Auf den Boden kommt es an

Freisetzungen von Lachgas aus Düngern

20.09.2023 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Organischer Flüssigdünger kann zu hohen Lachgasfreisetzungen führen. (Bildquelle © Kurt Bouda / Pixabay)

Organischer Flüssigdünger kann zu hohen Lachgasfreisetzungen führen. (Bildquelle © Kurt Bouda / Pixabay)

Forscher:innen haben die Lachgasemissionen bei unterschiedlichen Düngearten untersucht. Dabei fanden sie teils stark abweichende Werte zum IPCC-Bericht der Vereinten Nationen - was auch an unterschiedlichen Bodenbedingungen liegt.

Die Freisetzung von Lachgas (Distickstoffmonoxid, N2O) in der Landwirtschaft ist problematisch. Es ist ein stark wirksames Treibhausgas, das ein 265mal höheres Treibhausgaspotential besitzt als CO2. Allerdings hängt die Freisetzung von Lachgas nicht nur von der Art des Düngers, sondern auch von den spezifischen Bedingungen vor Ort ab. Das ist das überraschende Ergebnis einer neuen Studie von dänischen Forscher:innen

Wie Lachgas entsteht

Das Gas entsteht unter anderem, wenn Nitrat (NO3) im Boden unter Sauerstoffmangel zu molekularem Stickstoff (N2) bakteriell abgebaut wird. Im Zuge dieser natürlichen Denitrifikation entsteht als Zwischenschritt immer auch Lachgas, je nach Menge an verfügbarem Sauerstoff im Boden mal mehr oder weniger. Nitrat wird in der Landwirtschaft entweder in Form von mineralischem oder organischem Dünger auf die Felder ausgebracht. Die Landwirtschaft ist daher einer der größten Emittenten von Lachgas weltweit.

Der Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) stellt für die Abschätzung von Treibhausgasfreisetzungen sogenannte Emissionsfaktoren (EFs) bereit. Der EF für Lachgas beschreibt das Verhältnis der Menge des eingebrachten zur Menge des davon wieder als N2O emittierten Stickstoffs. Die angegebenen Werte von 2019 liegen global bei 1,6 Prozent für Mineraldünger und 0,6 Prozent für organische Dünger in feuchten Böden und bei jeweils 0,5 Prozent für trockene bzw. aride Böden. Bei diesen groben Einschätzungen konnten regionale und lokale Unterschiede nicht berücksichtigt werden. Daher empfiehlt der IPCC komplexere Methoden zur Bestimmung der Emissionsfaktoren, die eine länderspezifische Einschätzung ermöglichen.

Unterschiedliche Düngemittel

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Je nach Bodenbeschaffenheit und Art des Düngers kann es zu stärkeren Lachgasfreisetzungen kommen.

Je nach Bodenbeschaffenheit und Art des Düngers kann es zu stärkeren Lachgasfreisetzungen kommen.

Bildquelle: © Chiemsee2016 / Pixabay

Um genauere EFs für Dänemark zu ermitteln, untersuchten die Forscher:innen die Lachgasfreisetzungen aus verschiedenen organischen und Mineraldüngern unter den vorherrschenden klimatischen und Bodenverhältnissen an vier verschiedenen Standorten. Allgemein herrschen gut durchlüftete, sandige Böden mit wenig Lehm vor, das Klima ist humid bis subhumid (feucht bis eher feucht) und kühl.

Die untersuchten Flächen lagen in Regionen entweder mit vorherrschender Milchviehwirtschaft, Schweinezucht oder mit reinem Ackerbau. Auf ihnen wurden landestypische Fruchtfolgen angebaut, die unterschiedlich gedüngt wurden. Zum Einsatz kamen organische Dünger wie Schweinegülle oder Gärreste sowie Mineraldünger wie Volldünger, Ammoniumnitrat-Harnstoff-Flüssigdünger und ein sulfathaltiger Stickstoffdünger. Ziel war, durch insgesamt 60 verschiedene Versuchsanordnungen ein möglichst realitätsnahes Szenario für die Lachgasemissionen in Dänemark nachzustellen.  

Mineraldünger mit geringerem EF als organischen Dünger

Die durchschnittlichen Lachgasemissionen betrugen im Frühjahr 1,02 Prozent für organische Dünger und 0,15 Prozent für Mineraldünger. Damit hatten organische Dünger an allen vier Standorten einen deutlich höheren Lachgasausstoß als vom IPCC angegeben, während die Werte für Mineraldünger deutlich tiefer lagen – weit unter den Emissionswerten für organische Dünger.

Das IPCC ist bei der Berechnung der Emissionswerte von organischen Düngern ausgegangen, die zu 54 Prozent flüssig und zu 46 Prozent fest sind. In der dänischen Studie waren die organischen Dünger aber praxisentsprechend durchweg flüssig. Um zukünftig eine genauere Vorhersage der N2O-Emissionen zu erreichen, sind daher weitere Untersuchungen zu festen und flüssigen organischen Düngern erforderlich, so die Forscher:innen.

Ein zweiter Grund für die abweichenden Werte ist die Textur der dänischen Böden und damit die Belüftung bzw. die Feuchtigkeit im Boden: Mineraldünger brauchen Niederschlag, um sich aufzulösen. Anoxische Bedingungen durch Regen entstehen dann in den gut belüfteten, sandigen und naturgemäß eher trockenen Böden nur kurzzeitig, bieten also keine günstigen Voraussetzungen für die Denitrifikation. Flüssige organische Dünger durchfeuchten hingegen den Boden schon beim Auftrag und können mit ihrer hohen Fracht an organischem Material zumindest kleinräumig für länger andauernde anoxische Verhältnisse sorgen. Dennoch steht in den sandigen Böden aber weiterhin genug Sauerstoff für die Nitrifikation zur Verfügung, also den Prozess, der Ammonium zu Nitrat umwandelt, dem Ausgangsstoff für die Denitrifikation und damit die Lachgasproduktion. Sandige Böden haben zudem aufgrund ihrer Textur einen besseren Gasaustausch mit der Atmosphäre als zum Beispiel lehmige Böden, so dass hier das Lachgas leichter entweichen kann. Demnach sind die Verfügbarkeit von Sauerstoff während und kurz nach der Düngung und auch die Beschaffenheit der Böden der Schlüssel zum Verständnis der Lachgasfreisetzungen. Es erklärt ebenfalls die in dieser Studie festgestellten Unterschiede zu den Emissionsfaktoren des IPCC, so die Forscher:innen.

Die Forscher:innen betonen, dass beide Ergebnisse, die eigenen sowie die des IPCC, ihre Berechtigung haben. Wichtig sei eine Beurteilung unter den Verhältnissen vor Ort. Nur so kann man letztlich zu belastbaren Daten in Bezug auf Treibhausgasfreisetzungen kommen.


Quelle:
Petersen, S.O. et al (2023): Higher N2O emissions from organic compared to synthetic N fertilisers on sandy soils in a cool temperate climate. In: Agriculture, Ecosystems and Environment 358 (2023), 28. August 2023. dx.doi.org/10.1016/j.agee.2023.108718

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Titelbild: Organischer Flüssigdünger kann zu hohen Lachgasfreisetzungen führen. (Bildquelle © Kurt Bouda / Pixabay)