Dänemark: Europäische Konferenz zu Koexistenz

Koexistenz ist möglich, aber nicht umsonst

Das Interesse am Thema war groß: Etwa zweihundertfünfzig Fachleute aus sechsundzwanzig Ländern nahmen an der ersten europäischen Konferenz über Koexistenz von landwirtschaftlichen Anbauformen mit und ohne gentechnisch veränderte Pflanzen teil. Als erstes Land stellte Dänemark seine von einer Expertengruppe ausgearbeitete Koexistenz-Strategie vor.

Auf der Tagung am 13. und 14. November 2003 in Helsingør, Dänemark, ging es um die konkrete Ausgestaltung des Nebeneinanders des Anbaus von GVO-Pflanzen und einer konventionellen oder ökologischen Landwirtschaft, die ausdrücklich auf diese Technologie verzichtet. Es wurden verschiedene Fallstudien zu Mais, Getreide, Zuckerrüben vorgestellt.

Eine Koexistenz-Strategie für Dänemark

In Helsingør wurden die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe präsentiert, die 2002 vom dänischen Landwirtschaftsministerium eingesetzt worden war. Ihre Aufgabe bestand darin, auf wissenschaftlicher Basis jene Mechanismen zu beschreiben, die zu einer Durchmischung der verschiedenen Anbauweisen und ihrer Produkte führen und daraus geeignete Maßnahmen abzuleiten, um Koexistenz - und damit die Wahlfreiheit für Verbraucher und Landwirte - zu sichern.

Die von den Experten ausgearbeiteten Vorschläge einer Koexistenz- Strategie für Dänemark wurden inzwischen mit den betroffenen Verbänden und der Öffentlichkeit diskutiert. Sie sind Grundlage eines Gesetzes, das bis 2004 im dänischen Parlament verabschiedet werden soll.

Als wesentliche koexistenz-sichernde Maßnahmen empfiehlt die dänische Arbeitsgruppe:

  • Abstandsflächen zwischen Feldern mit GVO-Pflanzen und konventionellem bzw. ökologischem Anbau
  • Pufferzonen am Rande von Feldern, die getrennt zu bebauen und zu ernten sind;
  • Fruchtwechsel und Zeitintervalle zwischen dem Anbau von GVO- und konventionellen Pflanzen auf einem Feld.

Raps: Koexistenz wird teuer

Kommt es zu einem „moderaten“ GVO-Anbau, hält die dänische Arbeitsgruppe bei den meisten Kulturarten eine Koexistenz grundsätzlich für möglich. Die vorgeschlagenen Standardmaßnahmen erscheinen ausreichend, um den Fortbestand einer konventionellen oder ökologischen Landwirtschaft zu sichern.

Koexistenz wird dabei über die derzeit vorgeschriebenen Schwellenwerte für GVO-Beimischungen definiert: Danach sind in Lebens- und Futtermitteln 0,9 Prozent GVO-Anteile zu tolerieren. Im ökologischen Landbau wird eine vollständige GVO-Freiheit gefordert. Um einen GVO-Schwellenwert von 0,1 Prozent - an der technischen Nachweisgrenze - einhalten zu können, sind jedoch weitergehende Maßnahmen erforderlich. Der für die Sicherung der Koexistenz erforderliche technische und finanzielle Aufwand wird größer, je niedriger die Schwellenwerte für zulässige GVO-Anteile und je verbreiteter der Anbau von GVO-Pflanzen ist.

Welche konkreten Maßnahmen im Einzelnen notwendig sind, ist je nach Kulturpflanze unterschiedlich. Die Schlussfolgerungen des Berichts zur dänischen Koexistenz-Strategie sind:

  • Bei Mais, Kartoffeln, Zuckerrüben, Weizen oder Gerste ist mit den vorgeschlagenen Maßnahmen eine Koexistenz im Rahmen der aktuellen Schwellenwerte zu gewährleisten. Die Einhaltung strengerer Schwellenwerte erfordert einen höheren Aufwand.
  • Aufgrund ihrer Auskreuzungsfreudigkeit und der langen Überdauerungsfähigkeit der Samen im Boden reichen bei Raps oder Klee die Standard-Maßnahmen zur Sicherung der Koexistenz nicht aus.
  • Die Kosten für Koexistenz-Maßnahmen variieren stark, je nach Art und Größe des landwirtschaftlichen Betriebes. Für Silomais, Kartoffeln und Getreide werden Mehrkosten bis zu zwei Prozent erwartet, sowohl bei konventioneller wie bei ökologischer Wirtschaftsweise.
  • Bei Raps und Zuckerrüben wurden deutliche Mehrkosten zur Sicherung der Koexistenz errechnet: im konventionellen Anbau bis zu 9 Prozent, im ökologischen bis zu 21 Prozent.
  • Die prognostizierten Mehrkosten beziehen sich nur auf die landwirtschaftliche Erzeugung. In der nachfolgenden Verarbeitungskette sind weitere Maßnahmen notwendig, um GVO- und konventionelle Warenströme zu separieren. Bei Zucker fallen die Mehrkosten kaum ins Gewicht; bei Weizen für Futtermischungen können sie bis zu 24 Prozent ansteigen. Für Tiefkühl-Lebensmittel schätzt der dänische Bericht mit Kostensteigerungen von 6-7 Prozent.

Um Koexistenz auch langfristig sicherzustellen, sieht die dänische Gruppe weiteren Forschungsbedarf. Sie empfiehlt, den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen durch Umweltbeobachtungs- programme zu begleiten und die Regeln „guter landwirtschaftlicher Praxis“ den neuen Rahmenbedingungen entsprechend weiterzuentwickeln.