Hafer-Referenzgenom veröffentlicht

„Ein Genom wie ein großes Mosaik“

28.03.2023 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Das Hafergenom ist hexaploid und sehr komplex, weil zwischen den drei Subgenomen viele Genaustausche stattgefunden haben. (Bildquelle: © krystianwin / Pixabay)

Das Hafergenom ist hexaploid und sehr komplex, weil zwischen den drei Subgenomen viele Genaustausche stattgefunden haben. (Bildquelle: © krystianwin / Pixabay)

Ein internationales Team von Wissenschaftlern hat erstmals ein Referenzgenom des Hafers veröffentlicht. Damit bekommen Züchterinnen und Züchter eine wichtige Ressource an die Hand, um die Pflanze besser gegen den Klimawandel und Krankheitserreger zu wappnen. Auch seine ernährungsrelevanten Inhaltsstoffe lassen sich so einfacher optimieren.

Ob in Müsli, Porridge oder Hafermilch: Hafer (Avena sativa) hat bei vielen einen festen Platz auf dem Frühstückstisch. Züchterisch ist der Hafer jedoch bisher eher vernachlässigt worden. Das liegt unter anderem daran, dass es bisher noch kein vollständig entschlüsseltes und annotiertes Genom dieser wichtigen Getreidepflanze gab.

Jetzt liegt ein solches Referenzgenom vor. Ein internationales Team von Wissenschaftlern unter Beteiligung des IPK Leibniz-Instituts in Gatersleben hat aber nicht nur das Hafergenom, sondern gleich auch die Genome seiner nächstverwandten Wildarten (Avena longiglumis und Avena insularis) sequenziert. Der Kulturhafer ist mit 42 Chromosomen hexaploid (AACCDD) und das Resultat einer Hybridisierung beider Wildarten: Das Chromosomenpaar AA stammt von der diploiden Art Avena longiglumis, die anderen beiden Chromosomenpaare hat die tetraploide Art Avena insularis beigesteuert.  

Ein Mosaik mit zahlreichen Umlagerungen

Zwar verfügen auch andere Kulturpflanzen über ein hexaploides Genom, beispielsweise Weizen. Jedoch ist Weizen erst im Laufe seiner Domestikation vor etwa 10.000 Jahren hexaploid geworden. Bei Hafer hingegen fand dieses Ereignis bereits vor etwa einer Million Jahren statt - und entsprechend dieser langen Zeitspanne tauschte sich zwischen den Subgenomen reichlich genomisches Material aus. „Das Hafergenom ist daher wie ein Mosaik“, beschreibt es Martin Mascher, der am IPK Leibniz-Institut die Arbeitsgruppe „Domestikationsgenomik“ leitet und an der Studie beteiligt war.

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Hafer kommt mit weniger Dünge- und Pflanzenschutzmitteln aus als Weizen, liefert aber pro Hektar auch nur etwa zwei Drittel des Ertrags. Hier besteht noch Optimierungspotential.

Hafer kommt mit weniger Dünge- und Pflanzenschutzmitteln aus als Weizen, liefert aber pro Hektar auch nur etwa zwei Drittel des Ertrags. Hier besteht noch Optimierungspotential.

Bildquelle: © Aleš Kartal / Pixabay

Dank des vollständig annotierten Referenzgenoms ist es jetzt möglich, einzelne Gene mit bestimmten agronomischen Merkmalen zu verknüpfen. Auch modernen Züchtungsstrategien wie Genome Editing und Genpyramidierung steht nun der Weg offen.

Hafer ist gesund und genügsam

Hafer kommt mit weniger Pflanzenschutzmitteln und Dünger aus als beispielsweise Weizen. Fairerweise muss man aber hinzufügen, dass auch der Ertrag der Haferpflanzen weit hinter dem von Weizen zurückbleibt. Während auf Weizenfeldern in Deutschland durchschnittlich 75 Dezitonnen pro Hektar geerntet werden, sind es auf Haferfeldern nur etwa 47 Dezitonnen. Es gibt also noch reichlich Optimierungspotential für die Züchtung.

Aber wer sich gesund ernähren möchte, kommt an dem Superfood Hafer kaum vorbei. Denn die Inhaltsstoffe der Körner können überzeugen: Sie sind reich an Ballaststoffen, Antioxidantien und ungesättigten Fettsäuren. Wer an Glutenunverträglichkeit leidet, schätzt das Getreide ebenso, da es nur sehr wenig Gluten enthält. Auch die Hafermilch wird immer beliebter, die als veganer Milchersatz in Kaffee, Müsli oder pur zum Einsatz kommt. Dank des Referenzgenoms ist es nun einfacher, die Inhaltsstoffe des Hafers noch besser an unsere Ernährungsbedürfnisse anzupassen.

 Nächster Schritt: Pangenom

Die Entschlüsselung der drei Genome ist erst der Anfang. Martin Mascher koordiniert das sogenannte PanOat-Konsortium, das an dem Pangenom des Hafers arbeitet. Dafür sollen in den nächsten Jahren insgesamt 29 Hafersorten vollständig sequenziert werden. Erst dann werden die genetische Vielfalt und das Spektrum an agronomisch und ernährungsphysiologisch wichtigen Genen des Hafers vollständig sichtbar. Ein Meilenstein für die Hafer-Züchtung.


Quelle:
Kamal, N., Tsardakas Renhuldt, N., Bentzer, J. et al. The mosaic oat genome gives insights into a uniquely healthy cereal crop. Nature 606, 113–119 (2022). doi.org/10.1038/s41586-022-04732-y

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Titelbild: Das Hafergenom ist hexaploid und sehr komplex, weil zwischen den drei Subgenomen viele Genaustausche stattgefunden haben. (Bildquelle: © krystianwin / Pixabay)