Trockentoleranz verbessern

Cleverer Wasserverbrauch bei Sukkulenten abgeschaut

03.01.2018 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Sukkulenten wie die Orchidee Phalaenopsis equestris (vorne) oder Kalanchoë fedtschenkoi (hinten) sind sehr trockentolerant. (Bildquelle: © Jason Richards/Oak Ridge National Laboratory, US Deptartment of Energy)

Sukkulenten wie die Orchidee Phalaenopsis equestris (vorne) oder Kalanchoë fedtschenkoi (hinten) sind sehr trockentolerant. (Bildquelle: © Jason Richards/Oak Ridge National Laboratory, US Deptartment of Energy)

Wasser ist ein kostbares Gut, das in Zukunft immer knapper werden könnte. Klimawandel und Bevölkerungswachstum werden dafür sorgen, dass immer mehr Frischwasser verbraucht wird - besonders in der Landwirtschaft. Der Anbau von Nahrungspflanzen verbraucht so viel Wasser wie kein anderer Prozess weltweit. Wissenschaftler arbeiten daher mit ganz unterschiedlichen Strategien daran, den Wasserverbrauch von Pflanzen zu reduzieren.

Das Klima auf unserem Planeten verändert sich. Viele Regionen, die heute noch mit ausreichenden Regenfällen versorgt sind, werden in Zukunft trockener und wärmer werden. Das bekommt den meisten Pflanzen gar nicht gut. Damit wichtige Nahrungspflanzen wie Weizen, Mais und Reis trotzdem weiter ertragreich gedeihen, suchen Wissenschaftler rund um den Globus nach Lösungen. Was liegt dabei näher, als sich den Bauplan besonders trockentoleranter Pflanzen genauer anzuschauen?

CAM-Pflanzen sind an Trockenheit angepasst

#####1#####
Um Nutzpflanzen besser an trockene Umweltbedingungen anzupassen, haben Wissenschaftler um Xiaohan Yang den CAM Stoffwechsel besonders trockentoleranter Pflanzen untersucht.

Um Nutzpflanzen besser an trockene Umweltbedingungen anzupassen, haben Wissenschaftler um Xiaohan Yang den CAM Stoffwechsel besonders trockentoleranter Pflanzen untersucht.

Bildquelle: Jason Richards/Oak Ridge National Laboratory, US Deptartment of Energy

Wahre Überlebenskünstler sind beispielsweise die Ananaspflanze oder die Orchidee. Auch die Kalanchoe aus der Familie der Dickblattgewächse gehört zu den Spezialisten für besonders trockene Umweltbedingungen. Um in solchen meist auch heißen Gebieten überleben zu können, halten die Pflanzen ihre Stomata tagsüber geschlossen. Auf diese Weise verhindern sie, dass zu viel Wasser verdunstet. Während der Nacht öffnen sie die Stomata, um Kohlendioxid für die Photosynthese aufzunehmen. Diese Art der Photosynthese hat sich vor Millionen von Jahren entwickelt und wird als Crassulaceen-Säurestoffwechsel (kurz CAM von "Crassulacean Acid Metabolism") bezeichnet.

Bei den Sukkulenten abgeschaut

Wissenschaftler haben sich diesen Prozess bei Sukkulenten nun genauer angesehen. Das Ziel ist klar: „Indem wir die einzelnen Bausteine der CAM-Photosynthese entschlüsseln, können wir den Stoffwechsel wasserintensiver Pflanzen wie Reis, Weizen und Soja so verändern, dass sie sich schneller an eine limitierte Wasserzufuhr anpassen können“, so Studienautor Xiaohan Yang. Dazu sequenzierten die Forscher zunächst das Genom von Kalanchoë fedtschenkoi, einer trockentoleranten Pflanze, deren Verwandte bei uns aus dem Gartenbau bekannt sind. Die Forscher verglichen das Genom von Kalanchoë fedtschenkoi mit dem der Orchidee (Phalaenopsis equestris) und der Ananas-Pflanze (Ananas comosus).

Konvergente Evolution bei Trockenheit

Die Pflanzen sind zwar nicht miteinander verwandt, haben aber im Laufe der Zeit unter vergleichbaren Umweltbedingungen ähnliche Strategien entwickelt, um sich anzupassen. Dieser Prozess wird als konvergente Evolution bezeichnet. Wahrscheinlich haben sich bei der nächtlichen CO2-Fixierung zwei alternative Wege der konvergenten Evolution parallel entwickelt. Während ein beteiligtes Protein (PPCK) seine Aktivität von der Helligkeit in die Dunkelheit verlegte, um ein weiteres Protein (PEPC1) in der Nacht zu aktivieren, setzten andere Pflanzen auf eine einfache Aminosäuren-Mutation, um die Aktivität eines bestimmten Enzyms auch während der Nacht aufrecht zu erhalten.

Insgesamt hatten 60 Gene diese konvergente Evolution durchlaufen. Dazu gehörten unter anderem Gene, die die Genexpression am Tag und in der Nacht steuern. „Wenn wir diese konvergenten Veränderungen auf Pflanzen mit herkömmlicher Photosynthese übertragen, können wir die Effizienz der Wassernutzung möglicherweise verbessern“, so Yang.  Ein möglicher Ansatz zur Verwandlung der C3- in eine CAM-Photosynthese könnten veränderte Promotoren von Schlüsselgenen sein. Diese würden dann in CAM-typischer tageszeitabhängiger Manier exprimiert. Ein alternativer Ansatz wären Mutationen mit Hilfe von Genomeditierungsmethoden an funktionellen Stellen von Schlüsselproteinen, ohne jedoch die tageszeitliche Expression der Proteine zu verändern.

#####2#####
Kalanchoe blossfeldiana ist bei uns vor allem als Zierpflanze bekannt - auch unter dem Namen Flammendes Kätchen. Die Pflanze nutzt den CAM-Stoffwechsel, um auch bei Trockenheit gedeihen zu können.

Kalanchoe blossfeldiana ist bei uns vor allem als Zierpflanze bekannt - auch unter dem Namen Flammendes Kätchen. Die Pflanze nutzt den CAM-Stoffwechsel, um auch bei Trockenheit gedeihen zu können.

Bildquelle: © Wildfeuer/ wikimedia.org/ CC BY 2.5

Die Umwandlung von Nahrungspflanzen in trockentolerante CAM-Pflanzen wäre ein wichtiger Schritt, denn die Erzeugung von Nahrungsmitteln verbraucht weltweit das meiste Süßwasser. Gleichzeitig nehmen die Wasservorräte ab, weil immer mehr Menschen auf der Erde leben. Die Grundlagenforschung der Wissenschaftler soll nun neue Wege öffnen, das Problem der Wasserknappheit zu lösen.

Den Hormonhaushalt beeinflussen

Eine weitere Forschungsgruppe packt das Problem anders an. Sie untersucht die Trockentoleranz der Modellpflanze Arabidopsis thaliana anhand der Wirkung verschiedener Hormone, die an der Regulation des pflanzlichen Wasserhaushaltes beteiligt sind. Die wassersparenden Maßnahmen einer Pflanze wie das Schließen der Stomata geschehen auf das Signal der Abscisinsäure hin. Abscisinsäure sammelt sich in der Pflanze bei Trockenheit und anderem abiotischen Stress an und reguliert die Anpassungsprozesse der Pflanze.

Auch das Pflanzenhormon Strigolacton und die chemische Verbindung Karrikin spielen als Effektoren bei Wassersparmaßnahmen eine wichtige Rolle. Während Strigolacton das Auskeimen parasitärer Pflanzen auslöst, sorgt Karrikin (eine Substanz, die im Rauch enthalten ist) dafür, dass Samen nach einem Brand wieder austreiben. Beide Substanzen stärken die pflanzliche Widerstandsfähigkeit unter Stressbedingungen. Die Signalwege von Strigolacton und Karrikin laufen bei einem Protein namens MAX2 zusammen. Über eine chemische oder genetische Veränderung dieses Signalweges könnte die Trockentoleranz von Pflanzen erhöht werden.

Im Detail könnte das so aussehen: In Arabidopsis wird die Trockentoleranz maßgeblich von KAI2- reguliert. KAI2 wird aktiviert, sobald KAR-Proteine daran binden. Das löst wiederum die Regulation verschiedener Gene aus, die an der Kutikula-Bildung, dem Schließen der Stomata, der Anthocyanin-Biosynthese und der Membran-Integrität beteiligt sind. All diese Stellschrauben sorgen dafür, dass die Pflanze mit Trockenheit gut umgehen kann.

Auch der zweite Forschungsansatz verdeutlicht: Bevor die molekularen Grundlagen nicht vollständig geklärt sind, lässt sich ein so komplexes Phänomen wie die Trockentoleranz nicht ohne weiteres auf andere Pflanzen übertragen. Hier ist noch großer Forschungsbedarf vorhanden, um die Probleme von morgen lösen zu können. Aber der Anfang ist gemacht.


Quellen:

  • Yang, X. et al. (2017): The Kalanchoë genome provides insights into convergent evolution and building blocks of crassulacean acid metabolism. In: Nat Commun, 8(1):1899, (1. Dezember 2017), doi: 10.1038/s41467-017-01491-7.
  • Weiqiang, L. et al. (2017): The karrikin receptor KAI2 promotes drought resistance in Arabidopsis thaliana. In: PLoS Genet., 13(11): e1007076, (13. November 2017), doi: 10.1371/journal.pgen.1007076.

Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:

Titelbild: Sukkulenten wie die Orchidee Phalaenopsis equestris (vorne) oder Kalanchoë fedtschenkoi (hinten) sind sehr trockentolerant. (Bildquelle: © Jason Richards/Oak Ridge National Laboratory, US Deptartment of Energy)