagieren, hängt offenbar mit der immer trockeneren Umgebungsluft zusammen, denen die Blätter mit zunehmendem Alter ausgesetzt sind“, fassen die Wissenschaftler zusammen. Warum das so ist, erklären die Forscher ganz einfach: „Indem jungen Blätter bei geöffneten Stomata viel CO2 aufnehmen können, wird ihre Photosyntheseleistung aufrechterhalten, denn vor allem wachsende Blätter sind auf ausreichend Kohlenstoff angewiesen.“ Die höhere Luftfeuchtigkeit im Inneren der Arabidopsis-Rosette verhindere dabei trotz der weit geöffneten Stomata ein Austrocknen der jungen Blätter.

Welche metabolischen Prozesse zwischen der Änderung der Luftfeuchtigkeit und der Reaktion auf ABA in alternden Blättern ablaufen, wollen die Wissenschaftler in Zukunft untersuchen. Außerdem soll geklärt werden, wie die Öffnung der Stomata bei Pflanzen mit einer nicht rosettenartigen Architektur reguliert ist.


Quelle:
Pantin, F. et al. (2013): Developmental Priming of Stomatal Sensitivity to Abscisic Acid by Leaf Microclimate. In: Current Biology, (12. September 2013), doi: 10.1016/j.cub.2013.07.050.  

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Titelbild: Über die Stomata in der Epidermis eines Blattes reguliert die Pflanze ihre CO2 Aufnahme und kann Wasser verdunsten. (Quelle: © iStockphoto.com/NNehring)