Ein Algenprotein macht’s möglich
Fernsteuerung der Schließzellen über Lichtimpulse
Kleine Poren auf der Blattoberfläche – Spaltöffnungen oder Stomata – regulieren den CO2- und Wasserhaushalt von Pflanzen. Forscher:innen der Julius-Maximilians-Universität Würzburg haben einen Weg gefunden, die Schließbewegung der Stomata durch Lichtimpulse zu steuern. Ihre Erkenntnisse könnten die Züchtung dürretoleranter Pflanzen voranbringen.
Wie können Pflanzen sich besser vor Trockenheit schützen? Diese Frage beschäftigt Pflanzenzüchter:innen im Zuge des fortschreitenden Klimawandels immer mehr. Die Stomata könnten der richtige Ansatzpunkt sein. Sie öffnen sich, damit Kohlendioxid (CO2) für die Photosynthese in die Blätter strömen kann. Doch ist es heiß und trocken, schließen sie sich. So schützen sich Pflanzen vor unkontrolliertem Wasserverlust durch Verdunstung (Transpiration).
Ein Hormon steuert normalerweise die Schließzellen
Wann sich die Stomata öffnen und schließen, wird von je zwei Schließzellen bestimmt. Ist ihr Zellinnendruck hoch, sind die Poren geöffnet. Sinkt der Druck, schließen sie sich. Dieser Prozess wird durch die Konzentration von CO2 oder dem Pflanzenhormon Abscisinsäure (ABA) gesteuert. ABA wird von der Pflanze immer dann gebildet, wenn es ihr an Wasser mangelt. Ein hoher ABA-Spiegel setzt eine hochkomplexe Signalkaskade in den Schließzellen in Gang, die den Innendruck der Zellen senkt.
„Kurzschluss“ durch ein lichtempfindliches Algenprotein
Forschenden der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) ist es gelungen, diese Signalkette zu umgehen und die Stomata von Tabakpflanzen nur durch den Einsatz von Lichtimpulsen zu schließen. Dazu bauten sie den Anionenkanal ACR1, ein lichtempfindliches Algenprotein, als „Lichtschalter“ in die Schließzellen ein. Bei einem Lichtimpuls öffnen sich die Anionenkanäle, Chlorid und Kalium strömen aus den Schließzellen und ihr Innendruck sinkt. Nach 15 Minuten sind die Stomata vollständig geschlossen.
Mehr Anionenkanäle könnten Dürreschutz verbessern
Dieses Ergebnis beweist, dass Stomata sich allein durch das Öffnen von Anionenkanälen schließen lassen. Daraus ergeben sich Chancen für die Züchtung von klima- und dürretoleranten Pflanzen. Denn die Forscher:innen erwarten, dass Pflanzen mit mehr Anionenkanälen in den Schließzellen besser auf Hitze- und Dürrewellen vorbereitet sind. Ihre Poren schließen schneller und die Wasserverdunstung über die Blätter ist dann umso geringer.
Der verwendete „Algen-Lichtschalter“ bietet sich auch als optogenetisches Werkzeug für die Grundlagenforschung an.
„Mit ihm können wir neue Einsichten gewinnen, wie Pflanzen ihren Wasserverbrauch regulieren und wie die Fixierung von Kohlendioxid und die Bewegungen der Stomata gekoppelt sind“, erklärt der Schließzellexperte Professor Rainer Hedrich von der JMU.
Quelle:
Huang, S. et al. (2021): Optogenetic control of the guard cell membrane potential and stomatal movement by the light-gated anion channel GtACR1, Science Advances, 7 (28), (9. Juli 2021), doi: 10.1126/sciadv.abg4619.
Zum Weiterlesen:
- Wasser sparen oder Photosynthese ankurbeln? – Intelligente Steuerung der Blattöffnungen durch das Pflanzenhormon ABA
- Calcium macht die Pforten dicht – Stomata werden bei Pathogenbefall durch spezielle Calciumkanäle geschlossen
- Von Hanteln, die schnell handeln – Bei Trockenheit sind Gräser aufgrund ihrer Stomata im Vorteil
Titelbild: Spaltöffnungen bestehen aus zwei Schließzellen. Sie sind meist bohnenförmig um die Öffnung auf der Blattunterseite angeordnet. (Bildquelle: © iStock.com/tonaquatic)