Yams auf den Acker!

Projekt Marvel: Knollen für den Anbau in Europa optimieren

10.10.2023 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Schnitt durch eine Chinesische Yams-Knolle. Die Pflanze gehört zur Familie der Yamswurzelgewächse (Dioscoreaceae). Unter den etwa 800 meist tropischen Arten gibt es wichtige Nahrungs- und Heilpflanzen. (Bildquelle: © Amada44 / Wikimedia Commons / CC BY 3.0 DEED)

Schnitt durch eine Chinesische Yams-Knolle. Die Pflanze gehört zur Familie der Yamswurzelgewächse (Dioscoreaceae). Unter den etwa 800 meist tropischen Arten gibt es wichtige Nahrungs- und Heilpflanzen. (Bildquelle: © Amada44 / Wikimedia Commons / CC BY 3.0 DEED)

Die Knollen der Yams-Pflanze (Dioscorea spp.) sind in Westafrika ein wichtiges Grundnahrungsmittel. Hierzulande sind sie hingegen fast unbekannt. Nur sehr wenige Landwirte bauen Yams an. Das liegt unter anderem daran, dass die langen und dünnen Knollen nur von Hand geerntet werden können, was die Produktion sehr teuer macht. Das Projekt MARVEL hat sich zum Ziel gesetzt, die Yams als Anbaupflanze in Europa zu etablieren.

Was bei uns die Kartoffel ist, ist in Westafrika die Yams. Die mehrjährigen Pflanzen bilden unterirdische Knollen, die ungefähr einen halben Meter lang und mehrere Kilogramm schwer werden. Genau wie Kartoffeln enthalten die Knollen viel Stärke, ihr leicht süßlicher Geschmack erinnert an Esskastanien oder Süßkartoffeln. Die Knollen gelten zudem als gesundheitsfördernd. Füttert man Nagetiere mit Yams, so sinkt ihr Blutdruck, die Blutfettwerte verbessern sich und die Aufnahme von Fett wird reduziert. Gesund also!

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Blätter, Blüten und Knollen der Chinesischen Yams, eine windende und krautige Pflanze.

Blätter, Blüten und Knollen der Chinesischen Yams, eine windende und krautige Pflanze.

Bildquelle: © Janina Epping / Universität Münster

Vor ungefähr zehn Jahren ist Dr. Janina Epping durch Zufall auf die Yams aufmerksam geworden. „Ich habe mich gefragt, warum wir die Pflanze nicht in Europa anbauen und was man ändern müsste, um diese tolle Knolle zu kommerzialisieren“, sagt die Biologin, die an der Universität Münster eine Forschungsgruppe zum Thema Yams-Züchtung leitet. Am Klima liegt es nicht. Die Chinesische Yams (Dioscorea polystachya) kann wunderbar im europäischen Klima gedeihen.

In Gesprächen mit Landwirten findet sie aber schnell heraus, was das Problem ist: die Knollen der Yams. Sie ähneln der Form eines Baseballschlägers – sind also oben dünn und unten dicker. Dazu stecken sie bis zu einem Meter tief in der Erde. Beides macht eine maschinelle Ernte unmöglich. Die Knollen würden dabei durchbrechen. Um die Yams als Kulturpflanze in Europa zu etablieren, muss man Sorten mit kurzen, dicken Knollen züchten. Und eine zukunftssichere Landwirtschaft braucht Vielfalt auf dem Acker - also ist die Yams grundsätzlich willkommen.

Das Ziel des Forschungsprojekts MARVEL war es, erste Grundlagen für die Züchtung der Chinesischen Yams zu schaffen.

Das Vorgehen

Zu Beginn des Projekts gab es noch nicht einmal ein vollständiges Genom der Yams-Pflanze. Doch für Züchter ist es sehr hilfreich, zu wissen, an welchem Ort im Genom sich welche Gene befinden. Janina Epping und ihre Arbeitsgruppe mussten daher zunächst das Genom sequenzieren.

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Die typische Yams-Knolle ist oben dünn und unten dick. Eine Master-Studentin von Janina Epping hat sie auf dem Versuchsfeld per Hand ausgegraben. Für einen kommerziellen Anbau muss die Knollenform so verändert werden, dass eine maschinelle Ernte möglich wird.

Die typische Yams-Knolle ist oben dünn und unten dick. Eine Master-Studentin von Janina Epping hat sie auf dem Versuchsfeld per Hand ausgegraben. Für einen kommerziellen Anbau muss die Knollenform so verändert werden, dass eine maschinelle Ernte möglich wird.

Bildquelle: © Janina Epping / Universität Münster

Doch das Erbgut der Pflanzen ist nicht alles. Auch das Transkriptom ist wichtig. Die in mRNA umgeschriebenen Gene zeigen an, welche Gene aus dem Erbgut überhaupt aktiv werden, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Organ. Janina Epping hatte bei dieser Analyse das Glück, auf die Vorarbeit eines Landwirts zurückgreifen zu können.

Ein Yams-Bauer in Frankreich hatte über circa 60 Jahre seine Yamsknollen so selektiert, dass sie etwas kürzere und dickere Knollen ausbildeten. Dazu konnte er jedoch nicht auf klassische Züchtung zurückgreifen, da er nur weibliche Pflanzen hatte. Stattdessen selektierte er die rein vegetativ vermehrten Knollen über viele Jahrzehnte. Schließlich hatte er eine gemischte Population mit teils sehr langen, dünnen Knollen und einigen kurzen, dicken Knollen. „Dies war für uns ein Glücksfall, denn genetisch handelte es sich um Klone, die sich in erster Linie in der Form der Knolle unterschieden“, erklärt Epping.  

Um herauszufinden, welche Gene die Knollenform beeinflussen, haben Epping und Ihre Kolleg:innen RNA-Sequenzdaten dieser unterschiedlichen Knollen analysiert und verglichen. Sie fanden mehr als 30.000 unterschiedlich exprimierte Gene, 1393 davon in der Wachstumsspitze. Mehrere dieser Gene sind an der Synthese und Signalweiterleitung der Brassinosteroide beteiligt. Diese Pflanzenhormone scheinen also eine wichtige Stellschraube für die Form der Yams-Knollen zu sein.

Um diese These zu testen, führte Epping noch ein zweites Experiment durch: Sie ließ Yams in einem sogenannten aeroponischen System wachsen. Dabei stecken die Wurzeln nicht in der Erde, sondern hängen in der Luft und werden mit einer nährstoffreichen Lösung besprüht. Gab man in diese Nährlösung zusätzlich das Brassinosteroid 24-epi-Brassinolid (epi-BL), so wurden die Knollen tatsächlich kürzer und dicker.

Ausblick

Yams mag hierzulande bisher eine Nischenpflanze sein, doch eine mit hohen Zukunftspotenzial. MARVEL hat den Grundstein dafür gelegt, die Pflanze auch in Europa als Nahrungspflanze oder Ausgangsstoff für Nahrungsergänzungsmittel zu etablieren. Zudem sind während des Projekts wichtige Kontakte nach Nigeria entstanden, das weltweit wichtigste Yams-Anbauland. Mit modernen Züchtungsmethoden könnten die dortigen Yams-Pflanzen resistenter gegen Schädlinge oder Krankheitserreger gemacht werden.


Publikationen aus dem Projekt:

  1. Riekötter J, Oklestkova J, Muth J, Twyman RM, Epping J (2023) Transcriptomic analysis of Chinese yam (Dioscorea polystachya Turcz.) variants indicates brassinosteroid involvement in tuber development. Frontiers in Nutrition, 10. doi: 10.3389/fnut.2023.1112793
  2. Epping J and Laibach N (2020) An underutilized orphan tuber crop - Chinese yam -: A Review. Planta 252, 58. doi: 0.1007/s00425-020-03458-3

Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:

Titel: Schnitt durch eine Chinesische Yams-Knolle. Die Pflanze gehört zur Familie der Yamswurzelgewächse (Dioscoreaceae). Unter den etwa 800 meist tropischen Arten gibt es wichtige Nahrungs- und Heilpflanzen. (Bildquelle: © Amada44 / Wikimedia Commons / CC BY 3.0 DEED)