80 Prozent der irdischen Biomasse besteht aus Pflanzen
Biomasseverteilung erstmals genauer bestimmt
Laut einer neuen Studie besteht die Biomasse auf der Erde aus 550 Gigatonnen Kohlenstoff. Zum ersten Mal liegen auch Berechnungen vor, wie sich diese gigantische Menge auf die verschiedenen Organismengruppen verteilt. Dabei zeigt sich: Pflanzen liegen ganz vorne und der Mensch hat immer mehr Einfluss auf die Biomasseverteilung.
Mit mehr Informationen über die Verteilung von Biomasse zwischen Land und Meer und den verschiedenen Taxa wollen Wissenschaftler Struktur und Dynamik der Biosphäre und ihrer Stoffflüsse besser verstehen können. In einer neuen Studie haben Forscher Daten aus mehreren Hundert anderer wissenschaftlicher Arbeiten für ihre Berechnungen zusammengeführt.
Die Pflanzen dominieren
Die gesamte Biomasse auf der Erde beträgt etwa 550 Gigatonnen (Gt) Kohlenstoff (C). Davon entfallen auf die Pflanzen etwa 450 Gt C (ca. 80 Prozent) und auf das Reich der Bacteria etwa 70 Gt C (ca.15 Prozent). Die restlichen zehn Prozent teilen sich die Pilze (12 Gt C), Archaeen (7 Gt C), Protisten (4 Gt C), Tiere (2 Gt C) und Viren (0,2 Gt C).
Bei den Tieren haben die Gliederfüßer (Arthropoda) wie Insekten, Krebstiere, Tausendfüßler und Spinnentiere die „Nase“ vorn: Marine Gliederfüßer kommen auf etwa 1 Gt C, landlebende Gliederfüßer auf ca. 0,2 Gt C. Die Biomasse der Fische beträgt 0,7 Gt C, bei Nutztieren sind es 0,1 Gt C und die Menschen kommen auf 0,06 Gt C. Wild lebende Säugetiere und Vögel sind weit abgeschlagen. Deren Biomasse beträgt lediglich 0,007 Gt C bzw. 0,002 Gt C.
Meer: Die Nahrungspyramide steht auf dem Kopf
Auch bei der Verteilung zwischen Ozean und Land gibt es deutliche Unterschiede. Zwar bedecken die Ozeane etwa 71 Prozent der Erde, beherbergen aber nur 6 Gt C an Biomasse, während sich auf dem Land die Biomasse auf insgesamt ca. 470 Gt C summiert. Trotzdem ist die Primärproduktion in beiden Bereichen in etwa gleich.
Während der Großteil der Pflanzen auf dem Land vorkommt, leben die meisten Tiere im Meer. Das zeigt sich auch bei den Nahrungsketten: Auf dem Land leben Produzenten (hauptsächlich selbsternährende Grünpflanzen) mit einer Biomasse von ca. 450 Gt C, die Konsumenten (z. B. Menschen und Tiere) mit einer Biomasse von 20 Gt C ernähren. Im Meer ist das Verhältnis umgekehrt: Produzenten mit einer Biomasse von etwa 1 Gt C liefern die Nahrung für Konsumenten mit einer Biomasse von 5 Gt C. Die Nahrungspyramide in den Meeren steht damit auf dem Kopf.
Apropos Mensch...
Die Eingriffe des Menschen in die Natur lassen sich auch über die Biomasse eindrucksvoll nachweisen. Der Mensch hat es innerhalb einer sehr kurzen Zeitspanne (gut 10.000 Jahre) durch Landwirtschaft, Viehhaltung und industrielle Revolution geschafft, die Biomasse seiner Art und die seiner Nutztiere zu vervielfachen. So haben alle Menschen zusammen mit den Nutztieren (größtenteils Rinder und Schweine) inzwischen einen höheren Anteil an der globalen Biomasse (0,16 Gt C) als die wildlebenden Säugetiere (0,007 Gt C). Auch bei den Vögeln gibt es inzwischen mehr Geflügel (0,005 Gt C, hauptsächlich Hühner) als wild lebende Vögel (0,002 Gt C).
Insgesamt hat die Biomasse von wildlebenden Säugetieren (Land und Meer) seit Beginn der menschlichen Zivilisation auf ein Sechstel der ursprünglichen Menge abgenommen. Bei der pflanzlichen Biomasse (und damit auch bei nahezu der gesamten globalen Biomasse) gab es seit Beginn der Zivilisation Einbußen um 50 Prozent. Die durch Ackerbau hinzugekommene Biomasse beträgt dabei gerade mal 10 Gt C oder 2 Prozent der gesamten pflanzlichen Biomasse.
Wichtige Daten für Ökologie und Klimaschutz
Diese erste Abschätzung der vorhandenen globalen Biomasse und der Anteile der verschiedenen Taxa liefert wichtige Bezugsgrößen. Erst dadurch können Veränderungen in der Biosphäre genauer beobachtet und globale Kreisläufe exakter berechnet werden, gerade auch in Hinsicht auf den Klimawandel. Auch Zusammenhänge und Veränderungen in den Nahrungsketten können so besser analysiert werden.
Die Forscher betonen, dass die berechneten Werte zum Teil größere Unsicherheiten beinhalten, da exakte Daten nicht aus allen Lebensbereichen vorliegen. Während das bei den Pflanzen noch relativ einfach ist, wird es beispielsweise in der Tiefsee, in den tieferen Bodenschichten sowie in den tiefen Grundwasserleitern schwierig. Daher sei es notwendig, hier an verbesserten Methoden zu arbeiten, um auch diese Lücken bald vollständig schließen zu können.
Quelle:
Bar-On, Y.M. et al. (2018): The biomass distribution on Earth. In: PNAS, (21. Mai 2018), doi:10.1073/pnas.1711842115.
Zum Weiterlesen:
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Titelbild: Tropischer Regenwald: Ein Hotspot (vor allem pflanzlicher) Biomasseproduktion. (Bildquelle: © amelie / Fotolia.com)