517 Reissorten in Stücke zerlegt

09.11.2010 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Reisanbau auf Terrassen (Quelle: © glasmost / PIXELIO www.pixelio.de)

Reisanbau auf Terrassen (Quelle: © glasmost / PIXELIO www.pixelio.de)

Reis ist die Hauptnahrungsquelle für mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung. Mit der Re-Sequenzierung von mehr als 500 Landsorten schufen Wissenschaftler eine HapMap für Reis und legten die Basis für zukünftig verbesserte Sorten und eine nachhaltigere Landwirtschaft.

Durch natürliche und menschliche Selektion entwickelte sich Reis von einer einfachen Wildpflanze zur bedeutendsten Kulturpflanze.  Zahlreiche kultivierte Sorten zeugen von einer großen genetischen Vielfalt. Die Kultursorten variieren in ihren Eigenschaften, so z.B. in der Toleranz zu biotischem und abiotischem Stress. Diese genetische Vielfalt kann zukünftig noch besser genutzt werden. Ertragsstabilität auch unter widrigen Bedingungen und Ertragssteigerungen für eine wachsende Anzahl von Menschen wird möglich.

Basis für eine verbesserte Nutzung der genetischen Ressourcen legte ein internationales Forscherteam. Dieses hat das Genom von über 500 verschiedenen Landsorten (re-)sequenziert. Möglich wurde dieser Ansatz durch neue multiparallele Methoden der Sequenzierung (Sequenzierer der zweiten Generation). Die unterschiedlichen Genotypenvarianten wurden auf 14 landwirtschaftlich bedeutende Merkmale untersucht.

Dafür nutzten die Wissenschaftler genomweite Assoziationsstudien (GWAS). Assoziationsstudien ersetzen mehr und mehr sogenannte „bi-parentale“, also einfache Kreuzungen zweier Elternpflanzen, zur Bestimmung komplexer Merkmale und zur Erfassung der genetischen Vielfalt. Ihren Ursprung haben diese Ansätze in der Humangenomforschung und Medizin. Gezielte Kreuzungen wie diese bei Pflanzen oder Tieren möglich sind, sind keine Option beim Menschen. Diese Methode wurde als Alternative entwickelt. In Kombination mit den Genomsequenzen geben diese Assoziationsstudien Auskunft darüber, welche Regionen im Gemom einer Reissorte für ein Merkmal verantwortlich sind. Die Idee ist es, für zukünftige Reiszüchtungen ähnlich einem Legobaukasten zielgerichtet aus der vorhandenen Vielfalt der Natur zu schöpfen.

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Weltweit gibt es mehr als 120.000 Reissorten, die sich nicht nur in der Farbe, sondern auch in Kornform und Duft unterscheiden.

Weltweit gibt es mehr als 120.000 Reissorten, die sich nicht nur in der Farbe, sondern auch in Kornform und Duft unterscheiden.

Bildquelle: © iStockphoto.com/ ShutterWorx

Sequenzierung von 517 ausgewählten Sorten

Für die genetischen Studien wurden 517 Sorten ausgewählt, die einen morphologischen, genetischen und geographischen Querschnitt der verschiedensten Reissorten darstellen sollen. Diese Sorten phänotypisierten die Forscher und sequenzierten sie mithilfe des Genome Analyzer von Illumina. Zur internen Kontrolle wurden zudem drei weitere Kultursorten mit bekannter Genom-Sequenz analysiert.

Die genetischen Varianten eines Genoms unterscheiden sich in der Regel nur durch Variationen eines einzigen Basenpaares auf einem DNA-Strang. Daher wurde mit weiteren Analysen diese sogenannten Single Nucleotide Polypmorphisms (SNPs) identifiziert. Insgesamt fanden die Forscher mehr als 3,6 Millionen SNPs. Aufgrund der Ergebnisse erstellten sie eine Haplotyp-Karte des Reisgenoms (HapMap).

GWAS identifizieren die Regionen bestimmter Pflanzenmerkmale auf der DNA

GWAS haben sich zur Identifizierung der für komplexe Krankheiten verantwortlichen Gene als äußerst wirksam erwiesen. Doch für die Identifizierung komplexer Merkmale landwirtschaftlich bedeutender Pflanzen wurde die Methode bisher kaum angewendet. Da Reis ein Selbstbestäuber ist und das Genom ausreichend bekannt ist, bietet sich diese Pflanze für die Analyse mit GWAS ausnehmend gut an. Die 14 Merkmale, die mithilfe der GWAS auf den DNA-Abschnitten gefunden werden sollten, lassen sich in fünf Kategorien einteilen: Morphologische und physiologische Merkmale, Ertragskomponenten, Kornqualität und Farbe. Grundlage für die GWAS war die Haploid-Karte des Reisgenoms. Insgesamt wurden 80 Regionen auf DNA-Abschnitten gefunden, die mit den Merkmalen in Verbindung gebracht werden können. Mit diesen Ergebnissen lassen sich etwa 36 Prozent der phänotypischen Varianten erklären. Damit ist die HapMap für Reis qualitativ sogar der in der Medizin verwendeten HapMap des Menschen und der für die Modellpflanze Arabidopsis überlegen. Die Reis HapMap beruht ausschließlich auf den Ergebnissen neuer Sequenzierverfahren während die anderer Organismen durch einen Methodenmix entwickelt wurden.

Die Kombination aus Re-Sequenzierung vieler Linien, wenn auch mit geringer Qualität, und GWAS hat sich in der vorliegenden Studie bewährt. Eventuell ersetzt diese Methode sogar aufwendige Re-Sequenzierungen hoher Qualität zur Erfassung komplexerer genetischer Eigenschaften als die Mutation von Einzelbasen (SNP’s). Die Ergebnisse stellen eine elementare Grundlage für weitere Forschungen am Reisgenom dar, die die Grundlage für die Züchtung neuer Reissorten bilden. Aufgrund des Klimawandels müssen zukünftige Sorten einen sicheren Ertrag bei steigenden Temperaturen und zunehmender Trockenheit bringen, um die Nahrungsversorgung einer wachsenden Bevölkerung gewährleisten zu können. Durch die HapMap kann dies zielgerichteter und vor allem schneller gelingen. Auch Merkmale die durch das Zusammenspiel vieler Gene determiniert werden, können weiter optimiert werden. 


Quelle:
Xuehui Huang et al. (2010): Genome-wide association studies of 14 agronomic traits in rice landraces. In: Nature Genetics, Volume 42, No 11, doi: 10.1038/ng.695, p. 961-969, (November 2010), doi.org/10.1038/ng.695.

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Titelbild: Reisanbau auf Terrassen (Quelle: © glasmost / PIXELIO www.pixelio.de)