Wasserspar-Pflanzen

Studie empfiehlt Crassulaceen-Säurestoffwechsel für C3-Kulturpflanzen

03.11.2020 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die Ananas nutzt die CAM-Photosynthese. Doch sollten Züchter versuchen, diesen Stoffwechsel auch in Kulturpflanzen mit C3-Photosynthese einzuführen? (Bildquelle: © skeeze / Pixabay / CC0)

Die Ananas nutzt die CAM-Photosynthese. Doch sollten Züchter versuchen, diesen Stoffwechsel auch in Kulturpflanzen mit C3-Photosynthese einzuführen? (Bildquelle: © skeeze / Pixabay / CC0)

Pflanzen in Dürreregionen haben die Aufnahme von Kohlendioxid von der metabolischen Bindung des Kohlenstoffs zeitlich entkoppelt, um Wasserverluste zu verringern. Sollten Züchter versuchen, diesen Stoffwechsel auch in Kulturpflanzen mit C3-Photosynthese einzuführen? Schließlich sind diese Pflanzen infolge der Klimakrise zunehmend trockenen und heißen Bedingungen ausgesetzt.

Kohlenstoffverbindungen sind die Grundlage allen irdischen Lebens. Die meisten Pflanzen beziehen den Kohlenstoff für ihren Metabolismus aus der sogenannten C3-Kohlenstofffixierung: Sie nehmen über die Stomata ihrer Blätter Kohlendioxid aus der Luft auf und verwenden das Gas direkt zur Photosynthese. Dafür müssen die Stomata jedoch während des Sonnenscheins geöffnet sein. Doch an warmen und trockenen Tagen verlieren so die Pflanze durch Verdunstung auch große Mengen Wasser. Betroffen davon sind auch wichtige Kulturpflanzen wie Reis, Weizen, Hafer und Gerste. Forschende des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung Gatersleben (IPK) haben nun eine mögliche Lösung aufgezeigt, die diese Verluste erheblich verringern könnte.

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Als C3-Pflanze ist Weizen an heißen Tagen erhöhtem Wasserverlust ausgesetzt.

Als C3-Pflanze ist Weizen an heißen Tagen erhöhtem Wasserverlust ausgesetzt.

Bildquelle: © Bruno/Germany / Pixabay / CC0

Mehrwert nicht nur für Dürreregionen?

Neben C3-Pflanzen gibt es vor allem in Dürreregionen zahlreiche Pflanzenarten mit sogenanntem Crassulaceen-Säurestoffwechsel (CAM). CAM-Pflanzen haben die Aufnahme des Kohlendioxids von der Verwertung des darin enthaltenen Kohlenstoffs zeitlich entkoppelt:

Sie öffnen ihre Stomata in der kühleren Nacht, um das Gas aufzunehmen und lagern es in Form von Carbonsäuren in den Vakuolen der Mesophyllzellen ihrer Blättern. Tagsüber schließen sie ihre Poren und verhindern dadurch größere Wasserverluste. Die Photosynthese kann aber trotzdem anlaufen: Denn jetzt wird das gespeicherte CO2 mittels des Enzyms RuBisCo in Zucker umgewandelt. Allerdings ist dieses Vorgehen energieintensiver und bedeutet Abstriche bei der Photosyntheseeffektivität. Das Forschungsteam des IPK hat sich dennoch gefragt, ob diese Form des Stoffwechsels auch für unsere C3-Kulturpflanzen aufgrund des Klimawandels vorteilhaft sein könnte und wie die Chancen stehen, das züchterisch umzusetzen.

Aus zwei Gründen sehen die ForscherInnen die Etablierung der CAM-Photosynthese in C3-Pflanzen auf gentechnischem Weg als machbar an: Erstens besitzen die Pflanzen bereits alle dazu notwendigen Enzyme, wenn auch teilweise spezifische Isoformen mit anderen regulatorischen Eigenschaften erforderlich sind. Zweitens ist von einigen Pflanzen bekannt, dass sie durch bestimmte Umweltfaktoren dazu gebracht werden können, von der C3- zur CAM-Photosynthese zu wechseln – also beide Stoffwechselwege gleichzeitig besitzen. Einem C3-Blatt die CAM-Photosynthese zu ermöglichen, sollte daher gentechnisch machbar sein.

Vielfältige Umweltbedingungen untersucht

Für ihre Studie, ob sich dieser Aufwand am Ende lohnen würde, haben die WissenschaftlerInnen vollständige Tag-Nacht-Zyklen für beide Stoffwechselwege unter unterschiedlichen Temperatur- und Feuchtigkeitsbedingungen modelliert. Bereits früher konnte das IPK-Team zeigen, dass CAM-Pflanzen zwar nachts einen dreifach höheren Energiebedarf haben als C3-Pflanzen. Doch diese „Zusatzkosten“ könnten teilweise ausgeglichen werden: Nach der Zwischenspeicherung in Form der Carbonsäuren wird das CO2 in höheren Konzentrationen als bei C3-Pflanzen dem Enzym RuBisCo zur Verfügung gestellt und die Reaktion beschleunigt. Die damalige Modellierung hatte jedoch nur zwischen Tag und Nacht unterschieden und konnte nicht die vielfältigen Umweltbedingungen berücksichtigen, unter denen C3-Pflanzen kultiviert werden.

Als limitierender Faktor stellte sich die Carbonsäure-Speicherkapazität der Vakuolen in den Blättern heraus. Ohne die Vakuolen züchterisch zu vergrößern, wäre es wohl unwahrscheinlich, dass eine vollständige CAM-Photosynthese in einem C3-Blatt funktionieren würde. Mit hinreichend großen Vakuolen jedoch könnten zwischen 25 und 90 Prozent des Wasserverlusts vermieden werden – bei 80 Prozent der normalen Photosyntheseproduktivität. Außerdem beschreibt das Team einen alternativen CAM-Stoffwechsel, der gegenüber der natürlichen Form noch einmal zusätzliche Vorteile besonders bei kürzeren Tagen und weniger extremen Temperaturen bieten kann.

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Das Modell zeigt die Wechselwirkung zwischen Blattproduktivität und Wassereinsparung.

Das Modell zeigt die Wechselwirkung zwischen Blattproduktivität und Wassereinsparung.

Bildquelle: © IPK Gatersleben

C3- und CAM-Stoffwechsel kombinieren

Die vorteilhafteste Lösung in der typischen Umwelt von C3-Kulturpflanzen sehen die StudienautorInnen in einem kombinierten Phänotyp aus C3- und CAM-Stoffwechsel, weil dabei die hohe Produktivität im C3-Modus kombiniert werden kann mit den Wassereinsparungen im CAM-Modus. Mehr als fünf Prozent der vaskulären Pflanzenarten dürften schon natürlicherweise über eine solche Kombination verfügen und viele CAM-Pflanzen haben wahrscheinlich im Laufe ihrer Evolution einen solchen „Zwitter-Zustand“ durchschritten.

Die Studie gibt zudem einige Hinweise darauf, worauf besonders zu achten ist, um solche kombinierten Nutzpflanzen gentechnisch zu erzeugen. So sei es wichtig, für genügend Prolinakkumulation während der Nacht und den Abbau zu Glutaminsäure am Tag zu sorgen. Ein künstlicher, tageszeitgesteuerter Malattransporter könnte dafür sorgen, dass die Stomata in der wärmsten Mittagszeit geschlossen bleiben. Größere Zellen und damit größere Vakuolen könnte der überexprimierte Transkriptionsfaktor VvCEB1opt der Weintraube bewirken.

Inspiration für praktische Umsetzung

Bislang handelt es sich bei der Studie um theoretische Überlegungen, und natürlich können die erforderlichen Eingriffe unerwartete negative Begleiterscheinungen haben. So könnten beispielsweise vergrößerte Vakuolen andere zelluläre Kompartimente beeinträchtigen oder aus Stabilitätsgründen dickere Blattstrukturen erfordern. Dennoch zeigt sich die Hauptautorin Nadine Töpfer überzeugt: „Ich glaube, dass unsere Ergebnisse Ermutigung und Ideengeber für Forscher sind, die beabsichtigen, die Wasser-sparende Eigenschaft der CAM-Pflanzen in andere Arten zu übertragen.“


Quelle:
Töpfer, N. et al. (2020): Alternative CAM modes provide environment-specific water-saving benefits in a leaf metabolic model. In: Plant Cell, (Oktober 2020), doi: 10.1105/tpc.20.00132.

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Titelbild: Die Ananas nutzt die CAM-Photosynthese. Doch sollten Züchter versuchen, diesen Stoffwechsel auch in Kulturpflanzen mit C3-Photosynthese einzuführen? (Bildquelle: © skeeze / Pixabay / CC0)