Precision Farming

Nachhaltiges Sensorsystem für Bodenfeuchtigkeit konzipiert

13.11.2023 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Am Beispiel der salatartigen Pflanze Komatsuna erprobte das Team das neue Sensorkonzept. (Bildquelle: © Hana-Photo / iStock)

Am Beispiel der salatartigen Pflanze Komatsuna erprobte das Team das neue Sensorkonzept. (Bildquelle: © Hana-Photo / iStock)

Die Präzisionslandwirtschaft benötigt räumlich noch höher aufgelöste Informationen. Eine Lösung könnte ein zumindest größtenteils biologisch abbaubarer Sensor sein, der wie Dünger auf das Feld aufgebracht wird und dort verbleiben kann.

Nährstoffkonzentration, Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit und Feuchtegehalt des Bodens: Das sind einige der Parameter, die für den Ernteertrag und die nötigen Feldarbeiten in der Landwirtschaft maßgeblich sind. Meist unterscheiden sich diese Parameter jedoch über das Feld hinweg, sodass für eine erfolgreiche Präzisionslandwirtschaft kontinuierlich an zahlreichen Punkten des Feldes Messdaten erhoben werden müssen. Ein wesentlicher Schritt dazu könnten biologisch abbaubare Sensoren sein, die aus der Ferne ausgewertet werden können.

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Testaufbau: a) zeigt den Feuchtigkeitssensor aus Nanopapier mit Zinnspule, kohlenstoffbasiertem Heizelement und Wachshülle. b) zeit das Wärmebild, in dem Sensoren auf trockenem Boden aufleuchten. c) zeigt die Düngerwirkung, wenn die Substrate aus dem Sensor in den Boden entlassen wurden.

Testaufbau: a) zeigt den Feuchtigkeitssensor aus Nanopapier mit Zinnspule, kohlenstoffbasiertem Heizelement und Wachshülle. b) zeit das Wärmebild, in dem Sensoren auf trockenem Boden aufleuchten. c) zeigt die Düngerwirkung, wenn die Substrate aus dem Sensor in den Boden entlassen wurden.

Bildquelle: © Kasuga, T., et al. (2023) / Universität Osaka, CC-BY-4.

Ein Forschungsteam der Osaka-Universität in Japan hat nun ein entsprechendes System konzipiert, das die Bodenfeuchtigkeit überwachen kann. Es soll Daten von Kameradrohnen und Satelliten ergänzen, denn insbesondere der Wassergehalt im Boden lässt sich aus der Ferne schwierig erfassen. Lokale Sensoren hingegen sind bisher auch nicht einfach handhabbar: Werden sie in großer Zahl in einem Feld verteilt, müssen sie später wieder alle eingesammelt werden, um nicht die Umwelt zu belasten. Der damit verbundene Aufwand limitiert die Dichte, mit der derartige Sensoren ausgebracht werden können.

Biologisch abbaubare Sensoren aus Nanopapier

Eine Alternative wäre es, die elektronischen Sensoren aus biologisch abbaubaren Materialien herzustellen. Tatsächlich gibt es inzwischen einige derartige Bauteile, die auch in großem Maßstab günstig produziert werden können. Meist basieren sie auf Proteinen, Polysacchariden und biologisch abbaubaren Kunststoffen. Für ein dichtes Netzwerk auf den Äckern müssten die biologisch abbaubaren Sensoren jedoch nicht nur in der Lage sein, die Feuchtigkeit zu messen, sondern auch ihren Standort zu kennen und die erfassten Daten kabellos an ein zentrales Gerät zu übermitteln. Das würde jedoch mehr elektronische Komponenten erfordern und einen höheren Strombedarf erzeugen. Das Forschungsteam sich deshalb eine besondere Lösung ausgedacht.

Sein Sensor für Bodenfeuchtigkeit besteht aus einem biologisch abbaubaren Papiersubstrat, konkret aus Nanopapier. Der Begriff bezeichnet einen Film aus Cellulose-Nanofasern, der sehr stabil und glatt ist, hohe Temperaturen aushält und trotzdem ähnlich biologisch abbaubar ist wie Laubblätter.

Zinn als umweltverträgliche Alternative zu Kupfer und Silber

Keine biologisch abbaubare Option fanden die Forscher:innen jedoch für die Strom leitenden Elemente, die in einem Druckverfahren auf das Nanopapier aufgebracht werden sollten. Allerdings fand sich mit Zinn eine interessante Alternative zu Kupfer oder Silber. Zinn ist weich und leitfähig, es hat einen niedrigen Schmelzpunkt und oxidiert nicht leicht. Außerdem wirkt es weniger antibakteriell als andere Metalle und wird von Pflanzen wie von Tieren nicht leicht aufgenommen. Würde es also in der Umwelt verbleiben, dürften die Auswirkungen auf das Ökosystem gering sein, vermuteten die Fachleute.

Vergleichende Experimente zwischen Zinn, Kupfer und Silber belegten diese Annahme. Während Kupfer- und Silberleitungen dazu führten, dass das Nanopapier langsamer biologisch abgebaut wurde, gab es diesen Effekt bei Zinn praktisch nicht. Pflanzten die Forscher:innen die salatartige Pflanze Komatsuna in Erde mit unterschiedlichen Konzentrationen der drei Metalle, verschlechterten Kupfer und Silber die Keimungsrate und das Wachstum, während selbst eine Konzentration von 10 Gramm Zinn pro Pflanzschale folgenlos blieb. Indem das Forschungsteam das Zinn für den Druck speziell aufbereitete und durch Druck-Sintern aufbrachten, konnten sie schließlich eine elektrische Leitfähigkeit der Zinnadern im Nanopapier mit einem elektrischen Widerstand von weniger als 10-4 Ωcm erzielen.

Feuchteabhängige Eigenresonanz in Wärmesignal übersetzen

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Der entwickelte Sensor wird größtenteils von Mikroorganismen im Boden abgebaut, die verbleibenden Komponenten sind laut der Studie ebenfalls umweltfreundlich.

Der entwickelte Sensor wird größtenteils von Mikroorganismen im Boden abgebaut, die verbleibenden Komponenten sind laut der Studie ebenfalls umweltfreundlich.

Bildquelle: © Kasuga, T., et al. (2023) / Universität Osaka, CC-BY-4.

Für die Stromversorgung der Sensoren erdachten sich die Wissenschaftler:innen eine kabellose Lösung mittels Magnetresonanz. Dazu ist erforderlich, dass die Empfängerspulen aus Zinn und der Transmitter resonante Frequenzen aufweisen. Abhängig von der Bodenfeuchtigkeit verändert sich aber die Eigenfrequenz der Zinnspulen. In nahezu trockenen Böden mit 5 Prozent Feuchtigkeit liegt sie bei 36,5 MHz, bei einer Bodenfeuchtigkeit von 30 Prozent sinkt sie auf 31 MHz. Entsprechend verändert sich die Übertragungseffizienz: Lag sie in trockenen Böden bei etwa 46 Prozent, betrug sie in feuchten Böden nur noch etwa 3 Prozent – alles jedoch unter praxisfernen Bedingungen wie glatten Böden und definierten Winkeln der Sensoren. Ein kohlenstoffbasiertes Heizelement verwandelte die vom Sensor empfangene Energie in Wärme. Je trockener der Boden war, desto mehr Strom floss im Heizelement und wurde entsprechend wärmer. Um das komplette Sensorelement zu schützen, wurde es noch mit biologisch abbaubarem Wachs ummantelt.

Der zweite entscheidende Trick des Konzepts besteht darin, die Sensoren mittels einer Wärmebildkamera auszuwerten. Da die Wärmestrahlung mit der Bodenfeuchtigkeit korreliert, kann die Kamera sowohl diesen Parameter als auch die Position des Sensors im Feld mit hinreichender Genauigkeit in einem Schritt erfassen. In der Praxis wäre lediglich eine Kalibrierung nötig, da die Kamera die Wärme des Sensors mit dessen unmittelbarer Umgebung mittelt. Eine KI könnte die Daten autonom auswerten.

Grundsätzliche Machbarkeit unter Idealbedingungen demonstriert

Die grundsätzliche Funktionalität dieses Systems konnten die Forscher:innen bereits demonstrieren. Sie platzierten zwölf Sensoren auf einer Fläche von 0,4 mal 0,6 Metern, eine Transmitterspule 10 Zentimeter unterhalb der Sensoren im Feld und eine Wärmebildkamera einen Meter über dem Feld. Lag die Bodenfeuchtigkeit bei 30 Prozent, erzeugten die Sensoren im Feld kaum Wärme und die Kamera erfasste keine Hotspots. War jedoch ein Teil der Testfläche trocken, entstanden thermische Signale, die die Kamera als Hotspots abbildete.

Sicherlich sind noch einige Weiterentwicklungen erforderlich, bis dieser Ansatz praxistauglich ist. Nicht zuletzt fehlt eine Lösung, wie ein großflächiges, gleichförmiges elektrisches Feld erzeugt werden soll, um die Sensoren mit Energie zu versorgen. Die jetzt vorgestellten Versuche haben aber gezeigt, dass Sensoren aus biologisch abbaubaren und ansonsten ökologisch unbedenklichen Komponenten eine denkbare Lösung sind. Auch könnten die Sensormaterialien – so eine weitere Idee des Forschungsteams – mit Nährstoffen durchsetzt werden und nach dem Unterpflügen noch als Dünger fungieren.


Quelle:
Kasuga, T., et al. (2023): Wirelessly Powered Sensing Fertilizer for Precision and Sustainable Agriculture. In: Advanced Sustainable Systems, 2023, 2300314. doi: 10.1002/adsu.202300314

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Titelbild: Am Beispiel der salatartigen Pflanze Komatsuna erprobte das Team das neue Sensorkonzept. (Bildquelle: © Hana-Photo / iStock)