Signale aus dem All

Satelliten im Dienste der Wissenschaft

26.02.2015 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Der ESA-Forschungssatellit Sentinel 1 umkreist die Erde in 700 Kilometer Höhe und liefert von dort aus Daten für die Umwelt- und Klimafolgenforschung. (Bildquelle: © ESA/DLR)

Der ESA-Forschungssatellit Sentinel 1 umkreist die Erde in 700 Kilometer Höhe und liefert von dort aus Daten für die Umwelt- und Klimafolgenforschung. (Bildquelle: © ESA/DLR)

Ausgestattet mit hochauflösenden Kameras, Spektrometer und Sensoren umkreisen tonnenschwere Forschungssatelliten mit Überschallgeschwindigkeit die Erde. Sie liefern Klimaforschern, Geowissenschaftlern und auch Pflanzenforschern wertvolle Daten und Informationen. Um diese auswerten zu können, ist jedoch viel Hintergrundwissen und Vorarbeit nötig.

Wie in vielen anderen Bereichen auch, eröffnet der Einsatz von Satelliten auch der Pflanzenforschung neue Perspektiven und Möglichkeiten. Der Blick von Oben ermöglicht es Forschern unter anderem, die Ausbreitung und das Wachstum von Pflanzenpopulationen über einen längeren Zeitraum zu erfassen. Auf diese Weise lässt sich beispielsweise beantworten, wie diese auf klimatische oder umweltbedingte Veränderungen an ihrem Standort reagieren, was in Zeiten des Klimawandels von großer Bedeutung ist.

Frühzeitige Warnsignale wahrnehmen

Um zum Beispiel Aussagen über klimabedingte Beeinträchtigungen und Auswirkungen treffen zu können, ist es wichtig, Warnsignale so früh wie möglich zu erkennen und nicht zu warten, bis die Vegetation in den betroffenen Gebieten Schaden nimmt. Dies setzt voraus, dass pflanzliche Stresssymptome frühzeitig erkannt werden, wie zum Beispiel eine Beeinträchtigung der Photosynthese.

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Die rote Farbe signalisiert in einem Testlauf eine erhöhte Chlorophyllfluoreszenz, welche auf eine Beeinträchtigung der Photosynthese zurückzuführen ist und Hinweise darauf gibt, dass die Pflanzen in dem betroffenen Bereich unter Stress stehen.

Die rote Farbe signalisiert in einem Testlauf eine erhöhte Chlorophyllfluoreszenz, welche auf eine Beeinträchtigung der Photosynthese zurückzuführen ist und Hinweise darauf gibt, dass die Pflanzen in dem betroffenen Bereich unter Stress stehen.

Bildquelle: © ESA / University of Milano-Bicocca

Trockenstress bringt Pflanzen zum Leuchten

Als Gradmesser dient dabei die Chlorophyllfluoreszenz. Damit ist das Licht gemeint, welches von den Blättern unter Sonnenlicht reflektiert wird. Im Normalfall werden zwischen 80 % und 90 % des Sonnenlichts bzw. der Energie von gesunden Pflanzen für photosynthetische Zwecke absorbiert und umgesetzt, 5 - 10 % in Form von Wärme wieder freigesetzt und bis zu 2 % als schwach fluoreszierendes Licht abgegeben.

Abweichungen vom Normalfall bzw. erhöhte Fluoreszenzwerte können ein Zeichen dafür sein, dass die Energie aufgrund einer beeinträchtigten Photosynthese nicht vollständig abgenommen und umgesetzt werden kann. Dies kann unter anderem dann auftreten, wenn zu wenig Wasser zur Verfügung steht, und zwar nicht nur weil Wasserstoff ein elementarer Baustein der Photosynthese ist, sondern auch weil Wasser bei der Aufnahme und dem Transport von Nährstoffen eine entscheidende Rolle spielt.

Als einer der wichtigsten biochemischen Prozesse der Erde ermöglicht die Photosynthese Pflanzenwachstum, produziert Sauerstoff und schafft somit die Voraussetzung und Nahrungsgrundlage für alles Leben auf der Welt, wie wir es kennen. Hinzu kommt die besondere Bedeutung für das Wetter und das Klima unseres Planeten, da die Photosynthese der Atmosphäre tonnenweise Treibhausgase entzieht und diese in Form von Biomasse langfristig bindet. Störungen dieses elementaren Prozesses haben daher weitreichende Folgen.

Spektrometer machen unsichtbares sichtbar

Um die Chlorophyllfluoreszenz einfangen zu können, sind hochauflösende Spektralkameras nötig, wie zum Beispiel das HyPlant Spektrometer, mit dem der FLEX-Forschungssatellit der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) ausgerüstet ist. Spektrometer sind in der Lage, das Licht auf seine unterschiedlichen Wellenlängen zu untersuchen und diejenigen herauszufiltern, die typisch für die Chlorophyllfluoreszenz sind und teilweise außerhalb des sichtbaren Bereichs liegen.

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Der Amazonas-Regenwald stand jahrelang im Zentrum einer zum Teil hitzig geführten Debatte, die um die Frage kreiste, ob Licht oder Wasser sein Wachstum stärker beeinflusst.

Der Amazonas-Regenwald stand jahrelang im Zentrum einer zum Teil hitzig geführten Debatte, die um die Frage kreiste, ob Licht oder Wasser sein Wachstum stärker beeinflusst.

Bildquelle: © Rex/ Wikimedia.org/ CC0

Das rätselhafte Ergrünen des Amazonas-Regenwaldes

Trotz der technischen Möglichkeiten, der hohen Auflösung und der sensiblen Sensorik sind Fehlinterpretationen selbst bei gestochen scharfen Satellitenaufnahmen nicht ausgeschlossen: 2005 ergab zum Beispiel eine Auswertung von Satellitendaten überraschenderweise, dass der Regenwald des Amazonas in Trockenzeiten stärker ergrünt als in Regenzeiten. Die damals beteiligten Forscher werteten das Ergrünen als Beweis für das Wachstum junger Blätter. Dies führte wiederum zu der Annahme, dass das Wachstum in erster Linie vom Licht abhängig sei und nicht vom Wasser. In den Folgejahren befassten sich zahlreiche Forscher, Befürworter, Skeptiker und Gegner, aus unterschiedlichen Fachdisziplinen mit diesem Phänomen.

Erst im vergangenen Jahr konnte ein Forscherteam die kontrovers und zum Teil hitzig geführte Debatte versachlichen: Verantwortlich für das „Ergrünen“ war eine optische Täuschung. Aufgrund der unterschiedlichen Positionen von Satelliten und der Sonne warfen ältere Blätter einen größeren Schatten. Dieser sah auf den Satellitenbildern auf den ersten Blick wie üppiges Grün aus.

Alle Einflussfaktoren im Blick haben

Keine optische Täuschung, sondern eine Wissenslücke führte in einem anderen Fall dazu, dass der Prozess der Wüstenbildung in der Savanne Kenias lange Zeit falsch eingeschätzt wurde (Pflanzenforschung.de berichtete darüber). Der landschaftliche Flickenteppich, der während des Übergangs von der Regen- zur Trockenzeit alljährlich sichtbar wird, wurde stets als Warnsignal und Vorbote des drohenden Kollapses des Ökosystems betrachtet. Aktuelle Forschungsergebnisse bewiesen nun das genaue Gegenteil. Odontotermes-Termiten, welche meterhohe, grün bewachsene Termitenhügel schaffen, die auf den Satellitenaufnahmen zum Teil deutlich zu sehen waren, bremsen den Vegetationsrückgang ab. Mit ihren bisher als bedrohlich wahrgenommenen Hügeln schaffen sie ein Refugium, in welchem Pflanzen die Trockenzeiten überstehen. Diese positive Wirkung dieses „Insel-Effekts“, wurde nicht erkannt und daher fehlinterpretiert.

Da Satellitendaten häufig bei der Berechnung von Prognosen und Modellen herangezogen werden, die wiederum als Grundlage für umwelt- oder klimapolitische Maßnahmen dienen, ist es wichtig, die Einflussfaktoren ebenso wie potenzielle Fehlerquellen zu kennen. Nur so kann garantiert werden, dass die richtigen Maßnahmen ergriffen werden. Nicht anders verhält es sich, wenn Satelliten nicht nur beobachten, sondern aktiv in das Geschehen eingreifen.

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Ende 2015 wird der Erdbeobachtungssatellit Sentinel-3A seine Mission antreten. Seine Aufgabe wird es sein, die Ozeane zu erforschen.

Ende 2015 wird der Erdbeobachtungssatellit Sentinel-3A seine Mission antreten. Seine Aufgabe wird es sein, die Ozeane zu erforschen.

Bildquelle: © ESA–A. Le Floc’h

Landwirtschaft mit Präzision

In der Präzisionslandwirtschaft werden Satelliten nicht nur zur Überwachung genutzt, sondern in die landwirtschaftliche Arbeit integriert. Sie navigieren Mähdrescher und Traktoren anhand von GPS-Daten zentimetergenau über die Felder, koordinieren die Ausbringung von Düngemittel auf den Quadratmeter genau und errechnen den optimalen Erntezeitpunkt. Die genaue Erfassung des Zustands einer Pflanzen bzw. eines Pflanzenbestandes ist die Voraussetzung für alle folgenden Arbeitsschritte. Diese sollen sich genau an den jeweiligen Bedürfnissen und Anforderungen der Pflanzen orientieren. Auf diese Weise lassen sich der Aufwand und die Menge der Produktionsmittel senken bzw. anpassen und die Erträge zugleich erhöhen.

Der Trend geht in Richtung kleiner und kompakter

So aufschlussreich die Auswertung von Satellitendaten auch ist, so aufwendig ist ihre Erhebung. Von der Planung bis zum Einsatz ist viel Zeit und Geld nötig, um die Satellitentechnologie zu entwickeln und an die Fragestellungen von Pflanzen-, Klima- oder Umweltforschern oder den Praktikern auf dem Feld anzupassen. Um einen durchschnittlichen Forschungssatelliten mit einem Gewicht von drei Tonnen und der Größe eines Kleintransporters in die Erdumlaufbahn zu befördern, sind Entwicklungskosten von knapp 1 Milliarde US-Dollar, eine komplette Trägerrakete und Tausende Tonnen Treibstoff nötig.

Weltweit arbeiten Wissenschaftler und Forscher aus der Luft- und Raumfahrt daher daran, neue Satelliten zu entwickeln, die in punkto Größe, Gewicht und Kosten um ein Vielfaches kleiner sind als ihre Vorgänger, und ihnen, was die technologischen Fähigkeiten betrifft, trotzdem in nichts nachstehen. Ihre Arbeit trägt bereits erste Früchte: Die ersten Vertreter der neuesten Generation sind mit rund 4 Kilo Gewicht und der Größe eines Schuhkartons nicht nur kleiner, kompakter und somit kostengünstiger ins All zu befördern, sondern auch in der Lage, dynamische Bilder in Echtzeit zu liefern.

So wie einst die ersten Satellitenbilder unser Bild von der Erde veränderten und prägten, wird auch dieser Entwicklungsschritt neue Perspektiven und Möglichkeiten eröffnen und neue Erkenntnisse liefern.


Quellen:

  • Soudani, K. und Francois, C. (2014): Remote sensing: A green illusion. In: Nature 506, 165 – 166, (13. Februar 2014), doi:10.1038/nature13052.
  • Morton, D. et al. (2014): Amazon forests maintain consistent canopy structure and greenness during the dry season. In: Nature 506, 221-224 (5. Februar 2014), doi:10.1038/nature13006.

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Titelbild: Der ESA-Forschungssatellit Sentinel 1 umkreist die Erde in 700 Kilometer Höhe und liefert von dort aus Daten für die Umwelt- und Klimafolgenforschung. (Bildquelle: © ESA/DLR)