Alte Daten neu berechnet
Treibhausgasemissionen: Trend weiter steigend
Forscher berechnen den Beitrag der Landwirtschaft zum Klimawandel neu, erzielen aber im Wesentlichen die gleichen Ergebnisse wie der IPCC in seinem fünften Sachstandsbericht von 2014.
Die Treibhausgasemissionen steigen. Das hat der IPCC in seinem letzten Report aus dem Jahr 2014 unmissverständlich klar gemacht. Neben Energie und Verkehr ist jetzt auch die Landwirtschaft in den Fokus geraten. Ein Forscherteam hat die Berechnungen in ihrer neuen Studie nochmal unter die Lupe genommen.
Kleine Korrekturen
Für seinen fünften Sachstandsbericht (5th Assessment Report, AR5) aus dem Jahr 2014 nutzte der IPCC die Daten der „Emissions Database for Global Atmospheric Research“ (EDGAR), ein Projekt der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission JCR und der niederländischen Umweltbehörde PBL. Dazu kamen Daten der Datenbank FAOSTAT der FAO (Food and Agriculture Organisation) der Vereinten Nationen sowie ein von Houghton et al. (2012) speziell für den Sektor der Landnutzungsänderungen entwickelter Ansatz zur Abschätzung von Treibhausgasen.
Allerdings nahm die Arbeitsgruppe III in ihrer „Zusammenfassung für Politiker“ anstelle dieser breiten Datenbasis nur die Daten der EDGAR-Datenbank zu Hilfe. Hier sehen die Forscher aber Schwierigkeiten: Denn EDGAR verwendete im Gegensatz zu den beiden anderen Datensätzen veraltete oder nicht vom IPCC herausgegebene Richtlinien zur Berechnung. Dadurch kamen im Bereich „Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Landnutzung“ (Agriculture, Forestry and Other Land Use, AFOLU) abweichende Werte zustande. Sie lagen mit 24 Prozent der Gesamtemissionen etwas zu hoch. Die Forscher nutzten für ihre neuen Berechnungen jetzt alle drei genannten Datensätze, um diesen Bereich neu zu bestimmen. Demnach stammten nur 21,2 statt der ursprünglich angegebenen 24 Prozent der Treibhausgasemissionen im Jahr 2010 aus dem Bereich Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Landnutzung.
Trend bestätigt
Des weiteren berechneten die Forscher, wie sich die Emissionen in den einzelnen Teilbereichen entwickelten. Demnach sanken die Emissionen im Bereich Forstwirtschaft und Landnutzung (FOLU) von 6,4 Gigatonnen (Gt) CO2 pro Jahr in den 1990ern auf 4,9 Gt CO2 im Jahr 2010, während die Emissionen der Landwirtschaft von 4,8 Gt CO2 pro Jahr in den 1990ern auf 5,4 Gt CO2 im Jahr 2010 anstiegen. Die Landwirtschaft hat also die anderen Teilbereiche in punkto Treibhausgasfreisetzung überholt. Der Trend, den der IPCC in seinem Bericht angab, wurde hiermit bestätigt. Die Verringerung des Treibhausgasausstoßes im Bereich Forstwirtschaft und Landnutzung kam laut der Wissenschaftler durch einen Rückgang bei den Waldrodungen zustande, der Anstieg in der Landwirtschaft durch einen vermehrten Einsatz von Mineraldünger und aus der intensiven Tierhaltung, bedingt durch die steigende Nachfrage nach Fleisch. Trotzdem gab es insgesamt eine Senkung des Treibhausgasausstoßes von 11,1 Gt CO2 pro Jahr auf 10,3 Gt CO2 im Jahr 2010.
Da der IPCC-Bericht nur bis zum Jahr 2010 geht, berechneten die Wissenschaftler zusätzlich die Emissionen bis einschließlich 2012. Auch hier bestätigte sich der Trend: Die Landwirtschaft legte mit etwa einen Prozent pro Jahr weiter zu, während die Freisetzungen aus den anderen Teilbereichen stabil blieben.
Landwirtschaft gibt Gas
In den Ergebnissen zeigt sich erneut, dass die Emissionen im landwirtschaftlichen Sektor ein zunehmendes Problem darstellen. Die Emissionen in diesem Bereich bestehen hauptsächlich aus der Freisetzung von Methan (CH4) aus intensiver Tierhaltung und Lachgas (Distickstoffmonoxid) (N2O) durch Düngung.
Beides sind hochwirksame Treibhausgase, die 28 mal (CH4) bzw. 298 mal (N2O) größeren Einfluss auf den Klimawandel haben als CO2. Darum müssten gerade in diesem Bereich optimierte Datengrundlagen geschaffen werden, um ein besseres Verständnis für die Entwicklungen zu erlangen und dieses in die politische Entscheidungsfindung mit einzubringen. Die Forscher regen an, dass in diesem Bereich größere Anstrengungen und finanzielle Ressourcen aufgebracht werden sollten, um eine Verringerung der Freisetzung von Treibhausgasen zu erreichen. Jedoch muss dies durch Innovationen und angepasste Produktionsmethoden so geschehen, dass die primäre Funktion der Landwirtschaft, die Menschen zu ernähren, erreicht wird.
Bei den aktuellen Entwicklungen der Treibhausgasbilanzen darf nicht vergessen werden, dass eine stetig wachsende Weltbevölkerung ernährt wird. Erfolge gibt es. Noch nicht in absoluten Zahlen, aber relativ gesehen, hungern heute weniger Menschen als in den 1990er Jahren. Höhere und sicherere Erträge, geringere Verluste vor und nach der Ernte, verbesserte Verarbeitung und Logistik etc. sind die Voraussetzungen dieser Entwicklung. So sehen manche Experten die Lösung des Treibhausgas-Dilemmas der Landwirtschaft in einer klaren Prioritätensetzung. Ist die Priorität die Ernährung, müssen andere Bereiche wie der Energie- oder der Verkehrssektor die Emissionen der Landwirtschaft abfedern, indem diese noch weniger Treibhausgase freisetzen.
Einen Freibrief für dauerhaft hohe Emissionswerte darf es aber nicht geben, da so wichtige Innovationen und Effizienzsteigerungen ausgebremst würden. Als positives Beispiel führen die Experten in ihrer Studie an, dass in der letzten Dekade unter anderem verbesserte Daten dazu führten, dass mehr Aufmerksamkeit auf die Problematik der Entwaldung gerichtet wurde. In Konsequenz mündete dies im globalen Waldschutzkonzept REDD+. Etwas Vergleichbares sei auch für die Landwirtschaft nötig, betonen die Forscher, um die Landwirtschaft nachhaltiger zu machen.
Quelle:
Tubiello, F. et al. (2015): The contribution of agriculture, forestry and other land use activities to global warming 1990 – 2012. In: Global Change Biology, (2. Februar 2015), doi.org/10.1111/gcb.12865.
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Titelbild: Rund 15 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen entstehen durch die Landwirtschaft. (Bildquelle: © Oliver Mohr/ pixelio.de)